V orweg für unsere jüngeren Leser und davon haben wir zum Glück reichlich: Ludger Volmer ist ein ehemaliger Berufspolitiker der GRÜNEN. Er war von 1998 bis 2002 Staatsminister im Auswärtigen Amt und somit mitverantwortlich für die deutsche Beteiligung am völkerrechtswidrigen NATO-Krieg gegen Jugoslawien.
Heute gilt Volmer als “linker” Kritiker innerhalb seiner Partei, so äusserte er vergangenes Jahr: „Den GRÜNEN heute geht es nicht mehr um die Bekämpfung struktureller Armut, sondern um die Verschönerung des bürgerlichen Lebens.”
Am Dienstag veröffentlichte Ludger Volmer nun seine Abrechnung mit den Führungsstrukturen der Sammlungsbe-wegung #aufstehen [1] (weiterführende Links in den Fussnoten), zu deren Initiatoren er August/September 2018 gehörte.
Bereits vergangene Woche rechnete der Unternehmer und Schlossherr Florian Ernst Kirner (Prinz Chaos) mit #aufstehen ab und sprach von „politischem Betrug” und einer „abstoßenden Erfahrung”. [2]
Herr Kirner ist für seine Intrigen, Ausgrenzungen und Spaltungsaktivitäten in der Friedensbewegung und verschiedenen Medienprojekten bekannt, ein bekennender Trotzkist und strammer “No Nation, No Border” Systemlinker. Überall wo Kirner auftaucht, hinterlässt er eine Spur der Verwüstung, dabei verfährt er stets nach demselben Muster: Den „politischen Betrug” welchen Kirner der Sammlungsbewegung #aufstehen attestiert, praktiziert er selbst in Vollendung.
An der Seite des Berufspolitikers Marco Bülow, bis November 2018 Mitglied der Hartz IV- und NATO-Partei SPD, organisierte Kirner vergangenen Monat einen sog. Aktionscampus, welcher vorgeblich zur Selbstermächtigung der #aufstehen-Basis beitragen sollte.
Rund 170 Plätze standen nach Auskunft der Veranstalter für Vertreter der Basisgruppen zur Verfügung und Kirner kommunizierte in sozialen Medien, dass es sich um ein „offenes Konferenzformat” und nicht um einen „Exerzierplatz zur Befehlsausgabe” von oben handeln würde. Tatsächlich nahmen dann aber weniger als 100 Interessierte teil, weil Bülow und Kirner im Vorfeld eine penible Selektion der Teilnehmer nach privatem Gutdünken vornahmen. Trotz Anmeldung wurden die grössten #aufstehen-Basisgruppen schlichtweg ausgegrenzt.
Soviel also zum Thema politischer Betrug.
Während das Schlitzohr Kirner genau weiss, was er tut, spricht aus Volmers Beitrag die ungeschminkte Naivität des, der Basis entrückten, Berufspolitikers. Und so geben Volmers Einlassungen, wenn auch eher unfreiwillig, beredtes Zeugnis von der inhaltlich-politischen Gemengelage in der oberen #aufstehen-Etage.
#aufstehen besteht aus 3 politisch divergierenden Blöcken
Ludger Volmer beginnt seinen Artikel mit der Feststellung: „Der Rücktritt von Sahra Wagenknecht am 9. März hat die Auflösung des politischen Vorstands der Sammlungsbewegung Aufstehen nicht eingeleitet, sondern besiegelt. Bereits Wochen zuvor, am 21. Februar haben wir – Marco Bülow, Ludger Volmer, Sabrina Hofmann, Hendrik Auhagen – als Vorstandskollegen durch ein Memo intern im Vorstand Alarm geschlagen.
Es ging um die Blockade unserer Arbeit durch den Trägerverein von Aufstehen und seine Beauftragten sowie die massive Denunzierung und Beleidigung von Mitgliedern des Vorstandes und Arbeitsausschusses durch Mitarbeiter, die für technische Aufgaben (Website, Mail-Adressen) zuständig waren.”
