E inen sehr interessanten Beitrag zu verschiedenen Hartz IV-Maßnahmen und deren Sinnhaftigkeit hat Stern TV aufgegriffen. Die Einzigen, die von solchen Maßnehmen im Endeffekt profitieren, sind die sog. “Bildungsträger”, in der Regel private Unternehmen.
Von einer “Fortbildungs-Mafia” auf Kosten der Steuerzahler ist bereits seit längerem die Rede.
Nach Angaben von Stern TV hat die Bundesagentur für Arbeit in den letzten 10 Jahren rund 39 Milliarden Euro (!) in solche angeblichen “Qualifizierungsmaßnahmen” gesteckt. Dabei sind eben diese Maßnahmen fraglich und der Erfolg steht in den Sternen.
Aber wie eine Sprecherin der BA im Interview sagte, sei eine Vermittlungsquote nicht einmal Voraussetzung.
Zum Teil zeigt der Beitrag, wie Arbeitslose in nachgebauten Geschäften mit Attrappen “Kaufmannsladen spielen”. Dieser Spass kostet die Ämter und damit auch den Steuerzahler, 500 – 800 Euro monatlich pro Teilnehmer.
Welcher Sinn steht dahinter, sollen diese Menschen, die eh schon aufgrund der Langzeitarbeitslosigkeit frustriert und ganz unten sind, grundlegende und alltägliche Dinge neu lernen?
Die Einleitung zeigte eine Theatergruppe, die aus Hartz IV-Opfern bestand, die zur Teilnahme an dieser Veranstaltung mit anschliessendem Praktikum vom Jobcenter verpflichtet wurden.
Pro Teilnehmer bringt diese Maßnahme dem sog. “Bildungsträger” monatlich 700 Euro ein. Die befragten Teilnehmer, von denen zum Teil auch einige bereits über eine Berufsausbildung verfügen, sprachen sich aber dagegen aus und haben nach eigenen Angaben mit Theater „nichts am Hut“.
Jobcenter-Chef Dirk Michelmann verteidigt seine Maßnahmen, die bereits zum zweiten Mal durch das Amt finanziert werden. Seinen Angaben zu Folge seien bereits 13 von 26 Teilnehmern am Theaterstück in einen Job oder eine Ausbildungsstelle vermittelt worden – jedoch nicht als Schauspieler, sondern in andere, niedere Berufszweige.
Auch Zuschauerzuschriften zeigen, wie Geld für unsinnige Qualifizierungsmaßnahmen investiert werden. So las der Moderator der Sendung vor, dass bspw. ein Langzeitarbeitsloser bereits zu 14 Bewerbungstrainings geschickt wurde.
In einem anderen Fall hatte ein anderer Leistungsbezieher drei mal einen Gabelstaplerschein gemacht.
Scheinbar erfüllt die Agentur für Arbeit mehr eine Tätigkeit als sozialpädagogische Einrichtung, anstatt Menschen in Arbeit und Ausbildung zu vermitteln und verteidigt diese Qualifizierungsmaßnahmen mit der “Motivation” der Langzeitarbeitslosen.
Dies bestätigte auch die Autorin und Filmemacherin, Dr. Rita Knobel-Ulrich, die sich sowohl während des Beitrags als auch später als Studiogast zu dieser Thematik äusserte. Sie selbst ist Verfasserin der Buches “Reich durch Hartz IV: Wie Abzocker und Profiteure den Staat plündern” und ist während ihrer Recherchearbeiten mit vielen Teilnehmern derartiger teuren wie sinnlosen Zwangsmaßnahmen in Berührung gekommen.
„Im Grunde sitze ich den ganzen Tag nur meine Zeit ab. Ich quatsche ein bisschen, finde es nett, dass ich aus meiner kleinen Wohnung mal rauskomme, wir trinken Kaffee, wir erzählen uns was vom Leben“, hat Knobel-Ulrich bereits mehrfach von zwangsverpflichteten Hartz IV-Opfern gehört.
Daher sieht sie solche Trainingsmaßnahmen ihrer Erfahrung nach als reine Geldverschwendung.
Ein weiteres Beispiel im Beitrag war, das Hartz IV-Opfer ins Fitnessstudio geschickt wurden, um dort mehrere Stunden täglich zu trainieren. Und dies wieder unter dem Deckmantel der “Motivationssteigerung der Arbeitslosen”.
Diesen Spass lässt sich die Bundesagentur für Arbeit monatlich 560 Euro je Teilnehmer kosten.
Auch der Fall einer Nähfabrik zeigt die Absurdität solcher Maßnahmen. Bei dem Unternehmen “Nähgut” arbeiten 40 Teilnehmerinnen, vorwiegend Ausländerinnen mit schlechten bis gar keinen Deutschkenntnissen, die vom Jobcenter zu Arbeitsgelegenheiten (Ein-Euro-Job) verdonnert wurden.
Diese nähen Kleidung und stricken Babysachen sowie Spielzeug, welches anschliessend günstig verkauft wird.
Die Kursleiterin Susanne Pfeiffer, die diese Arbeitsgelegenheit seit drei Jahren betreut, stellt fest, dass diese Tätigkeit nicht der Vermittlung in einen Job dient. Vielmehr diene sie angeblich “der Stabilisierung der Menschen und der Heranführung an den Arbeitsmarkt”.
„Und hier gilt schon, dass es für manche ein Thema ist, pünktlich da zu sein und morgens aufzustehen“, so Pfeiffer im Beitrag.
Auch Ilona Mirtschin von der BA bestätigt: „Die Zielsetzung der Arbeitsgelegenheiten ist definitiv nicht Sprungbrett in den ersten Arbeitsmarkt zu sein, das war es noch nie.“