E in Arbeitslosengeld II-Empfänger (Hartz IV) aus Hohen Neuendorf (Brandenburg) hat sich erfolgreich gegen die zu niedrigen Richtwerte für Wohnkosten im Landkreis Oberhavel zu Wehr gesetzt.
Vor dem Sozialgericht Neuruppin schlossen das Jobcenter und der Hilfeempfänger im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens einen Vergleich, wonach das Jobcenter dem 44-Jährigen die Unterkunftskosten auf Basis des Wohngeldgesetzes zuzüglich zehn Prozent Sicherheitszuschlag zu gewähren hat.
Laut „Handlungsrichtlinie zur Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Umsetzung des SGB II und des SGB XII“ aus dem Jahr 2008 wollte das Jobcenter zunächst monatlich 136,80 Euro weniger für Miete erstatten.
Doch das Jobcenter kann nur auf Wohnungen verweisen, die tatsächlich angeboten werden.
Selbst die Handlungsrichtlinie sieht im Falle einer nachgewiesenen Unmöglichkeit einer Kostensenkung die Zahlung höherer Unterkunftskosten vor. Die mehrmaligen Hinweise darauf hatte das Jobcenter jedoch beharrlich ignoriert.
Der Mann hatte mit insgesamt 96 vergleichbaren Wohnungsangeboten in einem Zeitraum von acht Monaten mehr als ausreichend nachgewiesen, dass in dem für ihn geltenden örtlichen Wohnungsmarkt keine freie Wohnung zur Verfügung stand, die den Angemessenheitsvorstellungen des Jobcenters entsprachen.
Die Richter liessen auch durchblicken, dass sie die Handlungsrichtlinie dem Grunde nach für unwirksam halten. Sie widerspricht so ziemlich allem, was die ständige Rechtssprechung des Bundessozialgerichts fordert, argumentiert auch der Leistungsempfänger.
Ihr liege kein qualifiziertes Datenmaterial zugrunde, es gebe methodische Mängel und sie sei insbesondere völlig veraltet.
Er rät deshalb allen von einer Mietkürzung betroffenen Bürgern fleissig Wohnungsanzeigen zu sammeln, gegen den Bescheid fristgerecht Widerspruch einzulegen und darin die Erstattung der tatsächlichen Mietkosten zu fordern, und notfalls auch einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht zu suchen.
Stand Januar 2012 gab es in Oberhavel 10.512 Bedarfsgemeinschaften, die Grundsicherung erhalten, knapp 9.500 davon wohnen zur Miete.
(Sozialgericht Neuruppin, Az. S 17 AS 1410/12 ER)