Würde Volmer nicht nur Mainstreammedien konsumieren, sondern gelegentlich auch mal einen Blick in Die Rote Fahne werfen, dann wäre ihm nicht entgangen, dass wir die internen Probleme und illegalen Machenschaften bei #aufstehen bereits direkt ab dem ersten Monat, September 2018 immer wieder thematisiert hatten. [3] [4] [5] [6] [7]
Verantwortlich für das Scheitern der #aufstehen-Leitungs-strukturen macht Ludger Volmer den Trägerverein, der juristisch ein eigenständiger Verein ist und nicht dasselbe wie die Sammlungsbewegung #aufstehen. Die 160.000 #aufstehen-Mitglieder/Interessierte sind NICHT Mitglied des Trägervereins geworden, den die meisten nicht einmal kennen. Und auch Sahra Wagenknecht selbst ist nicht Mitglied des Trägervereins.
Und so führt auch Volmer aus: „… wurde von allen Seiten betont, dass der Trägerverein lediglich eine dienende Funktion habe, nämlich der Bewegung den Status eines Rechtssubjektes zu geben und Fundraising zu betreiben.”
Und Volmer weiter: „Sahra Wagenknechts Rückzug kam faktisch einer Bestätigung für die eigenmächtigen Manöver des Trägervereins gleich, auch wenn sie eher getriebene als treibende Kraft war. (…)
Statt durch Selbstorganisation der Basis von unten soll die Regionalisierung durch Kader von oben strukturiert werden. Die Bewegung soll erstarken, zugleich aber darf sie keine Konkurrenz zur Partei Die Linke werden. Faktisch wird Aufstehen so von einer Sammlungsbewegung mit Äquidistanz zu allen Parteien zur Vorfeldorganisation einer Strömung der Linkspartei.”
Was Ludger Volmer bei all diesem formalen Kompetenzgerangel nicht auf dem Schirm hat, sind die Details der klandestinen Manipulationen innerhalb der Sammlungsbewegung, wie diese bereits von Anfang an zutage traten, u.a. durch die Liquidierung von Basisgruppen, die sich von unten gebildet hatten.
Bereits in den ersten Monaten wurden ohne Rücksicht auf Verluste so zigtausende Interessierte faktisch ausgegrenzt und zu Karteileichen degradiert.
Und hierbei ist besonders hervorzuheben, dass der von Volmer skizzierte Frontverlauf so nicht stimmt, denn diese Zersetzungsarbeit ging sowohl von antideutschen Linkspartei-Angestellten, als auch der antideutschen Bülow-Kirner-Gruppe aus.
Diese beiden, von unterschiedlichen Interessen geleiteten, politischen Gruppen bedienten sich gleichermaßen unlauterer Mittel, im Bestreben ihre politische Dominanz in der Sammlungsbewegung durchzusetzen.
Die von Volmer und anderen vorgetragene Kritik richtet sich denn auch nicht prinzipiell gegen die Selbstermächtigungen parteipolitischer Funktionäre, die nicht einmal Vertreter von Basisgruppen sind, sondern lediglich für oder gegen das Obsiegen der einen oder anderen Fraktion.
Die anhaltende Auseinandersetzung dieser beiden Lager spiegelt den politischen Alltagsbetrieb der involvierten Berufspolitiker wieder. Das ist der Politikstil, den diese Leute kennen, etwas anderes haben sie nicht gelernt.
Zudem ist diese Konfrontation Ausdruck der Frontstellung innerhalb der gesellschaftlichen Linken, zwischen Systemlinken und sozialistischen Positionen. Das für Aussenstehende skurril anmutende Personenkarussell verdeckt den Blick auf die eigentlichen, relevanten politischen Inhalte.
Als dritter Block in dieser ménage à trois muss die Basis selbst genannt werden und hier als grösste und aktivste Basisgruppe die #aufstehen Rote Fahne Gruppe (RFG).
Während die Titanen der kommerziellen Politik der selbster-nannten Führungsstrukturen in ihrer Auseinandersetzung mit sich selbst beschäftigt waren und schliesslich der Grossteil der 160.000 mittlerweile frustriert das Handtuch geworfen hat, hat die RFG konsequent an der Mobilisierung der Basis gearbeitet.
Bereits zum 22. September 2018 mobilisierte die RFG zur ersten Demonstration mit #aufstehen-Beteiligung, dem Internationalen Tag des Friedens in Dresden – Frieden schaffen, Raus aus der NATO! Die RFG mobilisierte unter anderem ebenfalls zum 03.11.2018 in Leipzig und den mit je rund 1.000 Teilnehmern grössten #aufstehen-Demonstrationen, am 09.11.2018 und am 16.02.2019 jeweils in Berlin.
