D er gestrige Russland-EU-Gipfel in der Belgischen Hauptstadt Bruxelles (Brüssel) ist auf drei Stunden gekürzt worden – ein Minusrekord, berichtet heute die russische Zeitung Nesawissimaja Gaseta.
Experten sehen darin ein Anzeichen für enorme Spannungen in den Beziehungen zwischen Russland und der imperialen Institution EU (Europäische Union). Der russische Präsident Wladimir Putin musste sich auf eine „offene Diskussion“, wie sie EU-Parlamentspräsident José Manuel Barroso vor dem Treffen angekündigt hatte, gefasst machen. Eines der wichtigsten Themen war die Situation in der Ukraine.
Ende November kam es dort zur politischen Krise, nachdem sich Präsident Viktor Janukowitsch geweigert hatte, ein Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. Dafür hat Kiew von Moskau Finanzhilfen in Höhe von 15 Milliarden Dollar erhalten. Mittlerweile haben die Spannungen in der ukrainischen Hauptstadt einen neuen Höhepunkt erreicht.
Die EU-Imperialisten warfen Russland vor, die Ukraine und andere Länder, die am EU-Programm der sog. “Östlichen Partnerschaft” beteiligt sind, unter Druck zu setzen. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, wurden Putins Gespräche in Bruxelles auf drei Stunden gekürzt.
Das traditionelle Abendessen vor den Gesprächen wurde gestrichen.
„Die Reduzierung des zweitägigen Gipfels auf ein dreistündiges Gespräch zeugt davon, dass beide Seiten einverstanden sind: je kürzer die Verhandlungen sind, desto weniger Chancen bleiben auf einen Skandal“, sagte der Vorsitzende des Präsidentenrats für Aussen- und Verteidigungspolitik, Fjodor Lukjanow.
„Die Seiten wollten keine Dokumente unterzeichnen und hielten lange Debatten über die Probleme, die sie voneinander trennen, für sinnlos.“
Das Format des gestrigen Treffens ist nach Auffassung des Experten ein klares Signal dafür, dass Russland und die EU neue Themen brauchen. Das neue Partnerschaftsabkommen sollte nicht mehr im Mittelpunkt stehen. „Die Unterzeichnung dieses Dokuments zeichnet sich nicht einmal ab, weil die Seiten es für nicht so wichtig halten. Alle sprechen sich zwar dafür aus, aber das neue Abkommen ist keine Priorität.“
Der neue Grundlagenvertrag soll das Abkommen ablösen, dass 1997 in Kraft getreten und 2007 ausgelaufen war, sich jedes Jahr allerdings automatisch verlängert, solange kein neues Dokument unterzeichnet ist.
Der globale Imperialismus fordert eine Liberalisierung des gemeinsamen Handels und kritisiere Russlands Protektionsmaßnahmen, darunter die Einführung der sog. Abwrackgebühr für Importfahrzeuge, das Importverbot für Schweine und die Erhöhung der Importzölle für LKW aus einigen EU-Ländern.
Russland hat seinerseits viele Fragen zu dem sog. “Dritten Energiepaket” der EU, denn das Thema Energiewirtschaft ist im Zusammenhang mit dem neuen Grundlagenvertrag eines der wichtigsten.
Zudem wollte Moskau beim Gipfel ein Abkommen über die Visa-Erleichterungen mit den Schengener Staaten unterzeichnen. Die EU forderte jedoch zusätzliche Beratungen über das Dokument, das nach Einschätzung Russlands schon im Mai 2013 unterschriftsreif war.
Gleichzeitig geben die EU-Funktionäre der imperialen Rechten (= Kartell der bürgerlichen Parteien pro imperiale NATO/USA/EU) zu verstehen, dass eine Visafreiheit in absehbarer Zeit ausser Frage steht, weil Russland dafür erst viele Fragen auf Gebieten wie Menschenrechte, Migrationskontrolle und Korruptionsbekämpfung lösen müsse.
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow ist allerdings der Ansicht, dass die EU Fortschritte in der Visa-Frage absichtlich verzögert, um zunächst die Visumpflicht für die Mitgliedsländer der sog. “Östlichen Partnerschaft” abschaffen zu können.
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