Haben Antideutsche die Rosa-Luxemburg-Stiftung infiltriert?

Aus dem Vorwurf "antizionistisch" wurde lichtschnell der Vorwurf "antisemitisch" konstruiert, nicht aus Gründen der Richtigkeit, sondern aus Gründen der Publizitätsträchtigkeit.

- von Presseticker  -

V on Burkhard Bernheim, AG Kritische Linke (Hamburg) – Eine Selbsthilfegruppe auf Staatskurs oder was ist retrograde Amnesie?
Vorgestern Abend (01.02.09) fand in der Hamburger Werkstatt 3 eine Diskussionsveranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (rls) unter dem Titel “Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik” statt.
Diskutanten waren Christiane Schneider, Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft und Anders Kühne von der Hamburger Studienbibliothek, einem Zusammenschluss zur Aneignung und Beförderung kritischer Gesellschaftstheorie. Moderiert wurde das Ganze von und nach Kräften der rls Hamburg. Die rls steht der Partei Die LINKE nahe.

Das Thema der Performance liess schon einiges befürchten, wenn mensch sich nicht gerade zur Hardcoreabteilung des organisierten Antideutschtums zählt. Der Titel, der in suggerierender Weise den ideologischen Weg, rückwärts aufzählend, eine Deutungsweise verpasst, die zentraler Gegenstand des Diskussionsverlaufs war.
Herr Kühne liess mittels eines Projektors eine Unmenge von teils antisemitischen Karikakaturen auf die Leinwand werfen und versuchte nach Aufzählung der unterschiedlichen Quellen, einen Zusammenhang von deutschem Faschismus und antiimperialistischer Linke herzustellen.

Diese, vom so genannten ideologiekritischen Spektrum entwickelte Politikkette, ist nicht neu und auch nicht wirklich kenntnisreich, aber allemal “uebel und gefährlich”, weil sie Faschismus und die Shoa als singuläres Verbrechen der Nazis relativiert. Neu hingegen war, dass unter den vielen Abbildungen eine aus dem Onlineorgan Linke Zeitung stammen sollte.

Zur Begründung führte er die Schriftart an, was verwunderte, da es ein altdeutscher Schriftzug war, der damals allgemein verwendet wurde. Des Weiteren sollten hebräische Schriftzeichen im Hintergrund zu erkennen gewesen sein, deren Bedeutung blieb allerdings obskur und unbeantwortet.
Inhaltlich war er bemüht, einen linken Antisemitismus zu konstruieren und das Böse in der Welt als islamistisch zu identifizieren.

Um die westliche Hemisphäre und ihre inhärenten Werte gegen den sich – unbewiesener maßen – atomar bewaffneten Iran ideologisch in Stellung bringen zu können, sollen letzte Zweifler an der Richtigkeit militärischer Attacken überzeugt werden.
Vortragskünstler Kühne war mehrmals versucht, Israel als einzigen nahöstlichen Staat darzustellen, der sich der Aufklärung verpflichtet fühlt und aufgrund seines Entstehens, ein Recht “auf bedingungsloser Selbstverteidigung” hätte.

Es entspricht dem Denken zionistischer Propagandisten, die damals schon davon sprachen, dass die Gründung des Staates Israel im Interesse des Westens liege, mittels derer eine “Bastion der Zivilisation gegen die Barbarei” entstünde (T. Herzl).
Kühne bezeichnete sich selbst als “Nichtlinken”, was im Verlauf der nachfolgenden Diskussion von anderen Diskutanten (u.a. von Frau Schneider) bestätigt wurde. Herr Kühne betonte mehrmals, dass es eine “Zusammenarbeit mit der allgemeinen Linken nicht geben kann”. Das ist ihm fraglos abzunehmen und erspart Arbeit, im Gegensatz zum grösseren Teil der bekennenden Antideutschen, die sich verbal immer noch der politischen Linken zugehörig fühlen.

Hingegen sah sich C. Schneider noch in der Tradition linksreformistischer Gesellschaftsentwürfe verhaftet. Sie breitete die Entwicklung ihrer politischen Sozialisation aus, mit der anfänglichen Begeisterung für antiimperialistische Konzeptionen und einem internationalistischen Ideal, was aber spätestens Anfang der 90er Jahre mehr und mehr abnahm und sich parallel mit der Entwicklung der antideutschen Strömung deckte:
Weg mit der Haltung “Sozialismus oder Barbarei”, die Rosa Luxemburg in der Schrift : “Was will der Spartakusbund?” beschrieb und hin zu einer Israelsolidarität, die zwar Kritik am Staat zulässt, aber nicht dem Grundsatz folgt, dass, wer immer auch imperialistische Kriege, Besatzungen und Vertreibungen rechtfertigt und/oder propagiert, nicht mein politischer Bündnispartner sein kann.

Diese Deutlichkeit an die Adresse der gegenwärtigen israelischen Regierung und ihrer Administration gerichtet, fehlte gänzlich. Die Nicht-in-Fragestellung des Existenzrechts Israels wurde oftmals betont, was während der Diskussion, im Kontext der Blockadeaktion der B5 und dessen Erklärung geschah.
Zur wiederholten Richtigstellung: Dieser Gedanke wurde darin auch nicht geäussert, vielmehr wurde es von antideutscher Seite interpretatorisch dazu gemacht, um eines der letzten Orte, in denen internationalistische Politikinhalte vertreten werden, zu diskreditieren.