Und aktuell mobilisiert die #aufstehen Rote Fahne Gruppe für März/April zu 5 weiteren Demonstrationen, die in Kooperation mit anderen #aufstehen-Basisgruppen und/oder der Friedensbe-wegung durchgeführt werden. Wer also ist #aufstehen; der juristisch eigenständige Trägerverein, Berufspolitiker ohne Basis oder die auf der Strasse aktive Basis? Entscheiden Sie selbst.
Worum es wirklich geht: Inhalte
Für die #aufstehen Rote Fahne Gruppe sind zwei Positionen unverrückbar und genau diese machen auch ihre relative Stärke innerhalb der Sammlungsbewegung aus:
• Raus aus der NATO!
• Der Mensch ist keine Ware -
Nein zur imperialistischen Massenmigration!
Während bei sozialen Themen, bspw. Hartz IV, Mieten, Altersarmut etc. innerhalb der gesellschaftlichen Linken weitestgehende Übereinstimmung besteht, markieren diese beiden Forderungen den tiefen Riss zwischen der traditionellen sozialistischen Linken und der heutigen antideutschen und transatlantischen Systemlinken.
Das ist der Punkt. Und dieser Antagonismus setzt sich auch innerhalb von #aufstehen fort.
Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine sind linke Kritiker der imperialen Massenmigration und namentlich des Migrationspakts (Global Compact on Migration), der am 10. Dezember 2018 in Marrakesch, Marokko durch zahlreiche Staaten unterzeichnet wurde. Der Migrationspakt soll für Kapital und Imperialismus den Weg frei machen, durch Umsiedlungen Menschen als Ware auf dem globalen Markt legal handeln und unter den verschärften Arbeits- und Sozialnormen des globalen Marktes ausbeuten zu können. Der Mensch selbst wird durch den Migrationspakt eine Ware der kapitalistischen Globalisierung. [siehe 5.]
Der Imperialismus kann die Ausbeutung in Afrika, Asien und andernorts nur in Kollaboration mit den nationalen Bourgeoisien der jeweiligen Länder durchsetzen. Die Ausgebeuteten auf allen Kontinenten müssen sich gleichermaßen ihrer kapitalistischen Klassen entledigen, das ist in Europa nicht anders als in Afrika. Dieser gemeinsame Kampf der Arbeiterklassen und Völker gegen den Imperialismus ist für Sozialisten, die sich ihrer philosophischen und politischen Tradition bewusst sind, internationalistische Klassensolidarität.
Die imperiale Farce ist unsere Sache nicht.
Die neue Sammlungsbewegung #aufstehen konnte deshalb binnen kurzer Zeit 160.000 Mitglieder/Interessierte gewinnen, weil Wagenknechts und Lafontaines Positionen zum Thema imperiale Massenmigration die Menschen beschäftigt, wie kaum ein zweites. Ebenso wie mit dem friedenspolitischen Thema NATO-Austritt verbinden die Bürger mit diesen Positionen eine linke Antwort auf die nationale Frage, das völkerrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht und die Souveränität der nationalstaatlichen Republik.
Die Menschen wollen eine emanzipatorische Volksbewegung gegen den Imperialismus. Dies zeigte nicht nur das hohe Interesse an #aufstehen, sondern auch eine Emnid-Umfrage, wonach 34 Prozent sich vorstellen könnten, eine solche Partei zu wählen. [8]
Und hier kommt das Dilemma: Die 34 Prozent verbinden zwar die nationale Frage ebenso wie soziale Gerechtigkeit mit den Namen Lafontaine und Wagenknecht, letztere halten jedoch bislang weiterhin an der Illusion fest, die antideutschen und systemlinken Parteien SPD, GRÜNE und LINKE könnten zum Kern einer emanzipatorischen politischen Kraft mutieren, wenn man denn genug Druck aufbauen könne.
Wir alle wissen längst; das wird nicht passieren.
Ludger Volmer schreibt: „Leider haben die linkeren Parteien SPD, Grüne und Die Linke die Chance nicht erkennen wollen, die in Aufstehen liegt.”
Nein, natürlich haben sie das nicht. Der Irrtum liegt bereits in der Prämisse; SPD, GRÜNE und LINKE sind keine linken Parteien.
