D ie Nachfolge für den langjährigen Staatsführer Kim Jong-Il, der am Samstag während einer Inspektionsreise mit dem Zug an einem Herzinfarkt gestorben ist, scheint weitgehend geklärt. Als Favorit gilt der jüngste Sohn Kim Jong-Un, der im September 2010 in die erweiterte Führungsriege der Arbeiterpartei aufgenommen worden war. Das Regime rief die Bevölkerung auf, sich hinter den knapp 30-Jährigen zu stellen, der als Schüler in der Schweiz gelebt haben soll. Kim senior hatte seinen Sohn auf die Machtnachfolge in dritter Generation vorbereitet.
„Es ist der grösste Verlust für unsere Partei und der grösste Trauerfall für das Volk“, sagte eine in schwarz gekleidete nordkoreanische Nachrichtensprecherin mit Tränen in den Augen. Die Trauerfeierlichkeiten für Kim, der die Macht nach dem Tod seines Vaters und „ewigen Präsidenten“ Kim Il Sung 1994 übernommen hatte, wurden für Mittwoch in Pjöngjang angekündigt. Kims Sohn sei zum Vorsitzenden der Beisetzungskommission für seinen Vater ernannt worden, hiess es. Das Begräbnis soll am 28. Dezember stattfinden.
Das chinesische Fernsehen zeigte unterdessen trauernde Massen in der Demokratischen Volksrepublik Korea.
Der Tod Kims löste derweil international Sorgen über eine möglicherweise einsetzende Instabilität in der Region aus. Das Nachbarland Südkorea ordnete höchste Alarmbereitschaft für die Streitkräfte an. Beide Staaten befinden sich völkerrechtlich seit dem Ende des Korea-Kriegs (1950-53) noch im Kriegszustand.
Japan berief seinen Sicherheitsrat ein. Der japanische Ministerpräsident Yoshihiko Noda wies das Verteidigungsministerium und andere Regierungsstellen an, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Japan stehe mit seiner Schutzmacht USA sowie China und Südkorea bereits in engem Kontakt, meldete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo.
Aus Washington hiess es in einer ersten Reaktion: Präsident Barack Obama „wurde informiert und wir stehen im engen Kontakt mit unseren Verbündeten in Südkorea und Japan“.
Nordkoreas Nachbar Russland zeigte sich gelassen: „Dieser für Nordkorea schmerzliche Verlust wird die weitere Entwicklung unserer freundschaftlichen Beziehungen nicht bremsen“, erklärte Aussenminister Sergej Lawrow.
China sprach Nordkorea sein „tiefstes Beileid“ aus. Dem nordkoreanischen Volk gelte das „aufrichtige Mitgefühl“ seines Landes, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua einen Sprecher des Aussenministeriums in Beijing.
Die Demokratische Volksrepublik Korea und ihre regierende Partei bezeichnen sich als sozialistisch/kommunistisch. Tatsächlich herrschen dort aber sehr skurrile stalinistische Verhältnisse, die mit jedem wissenschaftlichen Verständnis von Sozialismus unvereinbar sind.
Dies kommt nicht zuletzt auch dadurch zum Ausdruck, dass wie in einer Monarchie die Staatsführung vom Vater auf den Sohn vererbt wird.