D er Vorsitzende der KPRF (Kommunistische Partei Russlands), Gennadi Sjuganow, ist überzeugt, dass bei Unruhen wie am Sonntag im Moskauer Stadtteil West-Birjuljowo ein Polizeieinsatz nicht effektiv sein kann.
Viele Einwohner des Stadtbezirks hatten sich am Sonntag vor einem Einkaufszentrum versammelt und von der Polizei gefordert, den Mord an einem jungen Bezirksbewohner schnellstmöglich zu klären. Nach vorliegenden Angaben dürfte der flüchtige Täter aus dem Ausland stammen.
Die spontane Kundgebung gipfelte in Unruhen. Nach dem brutalen Mord an einem jungen Russen stürmten aufgebrachte Bürger ein Einkaufszentrum und lieferten sich Strassenschlachten mit der Polizei. Knapp 400 Teilnehmer wurden von der Polizei festgenommen.
Einige russische Medien sprechen von einem “Bürgeraufstand”.
Der Anlass für die Ereignisse war ein Gewaltverbrechen, das in der Nacht auf den 10. Oktober verübt worden war: Ein junger Moskauer war auf offener Strasse vor den Augen seiner Freundin niedergestochen worden, als er gegen einen Mann auftrat, der die Frau belästigen wollte.
Auf Überwachungskamera-Bildern ist zu erkennen, dass der Angreifer offenbar aus dem Kaukasus oder Zentralasien stammt. Der Täter floh nach dem Mord.
„Dies ist mit keinem Schlagstock wieder gutzumachen. Innenminister Wladimir Kolokolzew ist nicht zu beneiden. Er ist mein Landsmann, sachkundig, hochqualifiziert, gut ausgebildet. Aber derartige Probleme lassen sich nicht durch einen Polizeieinsatz lösen“, so Sjuganow.
Die Duma-Fraktion der KPRF hatte vor drei Monaten einen Gesetzentwurf zur Lösung der Migrationsprobleme eingebracht. In dem Dokument wird vorgeschlagen, die in Weissrussland auf diesem Gebiet gesammelten Erfahrungen zu übernehmen. Laut Sjuganow erhalten Betriebe in Weissrussland Beschäftigungslimits, bestellen die erforderlichen Fachkräfte aus anderen Ländern und übernehmen für diese die Verantwortung.
Darunter fällt auch, dass den Migranten die nationalen Sitten und Bräuche bzw. die nationale Kultur vermittelt wird.
Fünf Polizisten, die während der Ausschreitungen am Sonntagabend verletzt wurden, sind ins Krankenhaus eingeliefert worden, verlautete heute aus dem Pressedienst der Moskauer Innenbehörde.
Insgesamt waren nach offiziellen Angaben 1.090 Polizeibeamte in Birjuljowo und Umgebung im Einsatz.
Augenzeugen sprechen von bis zu 1.000 Teilnehmern der Ausschreitungen. Laut Gesundheitsministerium benötigten insgesamt 23 Menschen, darunter acht Polizisten, medizinische Hilfe.
„Die Polizeibeamten, die um medizinische Hilfe gebeten haben, haben hauptsächlich Prellungen und Hautabschürfungen. Ein Polizist der OMON-Sondereinheit hat ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Hirnprellung“, hiess es.
Russland bei Einwanderern auf Platz zwei nach den USA
Laut Statistik sind die USA weiterhin das attraktivste Land für Gastarbeiter. Weltweit liegt die Gesamtzahl der Migranten heute bei 232 Millionen (3,2 Prozent der Erdbevölkerung).
Die meisten internationalen Migranten halten sich in zehn Ländern auf: den USA (45,8 Millionen), Russland (11 Millionen), Deutschland (9,8 Millionen), Saudi-Arabien (9,1 Millionen), den VAE (7,8 Millionen), Grossbritannien (7,8 Millionen), Frankreich (7,4 Millionen), Kanada (7,3 Millionen), Australien (6,5 Millionen) und Spanien (6,5 Millionen).
In Russland hat sich das Einwanderungsproblem in den letzten Jahren besonders zugespitzt. Laut offiziellen statistischen Angaben sind im vorigen Jahr 15,88 Millionen Menschen nach Russland eingereist.
Jedoch nur 1,34 Millionen von ihnen besitzen eine Arbeitserlaubnis.
Im ersten Halbjahr 2013 sind etwa zehn Millionen Migranten in Russland eingereist. Das Einwanderungswachstum liegt damit bei zwölf Prozent (37 Prozent in den zurückliegenden vier Jahren).
Wie der Chef des Föderalen Migrationsdienstes, Konstantin Romodanowski, im Juli 2013 mitteilte, leben nur 800.000 Ausländer ständig im Land. Nach Angaben der Behörde haben mehr als drei Millionen Einwanderer in den ersten Monaten 2013 die zulässige Aufenthaltsdauer überschritten und leben nun illegal in Russland.
Die meisten Rechtsverletzer sind Bürger Usbekistans (rund 900.000). Mehr als 500.000 Illegale kommen aus der Ukraine und weitere 400.000 aus Tadschikistan. Laut Romodanowski „kann angenommen werden, dass sie illegal arbeiten. Die meisten von ihnen sind grundsätzlich in Grosstädten konzentriert.“