Blockupy popularisiert imperiale NATO-Politik

Wie der Imperialismus (pseudolinken) Widerstand selbst inszeniert

- von Stephan Steins  -

D ie Desinformation der imperialen NATO-Hegemonie ist in Deutschland besonders stark. Das hat historische und geostrategische Gründe.
Heute ist die sog. Blockupy-Bewegung – ausweislich ihrer zentralen politischen Positionen – ein Instrument des globalen Imperia-lismus zur Desinformation, zur Verteidigung der imperialen Hegemonie und zur Kanalisierung sozialen Widerstandspotenzials.

Rückblick

Am 11. Mai 1945, drei Tage nach dem offiziellen Ende des zweiten Weltkrieges, gründete sich in Hamburg die Sozialistische Freie Gewerkschaft (SFG). Versammelt hatten sich rund 40 Sozialdemokraten und Kommunisten. Innerhalb weniger Wochen lagen etwa 50.000 Aufnahmeanträge vor.
Doch die Britischen Besatzungsbehörden verboten diese sozialistische Organisation bereits am 20. Juni 1945. [1]

Die Besatzungsmacht USA gründete und lenkte durch ihren Geheimdienst CIA, nachdem die echte, sozialistische Gewerkschaft verboten wurde, 1949 schliesslich den systemtreuen Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

Dieser Vorgang blieb jedoch nur einer unter vielen weiteren, welche die Identität des US-Vasallenstaates BRD determinieren sollten. Direkt nach Kriegsende begann somit der Einfluss der Siegermächte auf den demokratischen Wiederaufbau Deutschlands, genauer gesagt dessen Verhinderung.
Im Westen übernahm schliesslich der US-Geheimdienst CIA die führende Rolle bei der Manipulation, Finanzierung, Aufbau und Steuerung der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Organisationen, Strukturen und Medien in Deutschland.

Dokumentiert wird diese Entwicklung u.a. in der Phoenix-TV-Dokumentation “Germany made in USA – Wie US-Agenten Nachkriegsdeutschland steuerten”, die immerhin die Spitze des Eisbergs beleuchtet.

Germany made in USA – Wie US-Agenten Nachkriegsdeutschland steuerten

Bereits 1948, drei Jahre nach dem offiziellen Ende des zweiten Weltkriegs, schrieb die KPD in einer Erklärung zur politischen Lage:

„Die Einhaltung der Potsdamer Vereinbarungen durch die Westmächte hätte unserem Volk einen friedlichen wirtschaftlichen und politischen Aufstieg und seine Wiedereinreihung in die Völkerfamilie ermöglicht. (…)
Die Abkehr von Potsdam und die Einbeziehung eines Teils von Deutschland in den kapitalistischen Westblock finden ihren Niederschlag in den Londoner Sechsmächteempfehlungen vom Juni 1948. (…)

Mit der Schaffung des Besatzungsstatutes aber wird der Abschluss eines Friedensvertrages und damit der Frieden für ganz Deutschland auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben und der jetzige Zustand der nationalen Rechtlosigkeit verlängert. (…)

Damit wird Westdeutschland zu einer Domäne des USA-Monopolkapitalismus bei der Beherrschung Westeuropas und zum Sprungbrett seiner Expansionspolitik gegen den Osten.“

Ein Jahr später 1949 vollzogen die USA die Teilung Deutschlands, indem sie die BRD gründeten. Mit der Annexion der DDR durch den US-Vasallen BRD im Jahr 1990 steht die Forderung nach einem Friedensvertrag wieder auf der Tagesordnung.

Wo bitte gehts zur Front?

In der aktuellen Epoche lässt sich eine klare Frontlinie identifizieren; unabhängig von allen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen im Detail, stehen die Staaten und ihre Bürger heute am Scheideweg zwischen globalem Imperialismus und der Desintegration der bürgerlich demokratischen Republiken bis hin zur imperialen Diktatur – oder Rückbesinnung und Verteidigung der Normen des internationalen Völkerrechts.

Vergessen wir nicht zuletzt, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker als Maxime des internationalen Völkerrechts durch die sozialistische Arbeiterbewegung gegen die politische Rechte und den Imperialismus erkämpft wurde.

PCP – nationale Frage und Internationalismus

Statt also dem imperialistischen Kriege den Mantel der nationalen Verteidigung fälschlich umzuhängen, galt es gerade mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker und mit der nationalen Verteidigung Ernst zu machen, sie als revolutionären Hebel gegen den imperialistischen Krieg zu wenden.

