A m Dienstag fand in Leipzig die dritte Veranstaltung der International Students for Social Equality (ISSE), der Studentenorganisation der Partei für Soziale Gleichheit (PSG), zum Thema „Verteidigt Günter Grass“ statt. Wie schon zuvor in Frankfurt und Berlin wurde auch diese Versammlung massiv attackiert.
Im Bündnis mit rechten zionistischen Provokateuren setzte schließlich ein Vertreter des Studentenrats das vorzeitige Ende der Veranstaltung durch.
Zu Beginn der Versammlung erschien eine Gruppe rechter Grass-Gegner und versuchte sich Zutritt zu verschaffen. Sie beschimpfte den Autor der „Blechtrommel“ und Literaturnobelpreisträger als Antisemiten und zerrissen Einladungsflugblätter. Da offensichtlich war, dass sie die Veranstaltung stören und verhindern wollten, verweigerte ihnen die Versammlungsleitung die Teilnahme.
Kurz darauf erschien eine weitere Gruppe gewaltbereiter Zionisten mit mehreren Israel-Flaggen, Transparenten mit der Aufschrift „Stopp dem Mullah-Regime“ und einem Megaphon. Durch laute Sprechchöre „Lang lebe Israel“ und „Nieder mit den Mullahs“ versuchten sie die Versammlung, die mittlerweile begonnen hatte, von außen zu attackieren. Als das misslang, versammelten sich die etwa 60 rechten Störer vor der Eingangstür des Seminarraums und trommelten an Tür und Wände.
Mehrmals griffen sie die Veranstaltungsordner tätlich an und versuchten, sich gewaltsam Zugang zur Veranstaltung zu schaffen. Einer dieser Hooligans rief: „Hat nicht jemand einen Eispickel dabei?“
Er nahm damit auf die Ermordung Leo Trotzkis Bezug, der vor 72 Jahren von einem stalinistischen Agenten mit einem Eispickel erschlagen wurde.
Nachdem die Veranstaltung trotz dieser Angriffe fortgesetzt wurde, verlas ein Anführer der rechten Provokateure eine Erklärung über Megaphon. Er begann mit den Worten: „Diese Erklärung wollten wir eigentlich auf der ISSE-Veranstaltung verlesen, aber wenn wir nicht reinkommen, dann lese ich es hier draußen vor.“
Er bezeichnete Günter Grass als „notorischen Antisemiten“, der bereits durch seine SS-Mitgliedschaft deutlich gemacht habe, auf welcher Seite er stehe. Seine Behauptung, Israel bereite einen militärischen Erstschlag gegen den Iran vor, sei nichts weiter als die Wiederholung der „antisemitischen Attacken des iranischen Mullah-Regims“ auf Israel.
Er bezeichnete Israel als „Schutzraum der Juden“, der mit allen militärischen Mitteln gegen den „weltweiten antisemitischen Wahn“ verteidigt werden müsse. Seine Argumentation basierte auf einer grotesken Geschichtsverdrehung, die darauf ausgerichtet ist, die Verbrechen der Nazis und den Holocaust zu nutzen, um die aggressive Kriegspolitik der US-Regierung und Israels zu rechtfertigen und zu unterstützen.
Plötzlich erschienen zwei Vertreter des Studentenrats, Marcel Wodniock und Jakob Heuschmidt. Sie forderten die ISSE-Ordner auf, die Eingangstür zur Versammlung frei zu geben und alle Provokateure an der Versammlung teilnehmen zu lassen. In absurder Argumentation versuchten sie, Grundprinzipien der Demokratie, wie Meinungsvielfalt, Toleranz gegenüber Andersdenkenden und freier Zugang für alle bei öffentlichen Veranstaltungen als Rechtfertigung für die Störung und Zerschlagung einer Veranstaltung anzuführen.
Marcel Wodniock studiert Jura und weiß genau, dass freier Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen nicht bedeutet, organisierte Gruppen zuzulassen, die mit Megaphon und Transparent in der erklärten Absicht kommen, die Veranstaltung zu stören und gewaltsam zu sprengen. Im Gegenteil: der Veranstalter hat die Verpflichtung, für einen geordneten Ablauf der Veranstaltung zu sorgen und erkennbare Störer nicht zuzulassen.
Wodniock stellte sich offen auf die Seite der rechten Provokateure und forderte ultimativ deren Einlass in die Veranstaltung. Die ISSE-Ordner erwiderten, dass die Versammlungsfreiheit ein von der Verfassung geschütztes demokratisches Grundrecht sei. Der Studentenrat sei daher verpflichtet, eine von der Universität genehmigte Veranstaltung gegen Provokateure zu verteidigen und zu schützen.
Wodniock reagierte darauf wütend. Er behauptete, er und nicht die ISSE entscheide darüber, ob die Veranstaltung weitergeführt werde oder nicht. Unter dem Gejohle der rechten Provokateure erklärte Wodniock dann die ISSE-Veranstaltung für beendet. Gemeinsam mit einigen pro-israelischen Schlägern drängte er die Ordner zur Seite, stürmte in den Veranstaltungsraum, zog den Stecker der Powerpoint-Präsentation und forderte die Versammlungsteilnehmer auf, sofort den Raum zu verlassen.
Viele Teilnehmer reagierten entrüstet und fassungslos. Mathias, der vor wenigen Wochen an einer Versammlung mit David North zur Verteidigung von Leo Trotzki teilgenommen hatte, war empört. Er hätte einen derartigen Angriff auf demokratische Grundrechte „hier auf dem Gelände der Universität“ nicht für möglich gehalten, sagte er. Der Hörsaal, in dem North vor über 300 Zuhörern gesprochen hatte, befindet sich im selben Gebäude der Leipziger Universität.
Auch nach der Veranstaltung wurden Teilnehmer von den Gegnern der Veranstaltung verfolgt und attackiert. Die ISSE kündigte an, dass sie sich gegen die gewaltsame Beendigung ihrer Veranstaltung zur Wehr setzen werde, und rief alle Anwesenden auf, die weitere Kampagne zur Verteidigung von Günter Grass und der Meinungsfreiheit zu unterstützen.
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