U m kaum mehr als das Hartz IV-Niveau zu erreichen, arbeiten hunderttausende Arbeitnehmer in Deutschland zu Niedriglöhnen über 50 Stunden in der Woche.
Das zeigt eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Nur Top-Manager oder Ärzte mit Spitzenverdiensten arbeiten mehr als 50 Stunden in der Woche, so die gängige öffentliche Meinung. Eine neue Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt aber, dass immer mehr Menschen im Niedriglohnsektor weitaus mehr Arbeitsstunden aufweisen, um einigermaßen das Existenzminimum zu erreichen.
Laut der Studie arbeitet mittlerweile jeder Vierte Geringverdiener regelmäßig über 50 Stunden pro Woche.
Fast 900.000 Menschen sind laut Studienergebnissen hiervon betroffen. Besonders hoch seien die wöchentlichen Arbeitszeiten bei Arbeitnehmern, die als Kraftfahrer, Lageristen oder im Gaststättenbetrieb arbeiten.
Im Durchschnitt sind laut DIW Arbeitnehmer mit geringem Entgelt und Vollzeittätigkeit rund 45 Stunden pro Woche beschäftigt. Das sind etwa zwei Stunden mehr, als alle anderen Vollzeitangestellten.
Als Geringverdiener wird eingestuft, wer weniger als 9,26 Euro brutto pro Stunde verdient.
Gefahr für die Gesundheit
Das ist nicht nur ein sozialpolitisches Problem, betonte der Studienautor Karl Brenke. Die Betroffenen riskieren mit derart hohen Arbeitszeiten ihre eigene Gesundheit.
Zudem gebe es derart hohe Wochenarbeitszeiten wie bei den Menschen in dem Niedriglohnsektor nur „am oberen Ende der Einkommensskala, also bei Gutverdienern in Vollzeit“, sagte Brenke.
Brisant sind die Ergebnisse auch deshalb, weil das Arbeitsschutzgesetz in Deutschland vorschreibt, dass Arbeitnehmer nicht dauerhaft über 48 Stunden pro Woche beschäftigt sein dürfen.
Etwa 22 Prozent alle Angestellten in Deutschland erhalten laut der DIW einen sogenannten Niedriglohn (Daten aus 2010). Über die Hälfte der Arbeitnehmer gehen einem Job nach, für den eine Ausbildung oder ein Studium notwendig ist.
Zu diesen Arbeitszweigen gehören auch Berufe wie Arzthelfer, Bäcker, Friseure und Pflegekräfte wie Altenpfleger oder Krankenschwestern.
Immer mehr Aufstocker
Bei vielen reicht zudem der Lohn nicht aus, um das Existenzminimum zu erreichen. Laut aktuellen Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit müssen rund 1,4 Millionen Menschen ihren Lohn mit Hartz IV aufstocken, um ihre Familien ernähren zu können.
Besonders häufig sind Erwerbstätige betroffen, die Vollzeit in der Leiharbeit tätig sind. Seit 2007 ist der Zahl der Aufstocker um 13 Prozent gestiegen.