Rosa Luxemburg

Die imperiale Oligarchie, politisch angeführt durch die USA und militärisch durch die NATO, kontrolliert die BRD und über die BRD die Institution EU (Europäische Union).

Die Schein-Gewerkschaften des DGB bilden seit ihrer Gründung durch die CIA eine tragende Säule bei der Aufrechterhaltung der bestehenden Ordnung. Generalstreik und jegliche entschlossene Kampfformen gegen den massiven Sozialabbau der vergangenen Jahrzehnte sind ihnen fremd.
Der DGB ergeht sich in alljährlicher Lohnpolitik-Folklore, ohne den Aufbau konsequenten Widerstandes voran zu treiben. Mit kapitalistischen Verbrechen wie dem Regime der Hartz IV-Gesetzgebung, einem Unterdrückungsinstrument des Kapitalismus, welches lang überwunden geglaubte Herrschaftsmuster antiker Sklavenordnungen wieder zur gesellschaftlichen Realität werden liess, hat sich der systemtreue DGB längst abgefunden.

Wer also in Deutschland nachhaltigen sozialen Widerstand organisieren möchte, ist gehalten, den Aufbau einer neuen sozialistischen Gewerkschaft voran zu treiben. Nur eine solche, in der Arbeiterschaft verankerte, konsequent und kontinuierlich arbeitende Organisation wird in der Lage sein, die zentralen kapitalistischen BRD-Strukturen anzugreifen und im Mark zu erschüttern.
Die Gewerkschaftsfrage bildet die Achillesferse in der Aufrechterhaltung der bestehenden kapitalistischen Ordnung. [2]

Genau dies gilt es für die Dienste der imperialen Desinformation zu verhindern und Widerstand, der sich, angesichts der national und international eskalierenden Situation, unweigerlich entwickelt, zu entschärfen und in kontrollierbare Bahnen zu lenken.
An diesem Punkt kommen vermeintliche “Bewegungen” wie Blockupy ins Spiel.

Das politische Ritual – Es fährt ein Zug nach Nirgendwo

Schauen wir uns die zentralen politischen Positionen von Blockupy an, identifizieren wir eine Übereinstimmung mit Geostrategie und Politik des transnationalen Imperialismus. Unserer Analyse liegt das neueste Blockupy-Dokument unter dem Titel „Protokoll der Europäischen Blockupy Aktionskonferenz vom 22.-24.11. in Frankfurt/Main“ zugrunde. [3]

Die kapitalismuskritischen Passagen, wie „Der Hauptfokus bleibt auf den Kampf gegen die EZB und die Troika-Politik gerichtet“, verblassen als Lametta, berücksichtigt man, dass Blockupy diese bezeichnenderweise nicht mit konkreten Forderungen nach Instrumenten, Strukturen, Organisationen oder Institutionen anreichert, die in der Lage wären, demokratische und soziale Politik real durchsetzen zu können.

So lesen wir bspw.: „Unser gemeinsames Ziel ist es, die Eröffnungszeremonie der EZB (Ende 2014) zu verhindern und ein starkes Zeichen des Widerstandes gegen die Troika-Politik zu setzen. Es ist unsere Party und wir werden ein “besonderes Event” daraus machen.“
Party statt Klassenkampf und Antiimperialismus macht Sinn, sofern man Idealismus und politische Handlungsbereitschaft vor allem junger Leute zwar bedienen, gleichwohl aber ins Leere laufen lassen will.

Es handelt sich einmal mehr um die, seit Jahren bekannte, Ritualisierung politischer Aktion, die in aller Regelmäßigkeit Aktionspotenzial verbrennt, ohne dabei eine konstruktive politische Strategie zu verfolgen. Erinnert sei bspw. an „Wir zahlen nicht für eure Krise“ und ähnliche Kampagnen in der vergangenen Dekade.

Wer auf der Party von Blockupy tanzt, der gibt den Pau­sen­clown der Bourgeoisie Das Photo zeigt die Vorsitzende der sog. Linkspartei Katja Kipping beim Flirt mit BRD-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf dem Bundespresseball in Berlin am 29.11.2013

Wer auf der Party von Blockupy tanzt, der gibt den Pau­sen­clown der Bourgeoisie
Das Photo zeigt die Vorsitzende der sog. Linkspartei Katja Kipping
beim Flirt mit BRD-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU)
auf dem Bundespresseball in Berlin am 29.11.2013

So nimmt es denn auch nicht wunder, dass systemtreue Organisationen der imperialen Rechten (= Kartell pro imperiale NATO/USA/EU) wie attac, DGB-Gruppen und Jusos auch diesmal wieder zu den Veranstaltern gehören.
Als Einzelpersonen werden die Vorsitzenden der pseudolinken sog. Linkspartei Katja Kipping und Bernd Riexinger angegeben.

