Terror-Internationale gefährdet Annans Plan

Dass die Al-Qaida in Syrien aktiv ist, lässt sich kaum bezweifeln - von Prof. Alexej Pilko

- von Presseticker  -

D ie syrische Opposition ist zersplittert, bekommt Waffen aus dem Ausland und wird von radikalen Islamisten, Terroristen und Dschihad-Kriegern immer stärker beeinflusst – also von denjenigen, die als „Terror-Internationale“ bezeichnet werden.
Daran kann der Friedensplan des UN-Gesandten Kofi Annan scheitern.

In der vergangenen Woche hat der UN-Sicherheitsrat Annans Plan für die syrische Regelung einstimmig gebilligt. Auch die Regierung in Damaskus stimmte dem Plan zu.
Angesichts dieser beeindruckenden Einigung entsteht vielleicht der Eindruck, dass ein Ausweg aus der blutigen Krise bereits in absehbarer Zukunft gefunden werden könnte.
Es gibt aber ein Problem: Für die „Terror-Internationale“ bedeutet die Zustimmung des UN-Sicherheitsrates gar nichts.

Als stärkte oppositionelle Kraft gilt heute die so genannte “Freie Syrische Armee”, der unter anderem Deserteure und ausländische Kämpfer angehören. Diese rund 15.000 Mann starke Rebellen-Armee versucht, sich von terroristischen Aktivitäten gegen die Zivilisten zu distanzieren.
Sie behauptet, nur gegen das Assad-Regime und seine repressiven Sicherheitsbehörden zu kämpfen. Doch westliche Fernsehsender und internationale Menschenrechtsorganisationen berichten inzwischen, wie Assads Anhänger gefoltert und getötet werden und seine Gegner zu Terrormethoden gegen die Zivilisten greifen.

Stichwort Terror: Im Februar warf Al-Qaida-Chef Aiman al-Sawahiri dem syrischen Präsidenten antiislamische Haltung vor und mahnte zu seinem Sturz. Gleichzeitig erschienen immer öfter Medienberichte über Aktivitäten des internationalen Terrornetzwerkes in Syrien.
Dies beunruhigte selbst die US-Regierung. James Clapper, Direktor der National Intelligence, sagte, dass die Anschläge in Damaskus und Aleppo die Al-Qaida-Handschrift trugen.

Dass die Al-Qaida in Syrien aktiv ist, lässt sich kaum bezweifeln. Diese Tatsache, aber auch die Waffenlieferungen an syrische Rebellen aus dem Ausland sind Besorgnis erregend. Darauf wies auch der russische Aussenminister Sergej Lawrow hin.
Syrische Beamte, mit denen ich in Damaskus im Februar sprach, behaupteten, dass die Waffen vor allem aus Frankreich und Katar kämen. Die Transitwege verlaufen laut syrischen Regierungsbeamten über den Libanon und die Türkei.

Ein Beleg dafür, wie effizient diese Lieferungen sind, ist der jüngste erbitterte Kampf um die Stadt Homs. Den Rebellen standen sogar Panzerabwehrraketen des Typs Milan und Fagot zur Verfügung, aber auch modernste Scharfschützenwaffen und Kommunikationsgeräte.
Falls nun Terrorgruppen wie Al-Qaida in den Besitz solcher Waffen gelangen, werden Terroraktivitäten sowohl in als auch ausserhalb der Nahost-Region wahrscheinlich weiter zunehmen.

Neben der Al-Qaida und deren Ablegern agieren in Syrien auch ausländische Dschihad-Krieger. Die meisten davon sind libysche Kämpfer, die nach dem Ende des Libyen-Kriegs “frei haben”.
Nach Angaben der syrischen Sicherheitsbehörden gibt es aber auch Afghanen, Saudis, Katarer, Sudanesen, Jemeniten, Iraker und Pakistaner. Eine Vielzahl terroristischer Gruppen, die ihre eigenen Ziele verfolgen, ist also in Syrien aktiv.

Das ist ein ernstzunehmendes Hindernis, das einer Normalisierung der Lage und der Umsetzung des Annan-Plans im Wege steht. Selbst unter aktiver Mitwirkung aller Mitglieder des UN-Sicherheitsrates wird es kaum möglich sein, die syrische Opposition zum Gewaltstopp zu bringen.
Denn sie ist nicht zentralisiert und hört kaum auf diejenigen, die rein formell als ihre Anführer gelten.

Trotzdem wäre ein positives Szenario für Syrien möglich. Die syrische Grenze sollte abgeriegelt werden, um illegale Waffenlieferungen zu unterbinden. Anstatt der syrischen Opposition Rückendeckung zu geben, sollte man ihr deutlich machen, dass es keine Alternative zu einem Dialog mit Assad gibt.

Kofi Annan, früherer Generalsekretär der Vereinten Nationen (UNO)

Kofi Annan, früherer Generalsekretär der Vereinten Nationen (UNO)

Leider erscheint dieses Szenario kaum wahrscheinlich.

Die dezentralisierte Terrorgefahr in Syrien lässt sich mit einem unter Wasser verborgenen Riff vergleichen, an dem die Annan-Mission scheitern kann. Es ist praktisch unmöglich, Extremisten an den Verhandlungstisch zu bringen.

Ihre Aktivitäten lassen sich nur dämpfen, wenn sich die Politik ihrer Sponsoren ändert. Und das erscheint wiederum unerreichbar.

Ein Erfolg des Annan-Plans würde natürlich völlig im Interesse Russlands liegen. Der Kreml sollte darauf hinarbeiten und alle weiteren Länder dazu bewegen. Eine unvoreingenommene Analyse der Lage in Syrien zeigt jedoch, dass Annans Chancen auf Erfolg ziemlich gering sind.

Prof. Alexej Pilko ist Dozent an der Fakultät für Weltpolitik der Lomonossow-Universität Moskau

RF/ruvr

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