Dieses tradierte Bild, falls es überhaupt je gestimmt haben sollte, ist doch nicht erst seit gestern eine totgerittene Schimäre. Wer weiterhin diesen Gaul besteigen will, ist Opfer. Oder Täter, weil er die Menschen für dumm verkaufen will.
Und nochmal Volmer: „Wenn man Druck auf die Parteien im Bundestag ausüben möchte, ist es dann nicht nahe liegend, dort besser selbst vertreten zu sein? SPD, Grüne, Die Linke haben sich mit ihrer aggressiven Abwehr von Aufstehen selbst unter Beweiszwang gesetzt. Sie werden scheitern. Das Spaltungsargument, das sie gegen Aufstehen vorgebracht haben, wird jedenfalls völlig absurd, wenn sie ihr Versagen erneut bewiesen haben werden. Und aus dem Reservoir, das 2018/19 aufgestanden ist, wird Neues entstehen.”
An dem Punkt können wir Ludger Volmer zustimmen. Neues entstehen zu lassen, ist auch die zentrale Motivation der #aufstehen Rote Fahne Gruppe, ihre Arbeit fortzusetzen.
Allerdings wollen wir das Neue auch inhaltlich unmissverständlich definieren – ein wesentliches Manko des Gründungsaufrufs vom 4. September, dessen Schwäche darin liegt, es allen recht machen zu wollen nach dem Motto; “wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass”.
An anderer Stelle entgleitet Volmer wieder die Weisheit des Politveteranen, wenn er ausführt: „Verhängnisvoll war auch die Weigerung, zu der Großdemo „Unteilbar“ aufzurufen.”
Autsch! #Unteilbar war eine durch das System und die NATO-Medien mit Millionenaufwand inszenierte No Border, No Nation-Veranstaltung, ganz auf der Linie des imperialistischen Marke-tings. Dort sah man u.a. die SPD stehen, die den faschistischen NATO-Putsch und den Krieg in der Ukraine mitfinanziert und mitverantwortlich zeichnet für das Massaker an Antifaschisten im Gewerkschaftshaus von Odessa, mit einem Transparent „Berlin gegen Nazis”.
Solche Scharaden gilt es zu entlarven, potenzielle Bündnispartner sind diese NATO-Faschisten nicht.
Und trotz des medialen Millionenaufwands musste dann noch die angegebene Teilnehmerzahl verzehnfacht werden, unisono repetierte die Systempresse „… nach Angaben des Veranstalters”.
Es ist nicht möglich, den Antagonismus zwischen sozialistischer Arbeiterbewegung und imperialer Systemlinken zuzukleistern. Aus Feuer und Wasser entsteht keine wohlige Wärme, letztlich erlischt die Flamme.
Das Neue, das längst im Werden begriffen ist, muss und wird diese Auseinandersetzung offensiv führen. Der konsequente Bruch mit der morbiden antideutschen und transatlantischen Systemlinken steht objektiv auf der Tagesordnung.
- Von Blockierern und Blockadebrechern – Zum Scheitern der Bundesebene der Sammlungsbewegung Aufstehen, Ludger Volmer, extradienst.net 19.03.2019 ↩
- Aufstehen? Ich bin raus., Florian Ernst Kirner, Hinter den Schlagzeilen 15.03.2019 ↩
- #aufstehen: Die Sammlungsbewegung muss demokratisch bleiben!, Die Rote Fahne 19.09.2018 ↩
- #aufstehen: Administrator löscht eigenmächtig Umfrage-Option zum NATO-Austritt, Die Rote Fahne 28.09.2018 ↩
- #aufstehen und Migrationspakt: Sahra Wagenknecht ist das Ziel der Antideutschen, Die Rote Fahne 11.11.2018 ↩
- #aufstehen bildet provisorischen Vorstand – Erklärung der Basisgruppe #aufstehen Rote Fahne Gruppe zur Bildung des provisorischen Vorstands auf Bundesebene, Die Rote Fahne 17.01.2019 ↩
- Stellungnahme der #aufstehen Rote Fahne Gruppe zum Beschlussprotokoll 30.01.2019, Die Rote Fahne 01.02.2019 ↩
- Umfrage: Jeder dritte Bundesbürger würde Wagenknechts „Aufstehen“-Bewegung wählen, Sputnik 10.08.2018 ↩