Auch an anderer Stelle wird es nicht konkreter: „Unser gemeinsames Ziel ist es deutlich zu machen, dass Demokratie nicht in staatlichen Institutionen stattfindet, sondern vielmehr geschaffen wird in den Kämpfen, den Aktionen und den Versammlungen der Menschen auf den Strassen.“
Das ist schon rein sachlich falsch – und noch politisch dazu. Auf der Strasse kann man zwar Demokratie artikulieren, aber eben keine demokratischen Prozesse vollziehen. Oder will Blockupy – wer auch immer das ist – sich etwa über das Votum demokratischer Wahlen stellen, sei es jenen des bürgerlichen Parlamentarismus oder auch sozialistischer Räte?

Beschränkt man sich derart auf “die Strasse”, dann verkommt ein durchaus probates Kampfmittel zum eigentlichen Kampfziel – anders ausgedrückt: Der Motor soll nicht mehr den Wagen antreiben, sondern nur noch sich selbst – und somit wird der Bolide aus dem Rennen genommen.

Diese Stiftung politischer Verwirrung scheint jedoch durchaus gewollt. Gewürzt mit Hundertschaften polizeilicher Kampfeinheiten lassen sich so die gewünschten Medienbilder produzieren und der politisch unbedarfte Blockupyst wähnt sich bereits an vorderster Front der sozialen Revolution – steht jedoch in Wirklichkeit nur als Statist auf einer medialen Bühne, ohne auch nur für den Augenblick eines Wimpernschlages politische Handlungsfähigkeit erlangt zu haben.

In dem Dokument wird auch organisatorisches angesprochen: „Da wir ein transnationales Bündnis sozialer Bewegungen (oder gar ein Bündnis solcher Bündnisse) schaffen wollen, wollen wir eine Europäische Koordinationsstruktur schaffen, deren Aufgabe es ist, für einen tatsächlich transnationalen, partizipativen und transparenten Mobilisierungsprozess zu sorgen.“
Die angestrebte Organisation (Bündnis) soll also lediglich dem „Mobilisierungsprozess“ zur angekündigten „Party“ dienen, nicht jedoch dem Aufbau einer Kampforganisation, in welcher Form auch immer.

Blockupy und NATO fordern das Gleiche

Wirklich interessant wird es erst an der Stelle, an der harte, zentrale politische Aussagen postuliert werden:

„… werden wir eine eindeutige Kritik an Nationalismus, Antisemitismus, Rassismus und allen reaktionären Formen von Euroskepsis formulieren. Wir werden deutlich machen, dass Nationalstaaten, nationale Regierungen und das europäische Grenzregime genauso Gegner unseres Kampfes sind wie die Institutionen der Troika.“
Na also, geht doch, jetzt ist die Katze aus dem Sack!

Die hier verwendeten Begriffe werden nicht erläutert, bspw. wird „Nationalismus“ nicht als Chauvinismus definiert, „Antisemitismus“ nicht von Antizionismus, also Antifaschismus unterschieden und auch „Rassismus“ und „reaktionäre Formen von Euroskepsis“ bleiben in ihrer Bedeutung unbestimmt.
Da die Definitionen ausbleiben, müssen Leser davon ausgehen, dass diese Begriffe ebenso verwendet werden wie in den Mainstreammedien, mithin durch die imperiale Hegemonie.

Nun kommt unweigerlich die Frage auf, was veranlasst bspw. DGB-Gliederungen und die SPD-Jugend, um die beiden grössten Unterstützer-Gruppen zu nennen, „Nationalstaaten und nationale Regierungen“ als „Gegner unseres Kampfes“ auszumachen?
Richtig – irgendetwas kann doch da nicht stimmen. Das erklärt sich aber insofern, als diese systemtreuen Organisationen genau wissen, dass Blockupy ja schon rein konzeptionell gar keinen Anspruch auf politische Handlungsfähigkeit erhebt.
Da es sich, wie geschildert, um eine reine Veranstaltung zur Kanalisierung von Widerstandspotenzial handelt, kommt es den Strategen der NATO-Desinformation lediglich darauf an, Einfluss auf das politische und gesellschaftliche Bewusstsein von Menschen zu erlangen, die sich durch sozialistische Philosophie angesprochen fühlen.

