D ie klassische Zeitungsbranche für Druckmedien befindet sich im digitalen Zeitalter im Umbruch. Diesem Umstand alleine dürfte es jedoch nicht geschuldet sein, dass eine der traditionsreichsten Zeitungen Italiens ausgerechnet jetzt, in der Epoche der Eskalation des globalen Imperialismus, des Aufmarsches von NATO, Faschismus und Krieg, ihre Einstellung bekannt gegeben hat.
Die italienische L’Unità wurde am 12. Februar 1924 als Tageszeitung durch den marxistischen Philosophen, Schriftsteller, Publizisten und politischen Aktivisten Antonio Gramsci (1891-1937) gegründet und war bis 1991 das offizielle Presseorgan der Kommunistischen Partei Italiens (PCI). Sie war das Sprachrohr des antifaschistischen Widerstandes gegen den Mussolini-Faschismus.
Als Zentralorgan der PCI organisierte die L’Unità grosse jährliche Volksfeste, die zum festen Bestandteil des italienischen Kulturlebens wurden.
Nun findet diese traditionsreiche Ära sozialistischer Publizistik in Italien, nach Turbulenzen um die politische Ausrichtung der Zeitung seit den 90er Jahren, wohl endgültig ihr Ende.
Ab 01. August wird die L’Unità eingestellt, heisst es in einer Erklärung des Verlages. Die Schliessung sei auf wirtschaftliche Probleme zurückzuführen.
Allerdings stimmt auch, dass die Zeitung derzeit keine erkennbar sozialistische Orientierung mehr verfolgte und es somit schwer ist, eine Zielgruppe für das Medienprodukt zu definieren. Der desolate Zustand der Linken auch in Italien wirkt auch auf die sozialistische Presse zurück.
Im Februar noch hatte die L’Unità ihren 90. Geburtstag gefeiert. Heute ist sie mit mehreren leeren Seiten erschienen und der Schlagzeile: „Sie haben uns umgebracht!“
80 Zeitungsangestellte werden nun „in der Zeit einer schweren Krise im Mediensektor arbeitslos“, heisst es weiter. Die Gesamtauflage betrug in diesem Jahr rund 21.000 Exemplare.
Der Beschluss wurde am Dienstag von den Konkursverwaltern mitgeteilt. Seit April bezogen die Mitarbeiter und Journalisten des Traditionsblattes keine Gehälter und Honorare mehr. Sie hatten zuletzt an den Ministerpräsidenten Matteo Renzi (Partito Democratico) appelliert, die Zeitung zu retten.
In den vergangenen Wochen waren Gerüchte in Umlauf, denen zufolge einige Unternehmen die L’Unità übernehmen wollten, doch gingen keine überzeugenden Angebote ein.
In der L’Unità publizierten alle einschlägigen Intellektuellen Italiens, manche prominente Journalisten begannen dort ihre Karriere. Über die Jahre seit dem Niedergang der PCI kamen der L’Unità in stetigem Fall die Leser abhanden, über 260.000 waren es in Spitzenzeiten.
Die Mitarbeiter machen nun die ihr nahestehende Partei Partito Democratico von Regierungschef Matteo Renzi für das Aus verantwortlich.
Die beiden einzigen Tageszeitungen unter den Druckmedien, deren Auflagen in Italien derzeit steigen, sind Il Sole 24 Ore, das Wirtschafts- und Finanzblatt von Italiens Industrie- und Arbeitgeberverband Confindustria und L’Avvenire, die Tageszeitung der katholischen Bischofskonferenz. Diese Blätter verfügen über reichlich Werbeeinnahmen durch das Kapital und sind somit in der Lage, ihr Angebot stetig auszubauen.
Die traditionsreichste Zeitung Deutschlands, Die Rote Fahne, hatte bereits im Jahr 2000 als erste Zeitung in Deutschland vollständig auf Publikation im Internet umgestellt. Dieser Schritt konnte ihr das Überleben sichern, wenngleich auch lediglich mit sehr stark eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten.
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