Jean Ziegler zu Palästina: Schutz durch die Blauhelme

Interview mit Jean Ziegler von Pierre Chaillan, l’Humanité, Paris

- von RF  -

D er Autor des Buches Destruction massive: géopolitique de la faim (Wir lassen sie verhungern. Die Massenvernichtung in der Dritten Welt), der Schweizer Soziologe und Vizepräsident des Beratenden Ausschusses des Menschenrechtsrates der Vereinigten Nationen (UNO) Jean Ziegler zeigt, dass ein Waffenstillstand in Palästina auf diplomatischem Wege möglich ist.

Warum haben Sie den Aufruf unterschrieben, den die Humanité gestartet hat?

Jean Ziegler: Das palästinensische Volk von Gaza ist Opfer einer mörderischen Aggression, die das internationale Recht verletzt. Diese Aggression hat ein einziges Ziel: die Bevölkerung zu terrorisieren, um ihren Widerstandswillen zu zerschlagen.

l’Humanité, Paris

l’Humanité, Paris

Der israelische Kolonialstaat benützt die neusten Waffen, um ihre Wirksamkeit zu testen. Dass der Menschenrechtsrat der UNO sich in einer Sondersitzung an diesem Mittwoch, den 23. Juli, versammelt, ist eine wichtige Sache, aber wirklich wirksam wäre es, dass die EU (Europäische Union) ihr Freihandelsabkommen mit Israel vom Juni 2002 aufhebt.

Der Paragraph 2 dieser Vereinbarung legt fest, dass das Abkommen, im Fall einer Verletzung der Menschenrechte durch eine der Parteien, aufgehoben wird.
Um das israelische Massaker an Kindern, Frauen und Männern von Gaza zu stoppen, ist das totale und sofortige wirtschaftliche Embargo durch die EU die einzige wirklich wirksame Lösung.

Worin könnte ein internationaler Schutz des palästinensischen Volkes bestehen?

Jean Ziegler: Notwendig sind eine sofortige Waffenruhe mit vollständigem Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gaza-Ghetto sowie das totale Stoppen der Bombardierungen der Marine und der israelischen Luftwaffe und das Einrichten von humanitären Korridoren, um die Verletzten nach Ägypten zu evakuieren.

Dies bedarf das Entsenden von UNO-Blauhelmen, um die Grenzen auf dem Land und die territorialen Gewässer von Gaza zu sichern. Diese Blauhelme müssen sich entlang der Landesgrenze mit Israel und entlang der gesamten Seeküste aufstellen, wie es im Süd-Libanon geschehen ist.
Seit 2006 sind Blauhelme dort positioniert und eine UNO-Flotte sichert die Küsten Süd-Libanons.

Wie bekommt man eine solche Einrichtung?

Prof. Dr. Jean Ziegler

Prof. Dr. Jean Ziegler

Jean Ziegler: Zwei internationale Instanzen greifen im Fall einer Verletzung der Menschenrechte und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein.
Einerseits gibt es den Menschenrechtsrat, der aus siebenundvierzig Staaten besteht, die per Verhältniswahl der Kontinente durch die Generalversammlung gewählt werden und zweitens gibt es den Sicherheitsrat der Vereinigten Nationen.
Beim ersten (Rat) werden die Entscheidungen (Resolutionen, Verurteilungen, Appelle an die Kriegführenden, Untersuchungskommissionen) durch einfache Mehrheit getroffen, während beim zweiten Rat fünf Staaten, aus denen er besteht, das Vetorecht haben.

Es ist offenkundig, dass die israelischen Massaker eine massive und flagrante Verletzung der Menschenrechte und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.

Der Menschenrechtsrat, der die Einhaltung der universellen Erklärung der Menschenrechte von 1948 überwacht, wird vermutlich diese Massaker verurteilen, Vorschläge formulieren und bestimmen, ob Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt wurden.
Er könnte zum Beispiel eine Untersuchungskommission gründen, wie er es während der Operation “Gegossenes Blei” getan hat.

Der Goldstone Report hatte die Mechanismen und die Konsequenzen der israelischen Aggression Ende 2008/Anfang 2009 aufgedeckt. Der Menschenrechtsrat müsste seine Rolle spielen und man muss das begrüßen.
Der Sicherheitsrat, momentan durch die Hypothese eines US-amerikanischen Vetos gelähmt, könnte die Entscheidung aufgrund des Kapitels 7 der UNO-Charta treffen, den Schutz des palästinensischen Volkes durch die Blauhelme einzusetzen.

Und was die Einstellung Frankreichs betrifft?

Jean Ziegler: Sie ist unbegreiflich! Frankreich müsste im Gegenteil eine Resolution dem Sicherheitsrat vorlegen, um den Waffenstillstand, das Anhalten der Massaker und die Entsendung von Blauhelmen aufzuzwingen.

Aus dieser Sicht ist die Intensivierung des Ausdruckes der öffentlichen Meinung in den demokratischen Staaten unerlässlich.

RF/Humanité

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