D ummerweise manövrierte US-Präsident Barack Obama sich in der wachsenden Syrienkrise selbst in ein Eck, indem er Fatwas über mythologische Rote Linien erliess. Als es dann darum ging, Farbe zu bekennen, blieb der silberzüngige Präsident verlassen im rauen Wind.
Obamas Friedensnobelpreis sollte widerrufen und stattdessen an Wladimir Putin verliehen werden.
Dazu eine Warnung an Obamas amateurhafte aussenpolitische Berater: „Spielt nicht Schach mit dem KGB!“
In der Tat schuldet Obama, der neulich den früheren KGB-Agenten Putin rüffelte, Russlands Führer ein „Bolshi Spaseba“ (grossen Dank) dafür, dass er in Syrien seinen Speck aus dem Feuer geholt hat. Brillant demonstrierte Putin der Welt den Unterschied zwischen Diplomatie und Gewalt, zwischen Degen und Totschläger.
Der US-amerikanische Zyniker Ambrose Bierce definierte einen Diplomaten treffend als „einen Patrioten, der bereit ist, für sein Land zu lügen.“
Wahr genug, aber Diplomatie ist das wesentliche Schmiermittel der internationalen Beziehungen. Seit der Bush-Administration wurde die US-Aussenpolitik immer mehr militarisiert und vom Pentagon bestimmt, während das Aussenministerium in den Hintergrund gedrängt wurde. Die USA sind süchtig geworden nach Kriegen und Schulden.
Die häufigen Drohungen und der Bombast der ehemaligen Aussenministerin Hillary Clinton – bspw. „den Iran zu verdampfen“, wenn er es wagte, Israel anzugreifen – wurden nahtlos weitergeführt durch John Kerrys verbale Attacken gegen Syrien.
Beide, Clinton und Kerry, wollen 2016 Präsident werden und spielen für wichtige potenzielle Geldgeber.
Es ist auch mühsam und verstörend, Obama und Kerry dabei zuzusehen, wie sie erregte Reden abliefern über arme syrische Babies, die von dem verruchten Bashar Assad vergast werden, einem ehemaligen Augenspezialisten, der wahrscheinlich lieber in London leben würde.
Was ist mit all den Babies, die in Afghanistan und im Irak umgebracht werden? Was mit diesen Killerdrohnen-Angriffen in Afghanistan, Pakistan, Jemen und Somalia? Was ist mit Vietnam? Nagasaki?
Bitte Schluss mit der künstlichen moralischen Erregung über syrische Babies oder lächerliche Behauptungen, dass Syrien die Vereinigten Staaten von Amerika bedroht. Erinnern Sie sich noch an die erfundenen Babies in Kuwait, die sich eine Werbeagentur in Washington ausgedacht hat?
Ägyptens von den USA ausgerüstete und finanzierte Armee hat gerade über 1.500 zivile Demonstranten niedergeschossen.
Die US-Amerikaner haben zu Recht die Nase voll von vergangenen Kreuzzügen und sind zunehmend desillusioniert von Präsident Obama und den zahmen US-Medien. Seine Unentschlossenheit und das Fehlen einer klaren Strategie haben ihn ausserordentlich unbeliebt gemacht.
Es gibt auch kein Kriegsgeschrei gegen Syrien in Britannien und Frankreich, wo die Regierungen versuchen, die Aufmerksamkeit von wirtschaftlichen Nöten dadurch abzulenken, dass sie gegen die Syrer zetern.
Als die Krise wuchs, hörten wir zunehmend patriotischen Quatsch über „amerikanischen Exzeptionalismus“, ein Slogan für US-amerikanischen Proto-Faschismus, für „Amerika über alles“. Beängstigender Tobak.
Präsident Putin warnte davor in einer prägnanten Analyse der Syrienkrise in der New York Times.
Auch der US-Kongress ist Präsident Putin grossen Dank schuldig. Hätte dieser nicht Obamas dumme Kriegspläne für Syrien kurzgeschlossen, dann wäre der Kongress gefangen gewesen zwischen den gegen den Krieg eingestellten US-Amerikanern und den bedeutenden Geldgebern der speziellen Interessen, die nach Krieg lechzen.
Die sensible Lösung der Krise um die syrischen Chemiewaffen – wenn ich jemals eine inszenierte Krise gesehen habe, dann diese – lässt neue Fragen aufkommen.
Was passierte mit der geplanten Syrien-Friedenskonferenz in Genf? Die wirkliche Frage dreht sich um die Beendigung dieses entsetzlichen Krieges, nicht um Chemiewaffen.
Weitere Fragen: Warum haben Syrien (und Ägypten) sich chemische Waffen zugelegt? Die Antwort ist: Als des armen Mannes Gegengewicht gegen Israels riesiges nukleares und chemisches Arsenal.
Sollte der Iran jemals beschliessen, Atomwaffen herzustellen, dann wird das aus demselben Grund sein. Warum also nicht die von den Arabern und vom Iran vorgeschlagenen Gespräche über einen atomwaffenfreien Mittleren Osten wiederbeleben, die immer wieder von den USA und Israel beiseite gewischt wurden?
Und schliesslich, was ist mit einem Palästinenserstaat? Viel von dem Lärm um den Iran und Syrien war darauf gerichtet, die Aufmerksamkeit von diesem wesentlichen Thema abzulenken, dem wesentlichen Element des Friedens im Mittleren Osten.
Vorläufig verdienen Wladimir Putin und sein ausgezeichneter Aussenminister Sergej Lawrow Hochrufe für ihre geduldige Diplomatie und das scharfsinnige Timing. Nebenbei bemerkt stammte die Idee, Syriens chemische Waffen zu entfernen, nicht aus einer unbedachten Bemerkung John Kerrys. Sie stammte aus Moskau.
So bekommen für die Handhabung einer Krise, die eine Neuauflage der kubanischen Raketenkrise hätte sein können, Putin und Lawrow eine 1+. Obama und seine verärgerten Berater bekommen eine 6- und die Weisung, einen Intensivkurs in Diplomatie zu machen.
Präsident Putin hat die USA gerade gezwungen, Russland mit der Achtung und Wertschätzung zu behandeln, die ihm als atomare Grossmacht zustehen, statt es als drittklassige Blini-Republik abzutun.
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