I n Deutschland durch die Mainstream-Medien der imperialen NATO weitgehend unbeachtet, findet seit Februar 2013 in Luxemburg ein Jahrhundertprozess statt.
Es geht um die “Bommeleeër-Anschläge”, bei denen in den 1980er Jahren Strommasten, Schwimmbäder und Gasstationen gesprengt wurden. Dann hörten die Attentate schlagartig wieder auf.
Der TV-Bericht aus der Sendung Kulturzeit von 3sat vom Dienstag (07.05.2013) geht dem Fall nach und fragt: Stecken geheime Strukturen dahinter?
Luxemburger Journalisten und der Anwalt der zwei angeklagten Polizisten, Gaston Vogel, listen immer mehr Indizien dafür auf, dass die Täter nicht einfache Kriminelle waren, sondern nur eine militärische Organisation dahinter stecken kann.
Lesern der Roten Fahne ist natürlich bekannt, dass die NATO im sog. Kalten Krieg in Europa Geheimarmeen unterhielt (und wahrscheinlich heute noch in veränderter Form), seinerzeit in Italien als GLADIO, in Deutschland als Stay-behind-Organisation bezeichnet.
„Könnten sie für die Luxemburger Attentate verantwortlich sein?“, diese und damit korrespondierende Fragen interessieren mittlerweile auch zunehmend Journalisten in bürgerlichen Medien.
Ein deutscher Zeuge, der jüngst vor dem Luxemburger Gericht aussagte, bestätigt genau das. Der Anwalt der Angeklagten hält ihn für glaubwürdig, der renommierte GLADIO-Experte, Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser fordert eine genaue Untersuchung der Aussagen, die auch das Münchner Oktoberfest-Attentat betreffen.
Dr. Ganser zu den aktuellen Vorgängen in Luxemburg:
Man wusste seit 1990, dass die NATO auch in Luxemburg eine Geheimarmee unterhielt und dass diese durch den SREL, den Geheimdienst in Luxemburg, koordiniert wurde. Angenommen werden konnte auch, dass es internationale Kooperation gab.
Das entspricht dem europäischen Muster. Als 1990 in Italien Premierminister Andreotti die Geheimarmee GLADIO in Italien als erster enthüllte, waren auch andere Länder gezwungen, das Geheimnis zu lüften.
Die Geschichte ist interessant. Ich habe Andreas Kramer auch in der Schweiz getroffen, als er seine Geschichte der Schweizer Zeitung Tageswoche erzählte. Nun muss man die Kramer-Geschichte mit Quellen prüfen, die von Kramer unabhängig sind, um herauszufinden, was wahr ist. Ideal wären natürlich schriftliche Dokumente, aber die sind selten in diesem Gebiet. Er sagt ja, sein Vater Johannes Kramer habe beim BND gearbeitet und sei dort für die Stay-behind-Operationen zuständig gewesen.
Nun müsste der BND Dokumente vorlegen und über die eigene Stay-behind-Geschichte berichten.
Das Problem ist aber, dass sich die NATO weigert, zum Thema Stellung zu beziehen. Ich habe vor vielen Jahren über die Schweizer Botschaft die NATO um Auskunft zum Thema Stay-behind gebeten. Vergeblich.
Auch die CIA und der britische MI6 mauern. Ich habe vor vielen Jahren über das Freedom-of-Information-Gesetz (FOIA) in den USA die Herausgabe von CIA-Dokumenten zu Stay-behind verlangt, doch ohne Erfolg. Zuerst wurde meine Anfrage abgewiesen. Als ich Berufung einlegte, wurde sie angenommen, aber auf die lange Bank geschoben.
Weder die NATO noch die CIA klären die betroffenen Demokratien über die Geheimarmeen auf.
Aber ebenso wie die CIA hat der BND seit 1990 immer wieder gemauert. Man will bis heute nicht über die NATO-Geheimarmeen sprechen, vor allem nicht über die Verbindung zu Terror und die Präsenz von Rechtsextremen in der Geheimarmee.
Und dies, obschon das EU-Parlament bereits 1990 eine Aufklärung über die NATO Geheimarmeen forderte.
Die Sache ist brisant, weil Andreas Kramer behauptet, die deutsche Stay-behind-Armee habe den Terroranschlag 1980 auf das Münchner Oktoberfest ausgeführt und sein Vater sei direkt beteiligt gewesen.
Wenn das stimmt, geht es hier um Staatsterrorismus. Das muss untersucht werden, so viel steht fest.
Kramer behauptet auch, sein Vater sei in die Terroranschläge in Luxemburg involviert gewesen. Nicht nur das Gericht in Luxemburg, sondern auch Journalisten und Historiker fragen sich nun: Stimmt das alles? Ich weiss es nicht. Aber prüfen muss man es auf jeden Fall.
→ Zschäpe-Prozess ist kein NSU-Prozess, 06.05.2013
→ Die NATO und ihre Geheimarmeen
Vorlesung von Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser an der Universität Basel
→ GLADIO – NATO-Geheimarmeen in Europa, SWR, arte TV Dokumentation
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