J ohn Pilger ist ein australisch-englischer Journalist und Filmemacher. In seinem 2010er Film The War You Don’t See spielte auch Julian Assange mit. John Pilger war auch einer der Leute, die Geld zu Assange’s Kaution dazu gegeben haben. Bolle Selke sprach mit ihm über Assange’s momentane Lage und die Rolle der britischen Regierung in all dem.
Julian Assange hat angekündigt, dass er die ecuadorianische Botschaft verlassen will. Hat sie dieser Schritt überrascht?
Ich denke was er eigentlich damit meinte, er fordert die britische Regierung dazu auf, ihre Verpflichtungen gemäß internationalem Recht einzuhalten und ihm eine sichere Ausreise zu gewähren.
Nun ist es an der britischen Regierung diese Garantien zu geben, an jemanden der tatsächlich Angst um sein Leben hat. Ich denke, das ist es, worauf er sich bezogen hat.
Denken Sie denn, dass die britische Regierung diese Garantie geben wird?
Also, es gibt keine Möglichkeit für ihn dort heraus zu kommen, es sei denn, sie geben diese Garantien. Assange steht unter dem Schutz der ecuadorianischen Regierung, er ist ein Flüchtling, aber sobald er einen Schritt aus der Botschaft macht, riskiert er, verhaftet zu werden und dann könnte er sich auf dem Weg nach Schweden befinden und alsbald in Richtung USA.
Es ist nun Aufgabe der britischen Regierung ihr Versprechen an die ecuadorianische Regierung einzuhalten, das heisst nach einer diplomatische Lösung zu suchen.
Der ecuadorianische Aussenminister Ricardo Patiño sagte Montagmorgen, dass die britische Regierung versprochen hat, eine Arbeitsgruppe zu bilden, welche Lösungsansätze untersuchen soll, aber bis jetzt sei nichts geschehen.
Eigentlich hat er die Welt aufgefordert, von der britischen Regierung freies Geleit für Assange zu fordern. Assange ist ein politischer Flüchtling, er wurde bislang nicht angeklagt, ihm wird jetzt aber bereits seit vier Jahren seine Freiheit verweigert. Zwei Jahre in der Botschaft und zwei Jahre davor.
Das Auslieferungsgesetz in Grossbritannien, nach welchem die Regierung versucht hatte, Assange auszuliefern, wurde seitdem offiziell aufgehoben.
Dieses war ein ungültiges Gesetz und sie haben es mittlerweile revidiert, wenn ergo diese ganze Angelegenheit jetzt stattgefunden hätte, wäre er noch nicht einmal vor Gericht. Die ganze Sache ist wirklich absurd und schrecklich.
Aber Schweden, Grossbritannien und die USA sind doch demokratische Staaten, wie kann so etwas dort passieren?
Es ist eine kafkaeske Situation. Das Ganze ist wie Kafkas Erzählung Das Urteil. Wir verlieren unsere Freiheit in rapidem Tempo in sog. “demokratischen Gesellschaften”. Schweden ist da keine Ausnahme und die Vereinigten Staaten sind sicherlich keine Ausnahme und Grossbritannien auch nicht.
So viel ist politisiert mittlerweile. Der gesamte Assange-Fall ist politisiert. Assanges einziges Verbrechen besteht darin, dass er den Leuten gezeigt hat, wie ihre Regierungen sie anlügen und wie Regierungen illegale Kriege führen, genauso wie Edward Snowden und Chelsea (Bradley) Manning.
Sie alle sind “Staatsfeinde”, weil sie die Wahrheit sagen.
Ist Assange ein Symbol für die freiheitliche Gesellschaft?
Ja, er ist eines dieser Symbole. Genauso ist Chelsea (Bradley) Manning, die dieses fürchterliche Urteil in irgendeinem schrecklichen Gefängnis in den USA absitzt, ein Symbol. Edward Snowden ist ein Symbol. Assange ist ein Symbol.
Das sind Leute, die uns einen nachhaltigen Eindruck davon vermittelt haben, wie undemokratisch “demokratische Staaten” sein können.
Kann man denn auf Besserung hoffen?
Man kann sein ganzen Leben rumsitzen und hoffen. Hoffen bringt uns nicht weiter, man muss politisch aktiv werden.
Ich habe in meiner Karriere gelernt, dass man Zeit vergeudet wenn man hofft. Man muss etwas machen. Der ecuadorianische Aussenminister hat am Montag eine Kampagne angekündigt, mit der Druck auf die britische Regierung ausgeübt werden soll, damit diese ihre juristischen Verpflichtungen einhält.
Wissen Sie, ich kann hier nicht spekulieren ob sie das tun werden oder nicht, aber das sollte der Schwerpunkt der ganzen Sache sein. Es geht hier um Grossbritannien, das Assange sein Recht nach den Normen des internationalen Rechts verweigert, das heisst freies Geleit aus der Botschaft.
Also sagen sie, man sollte selbst aktiv werden und von der britischen Regierung freies Geleit für Julian Assange fordern?
Das sagt Ecuador und Ecuador gewährt Assange politisches Asyl. Das ist ein international anerkannter Fall von politischem Asyl.
Dieses wurde ihm gewährt, weil er um seine Zukunft und sogar sein Leben fürchten muss. Und das sind die elementaren Voraussetzungen für politische Flüchtlinge und das ist was Assange ist.
Er sitzt nicht einfach in der Botschaft rum. Er ist ein politischer Flüchtling und Ecuador hat das entsprechend dem internationalen Recht anerkannt und Assange sollte freies Geleit erhalten, um nach Ecuador zu kommen oder wo immer er hin will, jedenfalls raus aus Grossbritannien.
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