D ie Lebenserwartung von Geringverdienern ist entgegen dem allgemeinen Trend in Deutschland deutlich gesunken. Während andere Altersstatistiken belegen, dass die Lebenserwartung steigt, sinkt sie bei Menschen mit einem geringen Haushaltseinkommen besonders in den neuen Bundesländern deutlich.
Altersstatistik entwickelt sich gegen den allgemeinen Trend
Während die Lebenserwartung von Geringverdienern 2001 noch bei 77,5 Jahren lag, sank sie bis 2010 auf 75,5 Jahre ab. Noch gravierender ist der Trend in den neuen Bundesländern. Hier sank die durchschnittliche Lebenserwartung der Geringverdiener von 77,9 auf 74,1 Jahre ab. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine große Anfrage der Linksfraktion hervor.
Ursache dieses Trends könnte die psychische Dauerbelastung sein, der Geringverdiener, wie beispielsweise Hartz IV-Empfänger, permanent ausgesetzt sind. Eine Studie zum diesem Thema legte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bereits Anfang 2010 vor. Der Titel der Studie lautete “Eine lang anhaltende Arbeitslosigkeit macht krank”.
Gesundheitliche Folgen von Erwerbslosigkeit
Laut der Studie sind die Folgen von lang anhaltender Erwerbslosigkeit größer als bisher angenommen. Bei einer DGB-Umfrage bewerteten Betroffene Ihren Gesundheitszustand doppelt so oft wie regulär Beschäftigte als “mittelmäßig” bis “sehr schlecht”. Laut Studienautor Wilhelm Adamy leiden Erwerbslose am häufigsten unter Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Krebs. Zudem nehmen psychische Erkrankungen drastisch zu. Zudem werden Menschen oftmals während einer Erwerbslosigkeit apathisch, fühlen sich der Situation ausgeliefert und mauern sich Zuhause ein, wie eine Studie der Universität Leipzig zeigte.
Laut Angaben der Agentur für Arbeit meldeten sich in den ersten elf Monaten des Jahres 2009 etwa 1,7 Millionen Erwerbslose krank. Im Vergleich dazu ist die Zahl der Krankmeldungen bei Erwerbstätigen um 13 Prozent geringer. 2007 war die Zahl der vom Arzt krankgeschriebenen Erwerbslosen dreimal so hoch wie die der Angestellten und doppelt so hoch wie bei Arbeitern. Laut DGB-Studie wird eine noch deutlich höhere Dunkelziffer angenommen, da nicht jeder Betroffene zum Arzt geht.
Reichtum hält gesund und verlängert die Lebenserwartung
Die Lebenserwartung hat auch etwas mit dem Einkommen zu tun. Dies geht aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Demnach ist die Lebenserwartung von Frauen, die zu den oberen zehn Prozent der Verdiener gehören um circa drei Jahre höher als die von Frauen aus den unteren zehn Prozent. Gründe für die längere Lebenserwartung von Reichen könnten in einer qualitativ hochwertigeren Ernährung, besserer ärztlicher Versorgung und möglicherweise auch besseren psychischen Verfassung liegen, da Wohlhabende zumindest keine finanziellen Sorgen haben.
Kritische Entwicklungen setzen sich weiter fort
Neben der Verringerung der Lebenserwartung von Geringverdienern geht aus dem Bericht der Bundesregierung hervor, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten 60- bis 64-Jährigen nur wenig angestiegen sei. Von März 2010 bis März 2011 stiegt sie von circa 24,9 auf 26,4 Prozent an. Eine Vollzeit-Beschäftigung üben in dieser Altersgruppe nur etwa 18,7 Prozent aus.