I n der EU (Europäische Union) ist Deutschland fast trauriger Spitzenreiter, wenn es um Niedriglöhne geht. Hierzulande arbeiten laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) fast ein Viertel der Beschäftigten für einen Lohn von weniger als 9,54 Euro pro Stunde.
Hierzu hat das IAB das Lohnniveau von 17 EU-Staaten auf Basis der EU-SILC-Querschnittsdaten 2011 ermittelt, die rund 80 Prozent der Bevölkerung sowie des Bruttoinlandproduktes der EU27-Staaten repräsentieren.
Als Niedriglöhner gelten diejenigen, die weniger als zwei Drittel des nationalen mittleren Lohns erhalten. In der BRD verdienen 7,1 Millionen Beschäftigte weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns, dies sind vor allem Frauen (32,4 Prozent) und Teilzeitbeschäftigte (40,1 Prozent).
Gerigqualifizierte sind die Ausnahme, da über 80 Prozent der Niedriglöhner über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen.
Die Lohnungleichheit ist in Deutschland mit 24,1 Prozent so hoch wie fast in keinem anderen Land der EU. Wie die statistische Auswertung des IAB zeigt, steht von den ausgewerteten 17 EU-Staaten nur noch Litauen schlechter als die Bundesrepublik da, wobei die Niedriglohngrenzen der Länder stark variieren und von 1,08 Euro pro Stunde in Bulgarien und 15,80 Euro pro Stunde in Dänemark reichen.
Niedriglohn bedeutet keinen Beschäftigungsgewinn
Nach Analysen des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist seit Mitte der 1990er Jahre ein Anstieg der Beschäftigten mit Niedriglohn zu verzeichnen.
Entgegen der Annahme, mehr Niedriglohn-Jobs würden für mehr Beschäftigung sorgen, bspw. weil auch Menschen mit Handicaps leichter eine Chance bekommen, ist ein Trugschluss.
Wie der IAB-Experte Thomas Rhein feststellt, gebe es hierfür keinen Beleg. Der Gegenteil ist der Fall, denn die Quote der Erwerbstätigen gehe sogar leicht zurück. „Dies würde dafür sprechen, dass eine erhöhte Lohnspreizung keine zwingende Voraussetzung für dauerhafte Erfolge am Arbeitsmarkt ist“, so Rhein.
Nach Meinung der IAB-Experten sei ein Grund der steigenden Lohnungleichheit der Mangel an tarifgebundenen Unternehmen. In individuellen Lohnvereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern komme es laut Studie häufiger zu niedrigeren Löhnen.
Lag der Anteil der Unternehmen mit Tarifverträgen im April 2012 nur noch bei 53 Prozent, waren es im Jahr 1996 noch 70 Prozent der Betriebe, die mit ihren Arbeitnehmern tarifgebundene Arbeitsverträge schlossen.
U.a. die Deregulierung der befristeten Beschäftigung und der Leiharbeit über die Einführung der Minijobs bis hin zu Hartz IV haben den Arbeitsmarkt “flexibilisiert” und den Druck auf Arbeitslose erhöht, auch gering entlohnte Arbeit anzunehmen, so die Annahme der Studie.
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