W ikipedia ist ein Internet-Service, welcher von sich selbst behauptet eine Online-Enzyklopädie zu sein. Tatsächlich ist Wikipedia vor allem eine Spielwiese für Jugendliche, die dort frisches Halbwissen in mehr oder weniger kreativer Weise zu einer Art Laien-Enzyklopädie zusammentragen.
Den Reiz für viele User (Nutzer) bildet dabei das Konzept, dass jeder Computer-Besitzer mit Internet-Anschluss die Wikipedia-Site besuchen und dort selbst und direkt Einträge oder Ergänzungen vornehmen kann. Wikipedia definiert sich selbst so: „Wikipedia ist ein Projekt zum Aufbau einer freien Enzyklopädie in mehr als 200 Sprachen. Jeder kann mit seinem Wissen beitragen. … In der Wikipedia sollen in erster Linie Begriffe erläutert werden“.
Soweit die Theorie. In der Praxis gibt es dann allerdings mit höchst unterschiedlichen Rechten ausgestattete User. Sogenannte “Administratoren” verfügen über die Möglichkeit andere User zu sperren, Artikel und Einträge zu sperren, zu manipulieren und zu zensieren.
Dabei handelt es sich bei diesen “Administratoren” keinesfalls um Fachleute mit wissenschaftlichem Hintergrund, die in der Lage wären professionell und fundiert die einzelnen Artikel auf Richtigkeit, Qualität und Rechtsverstösse hin evaluieren zu können, sondern lediglich um vormals “normale” User, die sich untereinander zu Administratoren gewählt haben.
Wie dies von statten geht, erschliesst sich Lesern und Benutzern erst nach tiefem Eintauchen in die zahlreichen Unterseiten des verschlungenen Regelwerks von Wikipedia. Für den normalen Durchschnittsnutzer bleiben diese Vorgänge wenig nachvollziehbar. Das Konzept der Administratoren soll helfen den gröbsten Unfug, in der Terminologie von Wikipedia “Vandalismus” genannt, zu verhindern. Leider gibt es aber keine Instanz, welche den Vandalismus von Administratoren selbst evaluiert.
Larry Sanger, Mitbegründer von Wikipedia, verliess wegen der bedenklichen Entwicklung schon 2001 das Unternehmen. Er habe es „nicht mehr ertragen, dass Laien alles mit Hohngelächter kommentieren dürfen, was ein Experte sagt“, schrieb er im Rückblick. Für ihn ist die Anonymität der Wikipedia ihr grösstes Problem, ziehe sie doch Leute an, die „Randale machen wollen“.
„Ich bin über die Richtung frustriert, die Wikipedia sei 2002 eingeschlagen hat. Seit damals haben sich meine Hauptkritikpunkte nicht verändert“, sagte Sanger kürzlich der Computerzeitung “Macworld UK”. „Lange Zeit habe ich noch geglaubt, dass sie sich am Ende doch darüber klar werden und ein verantwortungsbewusstes Zulassungsverfahren einführen.“ Nur so hätte die Community weiter erwachsen werden können, allerdings hätten sich seine Hoffnungen nicht bestätigt. Das Wikipedia-Management habe versagt: „Sie haben keine tragenden Reformen durchgeführt, um die Probleme mit Beleidigungen und unzuverlässigen Informationen zu lösen.“
Die bürgerliche Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt zu den Problemen mit Wikipedia: „Das Modell der automatischen Kontrolle durch sich selbst ausbeutende “peers”, welches bei Wikipedia für Verlässlichkeit und Neutralität der eingestellten Texte sorgen solle, ist ins Gerede geraten. Ideologisch verzerrte, sachlich unrichtige, überholte und dubiose Texte sollen monatelang Schaden angerichtet und Falschinformationen verbreitet haben.“
Im November vergangenen Jahres bemerkte der US-Journalist John Seigenthaler zufällig, dass es einen Eintrag über ihn gab, in dem es hiess, er sei „direkt in die Ermordung sowohl von John als auch von Bobby Kennedy verwickelt gewesen“. Der ehemalige Kennedy-Berater liess den rufmörderischen Eintrag durch Intervention seiner Anwälte löschen. Allerdings stand dieser zu dem Zeitpunkt bereits vier Monate auf den Wikipedia-Seiten, andere Internet-Dienste hatten die vermeintliche “Information” mittlerweile übernommen.
In einem Text, den Seigenthaler Wochen später über die Konsequenzen dieser Verleumdung und sein vergebliches Bemühen, über Wikipedia an den Autor dieser Fälschung heranzukommen, verfasste, verglich er Wikepedia-Falschmeldungen mit „Daunenfedern, die sich, wenn man ein Kissen aufschlitzt, im Zimmer verbreiten und kaum mehr einsammeln lassen. Für mich ist dieses Kissen die Metapher für Wikipedia“.
Untersucht man einzelne Texte bei Wikipedia näher, wird man schnell feststellen, dass viele Informationen höchst unvollständig und irreführend oder gleich völlig falsch, oder aber wenn diese stimmen, einfach aus richtigen Enzyklopädien und anderen Büchern abgeschrieben sind.