Was meint die NATO-Desinformation, wenn sie von „Nationalismus“ spricht?
Sie zielt auf das internationale Völkerrecht und das Selbst-bestimmungsrecht der Völker, auf die souveräne Republik, sei diese eine bürgerlich demokratische oder sozialistische.

„Antisemitismus“ ist, wir wissen es, im Neusprech NATO-Kauderwelsch vor allem Kritik am Zionismus und Israel bzw. der Besatzung Palästinas.

„Rassismus“ ist nach imperialer Lesart, wenn das Selbstbestimmungsrecht der Völker dem globalen Imperialismus und der Masseneinwanderung als Instrument der Geostrategie im Wege steht.

„Reaktionäre Formen von Euroskepsis“ bedeutet nichts anderes, als dass die zentralistische Institution EU in sozialdemokratischer Manier “reformierbar” wäre und die EU in Gänze in Frage zu stellen, indem man die souveräne Republik verteidigt, eine “reaktionäre” Politik sei.

Die imperiale Hegemonie und Desinformation versucht heute, die nationale Frage zu “nazifizieren”, um den antiimperialistischen Widerstand zu diskreditieren. Die Gleichung lautet: Wer von der US-NATO-Doktrin abweicht, der ist ein Nationalist im chauvinistischen Sinne.
Man will das internationale Völkerrecht als Chauvinismus stigmatisieren – als ob kapitalistische Globalisierung und Imperialismus Segnungen eines solidarischen Internationalismus der Völker wären.

Sozialisten hingegen behandeln die nationale Frage so, wie dies die sozialistische Arbeiterbewegung stets getan hat, so im Kommunistischen Manifest von 1848 [4], dem Zimmerwalder Manifest von 1915 [5] oder dem KPD-Programm von 1930 unter dem Titel “Zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes”. [6]

Rechtsextremisten unterstützen Blockupy

Bei soviel Übereinstimmung von Blockupy mit der imperialen Doktrin bleibt Unterstützung von ganz rechts natürlich nicht aus.

So schreibt die rechtsextreme, zionistische Zeitung Jungle World:

„Nun ist es offiziell: Das Blockupy-Bündnis, bestehend aus attac, der Linkspartei, der interventionistischen Linken, dem Bündnis Ums Ganze, dem Erwerbslosenforum Deutschland, Occupy Frankfurt sowie Gewerkschaften und verschiedenen Jugend- und Studierenden-verbänden, will im kommenden Jahr die Eröffnungsfeier für das neue Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) stören. (…)

Das Plenum zeigte aber auch, dass inhaltliche Pluralität nicht immer von Vorteil ist. Ein Teilnehmer bezeichnete die „Finanzmärkte als Grund allen Übels“ und warnte davor, schon bald „Vasallen der Amerikaner zu sein“.
Dass solche Aussagen jenen Positionen nahe sind, von denen sich Blockupy eigentlich abgrenzen will, war ihm anscheinend nicht bewusst.
Für Blockupy sei es schliesslich wichtig, so Bruchmann, sich „explizit gegen eine rechtspopulistische EuropaKritik“ zu richten.“
[7]

Danke, wir haben verstanden. Diese Jungle World-Berichterstattung verdeutlicht einmal mehr, wie die NATO-Desinformation funktioniert, nämlich nach der Devise: Kannst Du eine Philosophie nicht eliminieren, dann definiere sie neu.
Verbalradikale Kapitalismus-Kritik dort, wo es den Herrschenden in Ermangelung von Kampforganisationen nicht weh tun wird, gepaart mit ideologischer Antonymisierung (Umkehrung, in das Gegenteil verkehren).

Wer auf der Party von Blockupy tanzt, der gibt den Pau­sen­clown der Bourgeoisie.

  1. Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter Sozialdemokraten (AvS) – Wegweiser zu den Stätten von Verfolgung und sozialdemokratischem Widerstand in Hamburg, Holger Mertens, Hrsg., Teil I S. 47: Die innere Stadt. Hamburg 2005
  2. Schluss mit System-Gewerkschaften und Einheits-Gewerkschaft! Für eine neue sozialistische Gewerkschaft!, Die Rote Fahne 07.04.2011
  3. Protokoll der Europäischen Blockupy Aktionskonferenz vom 22.-24.11. in Frankfurt, Blockupy 06.12.2013
  4. Manifest der Kommunistischen Partei, Karl Marx, Friedrich Engels, 1848
  5. Zimmerwalder Manifest, Internationale sozialistische Konferenz (Leo Trotzki) 1915
  6. KPD – Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes, Die Rote Fahne 24.08.1930
  7. Transnational enthusiastisch, Jungle World 28.11.2013

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