Snowden-Vertrauter Glenn Greenwald verlässt Guardian

Wechsel zu neuer investigativer Tageszeitung

- von Presseticker  -

G lenn Greenwald ist der Journalist der britischen Zeitung The Guardian, welche die Enthüllungen des Bürgerrechtlers und früheren Mitarbeiters des US-Militärgeheimdienstes NSA (National Security Agency) Edward Snowden (PRISM-Skandal) veröffentlichte.
Der Whistleblower Snowden hat auf der Flucht vor dem US-Regime politisches Asyl in Russland genommen.

Nun beendet Greenwald (46) seine Zusammenarbeit mit dem britischen Guardian für den „Job seines Lebens“, teilte der Journalist heute mit. Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, aber er nehme jetzt eine zentrale Rolle bei einem neuen Presse-Projekt wahr.
Nach Angaben der Washington Post arbeitet Greenwald am Aufbau einer liberalen Tageszeitung mit, die der eBay-Gründer und Milliardär Pierre Omidyar finanzieren soll. Omidiyar finanziert bereits ein lokales Journalismus-Projekt an seinem Wohnort Hawaii. Und er hätte auch genügend Geld für ein neues Medienunternehmen: Sein Vermögen wird auf über acht Milliarden Dollar geschätzt.

Journalist Glenn Greenwald

Journalist Glenn Greenwald

Der Guardian zeigte sich in einem Statement enttäuscht über Greenwalds Ausscheiden, denn die Zeitung könnte somit den Zugang zu weiteren Teilen der NSA-Dokumente aus dem Besitz Snowdens verlieren. Glenn Greenwald und die Filmemacherin Laura Poitras gelten als die einzigen, die den gesamten Datenfundus des Whistleblowers Snowden in Händen halten.

Greenwald schrieb seit Juni im Guardian über die Operationen US-amerikanischer und britischer Geheimdienste zur Totalüberwachung. Seinen Kritikern wirft Greenwald eine „unterwürfige Einstellung“ gegenüber den Regierungen vor. Genau diese kritische Haltung war es, die ihm den weltweit beachteten Scoop (exklusive Meldung im Journalismus) um die Geheimdienstprojekte PRISM und Tempora einbrachte.

Als Edward Snowden beschloss, sein Wissen über die imperiale Totalüberwachung durch Geheimdienste öffentlich zu machen, suchte er gezielt Kontakt zu Glenn Greenwald. Bevor er zur britischen Zeitung The Guardian kam, schrieb Greenwald fünf Jahre lang für die US-Webseite Salon.com. Schon dort beschäftigte er sich intensiv mit Überwachungsprogrammen und der Ausweitung staatlicher Ermächtigungen nach den Anschlägen des 11. September 2001. Er verfasste dutzende kritische Artikel und mehrere Bücher über das Bush-Regime.

Es waren wohl auch diese Berichte, die Greenwald zu Snowdens Wunschpartner machten. Denn ein Experte für Computersicherheit war der Kolumnist nicht. Fast scheiterte der Kontakt mit dem Whistleblower daran, dass Greenwald mit den von Snowden verlangten Verschlüsselungsprogrammen nicht zurecht kam. Der Ex-Geheimdienstmitarbeiter wandte sich an die Dokumentarfilmerin Laura Poitras, die Greenwald wieder mit ins Boot holte. So berichten es die beiden im New York Times Magazine.

How the Government Tracks You: NSA Surveillance

Glenn Greenwald ist ein journalistischer Quereinsteiger. Er studierte Jura, doch als Anwalt wurde er nicht glücklich und so wechselte er den Beruf. Von seinem Wohnort in Brasilien aus schrieb Greenwald seine Berichte für den Guardian. Dessen Chefredakteur Alan Rusbridger bedauerte öffentlich den Abgang des Reporters.
„Schade, dass wir Glenn Greenwald nach einer Berichterstattung wie Donnerhall beim Guardian verlieren“, twitterte Rusbridger.

Dabei gab es durchaus Hinweise auf Spannungen. Aktivisten und Sicherheitsexperten drängten Greenwald, schneller und detaillierter zu berichten. „Das sind unglaublich komplexe Dokumente, es braucht Zeit, sie zu lesen, zu verstehen und darüber zu berichten“, erklärte Greenwald.
Greenwald selbst sagt, Snowdens Dokumente böten Stoff für weitere Enthüllungen. Ein Grossteil der wichtigen Unterlagen müsse noch veröffentlicht werden.

Mit dem neuen Presse-Projekt dürfte Milliardär Pierre Omidyar Amazon-Chef Jeff Bezos Konkurrenz machen, der Anfang August die Washington Post übernommen hat. Die US-Zeitung, die ebenfalls NSA-Dokumente publiziert hat, soll zu einem Referenzprojekt der neuen iPad-optimierten Online-Medien ausgebaut werden.

RF/dpa

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