N ach wochenlangen wachsenden Spannungen im US-Konzentrationslager Guantánamo Bay ist es am Samstag zu einer Eskalation gekommen. Bei einem Protest von Häftlingen setzten Wärter nach Angaben der Lagerverwaltung Gummigeschosse ein.
Laut Medienberichten wehrten sich die Lagerinsassen gegen eine Verlegung aus einer Gruppenunterkunft in kleine Einzelzellen. Auf beiden Seiten habe es nur leichte Verletzungen gegeben, zitierte der US-Propagandasender CNN einen Militärsprecher in Guantánamo.
Dort werden zurzeit nach offiziellen Angaben noch 166 sog. “Terrorverdächtige” festgehalten, viele von ihnen schon seit 2002, als das Lager eingerichtet wurde. Im Februar hatte in Guantánamo eine Welle von Hungerstreiks begonnen. Nach US-Angaben verweigern zurzeit mehr als 40 Häftlinge die Nahrungsaufnahme und werden zum Teil zwangsernährt.
Anwälte setzen die Zahl der Hungerstreikenden höher an.
Der Zeitung Washington Post zufolge gab der Sprecher der US-Lagerverwaltung, Robert Durand, als Grund für die Verlegung in Einzelzellen an, dass die Gefangenen Überwachungskameras und Fenster der Gemeinschaftsunterkunft verhüllt hätten. Damit sei für die Wärter die Überwachung erschwert und das Risiko für die Gesundheit und Sicherheit der Häftlinge “unannehmbar hoch” geworden, zitierte das Blatt Durand.
Gefangene hätten sich unter anderem mit den Stielen von Besen und Mops gegen die Verlegung gewehrt.
Die Zeitung spekulierte, dass das US-Militär mit der Aktion die Gefangenen gezielt trennen wollte – in der Hoffnung, dass damit die Hungerstreikwelle gebrochen werden könne.
Das US-Konzentrationslager auf besetztem cubanischen Territorium besteht seit 2002. US-Präsidentendarsteller Barack Obama hatte die Schliessung des Lagers vor seiner Wahl 2008 versprochen. Tatsächlich wurde jedoch im vergangenen Jahr damit begonnen, in den Ausbau der Infrastruktur des Lagers zu investieren.
In einem offenen Brief an das US-Regime forderten erst vor wenigen Tagen 25 Organisationen ein rasches Einschreiten in Guantánamo. Der Hungerstreik sei ein „vorhersehbares Ergebnis“ des Umstandes, dass in dem Lager „seit mehr als elf Jahren Gefangene ohne Anklage festgehalten werden“, erklärten die Organisationen, zu denen auch Amnesty International und Human Rights Watch zählten, am Donnerstag.
Die Menschenrechtsorganisationen veranstalteten Proteste in Washington, New York, San Francisco, Los Angeles und Chicago.
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