Aus dem Vorwurf “antizionistisch” wurde lichtschnell der Vorwurf “antisemitisch” konstruiert, nicht aus Gründen der Richtigkeit, sondern aus Gründen der Publizitätsträchtigkeit.

In der allgemeinen Diskussionsrunde fiel auf, dass sich eine Mehrheit der Redner/Innen mit ihrer eigenen politischen Biografie beschäftigt haben müssen und sich zu ihrer Wandlung, vom Saulus zum Paulus, als betroffen outeten, was z.T. grosse Anteilnahme auslöste: Wie haben wir doch schlecht gedacht in jüngeren Jahren und sind nun “Gott-sei-Dank” auf dem Wege des Älterwerdens, richtig angekommen.

Die ethnische Säuberung Palästinas – Interview mit Prof. Dr. Ilan Pappe

Ein ursächlicher Grund dafür ist der veränderte soziale Status und eine entsprechende finanzielle Ausstattung. Die begründete neue Existenz (Basis) könnte zur spiegelverkehrten Denkweise (Überbau) führen. In solchen Momenten voller subjektiv-politischer “Leidenschaft” hatte mensch den Eindruck, einer Selbsthilfesitzung der Weight Watchers beizuwohnen.
Es gab eine (!) ganze kritische Stellungnahme, in der es hiess, dass sich Israel nicht wundern solle, wenn es international kritisiert wird, da es zum x-ten Male mit drei anderen Ländern gegen die Aufhebung der Blockade Kubas gestimmt hat.

Ansonsten wurde zur israelischen Politik nur gelobpudelt und schlicht gelogen, als jemand meinte, dass Israel seiner Verpflichtung nachkommen würde, den Gaza-Streifen ausreichend wassertechnisch zu ent- und zu versorgen. Äusserungen dieser Art sind Ausdruck eines bestimmten gedanklichen Impetus und des fortlaufenden gruppendynamischen Prozesses, welcher in Selbsthilfegruppen oftmals anzutreffen ist. Zu einer kontroversen, lebendigen Auseinandersetzung kam/ langte es nicht.

Mit keinem Wort wurde beispielsweise die
- israelische Linke
- die israelische Friedensbewegung
- die israelisch-palästinensische Organisation “anarchists-against-the-wall”
erwähnt.
Es schien überdies und beispielhaft kein Gesprächsbedarf zum israelischen Historiker Ilan Pappe [1] oder zum Menschenrechtler Yossi Wolfson (… “ich tue was Linke tun: Ungerechtigkeit bekämpfen!”) [2] zu bestehen.

Nochmals zur Erinnerung: Es war eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung!

Wie kann es unter dem Aspekt der luxemburgischen Forderungen nach einem internationalistischem Sozialismus zu einer solchen haarsträubenden Veranstaltung kommen?
Es ist davon auszugehen, dass sich ein antideutscher Ungeist in der rls breitgemacht hat. Schriftlicher Beleg: Ausgabe “Hamburger Skripte 18″: “Universalistischer Rassismus, getarnt als “Islamismuskritik”? Linker Antirassismus und der Diskurs über “Islamophobie”.
Als hauptverantwortlicher Autor zeichnet ein gewisser Udo Wolter. Eine kleine U.-W.-Gruselauswahl ist in den Quellen (4) bis (9) enthalten.
Verantwortlich bleibt selbstverständlich die rls Hamburg.

“Wenn das Letztere (die Barbarei- d. Autor) die Fortsetzung der kapitalistischen Verhältnisse – fortbestünde, würde die Geschichte in neue Kriege, Hungersnöte und Krankheiten münden. Die Herrschenden hätten zu aller Zeit “Ströme von Blut vergossen”, seien “über Leichen, Mord und Brand geschritten”, hätten “Bürgerkrieg und Landesverrat angestiftet, um ihre Vorrechte und ihre Macht zu verteidigen”.
Die Fortentwicklung der imperialistischen Barbarei zeige sich als eine immer brutalere und betrügerischere und drohe, die Welt “in einen rauchenden Trümmerhaufen (zu) verwandeln”. [3]

Hervorzuheben ist, dass Rosa L. die “Barbarei” diametral entgegengesetzt zur üblichen antideutschen Denkruine definiert hat.
Der Begriff des Diskurses wird auffallend oft in antideutschen Publikationen gebraucht, so auch vorgestern Abend. Der Disku(r)s wird mittels einer kreisförmigen Bewegung ins Weite geworfen. Innerlich ist der Athlet, die Athletin alarmiert, nicht über den Wurfring zu treten.
Bei etlichen, antideutsch denkenden Menschen entsteht der Eindruck, sie sind schon längst übergetreten: Ins für sie behagliche kapitalistische Ambiente. Sie sind keine Linken!

  1. “Der Zionismus war eine koloniale Bewegung”, Gespräch mit Ilan Pappe, Rolf-Henning Hintze
  2. Yossi Wolfson aus West-Jerusalem schreibt einen offenen Brief an die deutsche Linke; aus: ND, vom 09.12.2009
  3. Rosa Luxemburg : Was will der Spartakusbund?, in: Gesammelte Werke, Bd. 4, a. a. O., S. 446

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