Auch ist bei Wikipedia seit längerem zu beobachten, dass gerade von “Administratoren” Vandalismus an Artikeln in Form von Desinformation und der Verletzung von Marken- Urheber- und Persönlichkeitsrechten betrieben wird.
Aus deutscher Sicht ist hieran vor allem problematisch, dass die verantwortliche Firma “Wikimedia Foundation Inc.” ihren Sitz in Florida, USA hat. Diese US-Firma zeichnet auch für die deutsche Ausgabe von Wikipedia verantwortlich. Allerdings ist die “Wikimedia Foundation Inc.” in Deutschland juristisch nicht greifbar und somit tut sich für die Opfer des Wikipedia-Treibens faktisch ein rechtsfreier Raum auf.
Denn um die “Wikimedia Foundation Inc.” juristisch belangen zu können, ist eine sehr teure Beauftragung von Juristen in den USA erforderlich.
Ferner greifen deutsche Gesetze nicht, sondern es müsste vor US-Amerikanischen Gerichten nach US-Recht verhandelt werden.
Auf der deutschen Seite von Wikipedia wird zwar die Möglichkeit angeboten, sich im Konfliktfall per eMail „auf informeller Basis auch an eine Gruppe von aktiven deutschsprachigen Benutzern zu wenden“ - wie wir aber aus eigener Erfahrung bestätigen können, erfolgt von dort nicht einmal eine Antwort.
Ebenso erhält man auf Anschreiben an die Firma “Wikimedia Foundation Inc.” in den USA auch keine Antworten. Betroffene sind also gezwungen, schon um Kontakt zu den juristisch Verantwortlichen herstellen zu können, Rechtsanwälte in den USA einzuschalten.
Auffallend an den Vorgängen ist ferner, dass vor allem Imperialismus-kritische Themen und historische Abhandlungen von Manipulationen und Desinformationen betroffen sind. Allem Anschein nach verschaffen sich eher dem rechten politischen Spektrum zuzurechnende Zeitgenossen, sowie NATO-Geheimdienste, die ja über die entsprechenden finanziellen Ressourcen verfügen, um Mitarbeiter bezahlen zu können, die erforderlichen Administratoren-Rechte.
Dies ist dann einfach, wenn Gruppen sich gezielt und längerfristig in Wikipedia einarbeiten und dann gegenseitig zu Administratoren wählen. Dieses Treiben scheint durch die Eigentümer in USA entweder nicht registriert, oder aber bewusst gefördert zu werden.
Diese Vorgänge sind deshalb so besorgniserregend, weil ein nicht geringer Teil der jungen, Computer-fixierten Generation Wikipedia für eine seriöse Enzyklopädie hält und für Hintergrundinformationen kaum noch andere Quellen, wie Bücher und Zeitungen, kennt oder konsumiert.
Die “Wikimedia Foundation Inc.” hält nach ihrer Einschätzung wirksame Mechanismen vor, Manipulationen und Vandalismus zu unterbinden. Dazu zählt u.a. die Möglichkeit, auf einer zu jedem Artikel existierenden, separaten “Diskussions-Seite” Kritik an Einträgen zu äussern und zu diskutieren.
Hier aber kommen die besonderen Rechte der “Administratoren” ins Spiel. Wie im Falle des Wikipedia-Artikels zu Die Rote Fahne wurde durch “Administratoren” nicht nur der Artikel selbst gegen Überarbeitung gesperrt, sondern auch noch gleich die dazugehörige Diskussions-Seite. Eine solche Sperrung bedeutet technisch, dass ausser Administratoren niemand anderes mehr an dem Artikel mitarbeiten kann. Zusätzlich wurden noch User gesperrt, die Kritik an der Vorgehensweise dieser Administratoren geäussert hatten.
Darüber hinaus wurden Beiträge in Artikel und Diskussion mittels Administrator-Rechten gelöscht. Durch solche Manipulationen soll der Eindruck erweckt werden, dass der nach den Vorstellungen dieser Leute “überarbeitete” Artikel einem vermeintlich demokratischen Meinungsbild entspräche.
Der Wikipedia-Grundatz ”Jeder kann mit seinem Wissen beitragen” wird durch solche Vorgänge ad absurdum geführt.
Der genannte Artikel wies vorher für ca. 2 Jahre eine akzeptable Qualität auf und wurde in dieser Zeit von Usern bearbeitet, die sich zumindest mit der Materie auskannten. Im Ergebnis finden sich dort heute, neben Auslassungen zentraler Informationen, auch Desinformationen, objektiv falsche Angaben und Verletzungen von Marken- und Urheberrechten.
Die Süddeutsche Zeitung hatte Anfang Oktober Wikipedia einem besonderen Experiment unterzogen: Mitarbeiter der Tageszeitung hatten 17 Falschinformationen in Wikipedia-Artikel platziert, um zu dokumentieren, ob und wann die Fehler korrigiert werden. Diese Recherchemethode fanden die Wikipedia-Administratoren jedoch weniger sachdienlich und reagierten einsilbig, sie sperrten die IP (Internet-Anschluss-Kennung) der Süddeutschen Zeitung und damit für deren Mitarbeiter die Möglichkeit weiterer Bearbeitungen für die nächsten drei Monate.