M an hatte schon nicht mehr daran geglaubt, aber seit Anfang Dezember sind Extrakte der Süsspflanze Stevia in der EU offiziell als Nahrungszusatz zugelassen. Es gibt Stevia-Süsstoffe in Pulver-, Tabletten- und Flüssigform. Lebensmittelhersteller wollen auf dieser Basis neue Produkte auf den Markt bringen. Die Vorteile: Stevia gilt als praktisch kalorienfrei und sehr zahnfreundlich.
Ursprung in Südamerika
Die Pflanze Stevia rebaudiana ist auch unter den Namen Süssblatt und Honigkraut bekannt. Angebaut wird die Zuchtform der Stevia derzeit in Süd- und Mittelamerika, Palästina, Thailand und der Volksrepublik China. Ursprünglich stammt das Süsskraut jedoch aus Südamerika, wo die indigene Bevölkerung die Pflanze schon seit altersher als Süsstoff und Heilmittel nutzt.
So wird Stevia auch eine blutdrucksenkende und antimikrobielle Wirkung nachgesagt, die mittlerweile durch Studien bekräftigt werden konnten.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahmen Wissenschaftler die Wunderpflanze genauer analytisch unter die Lupe. Im Vergleich mit dem Rübenzucker war Stevia unschlagbar. Die Blätter erwiesen sich als 30 Mal, und die darin enthaltenen Süsstoffe, die Steviolglycoside sogar 150 bis 300 Mal süsser.
Der Agrarwissenschaftler Udo Kienle, der sich an der Universität Stuttgart Hohenheim über Jahre intensiv mit Stevia beschäftigt hat, kennt die Details: „In jedem Lebensmittel wird die Süsskraft gesondert ermittelt, sodass die Süsskraft in einem Kaffee etwa 150fach grösser ist als Zucker und in einer Limo etwa 110fach.“
Chancen für Diabetiker
Um eine toxische Wirkung durch Überdosierung auszuschliessen, haben die Brüsseler Behörden für jedes Produkt genau festgelegt, wie viel Stevia-Süsstoff (E 960) jeweils enthalten sein darf. Die festgelegten Höchstmengen sind eher gering. Für Getränke zum Beispiel gelten nur 200 Milligramm je Liter Limonade. Allgemein wird eine Tageshöchstmenge von 4 mg pro Kilo Körpergewicht empfohlen.
Andere Experten halten jedoch diese Mengenbegrenzungen für Unfug, die allein dem Schutz der Zuckerindustrie dienen sollen.
Für Produkte bei welchen es auch auf die karamellisierenden Eigenschaften von Zucker ankommt, eignet sich Stevia hingegen weniger. Profitieren werden von der Neuzulassung aber vor allem auch Diabetiker, denn die Stevia-Süsstoffe haben keinen Einfluss auf den Insulin-Spiegel. Und diese sind besser verträglich als chemisch hergestellte Süsstoffe wie etwa Aspartam, dessen gesundheitliche Neubewertung von der EU derzeit gerade vorbereitet wird.