D ie Marke Pussy Riot kann sich als kommerziell einträglich erweisen, allerdings nicht für lange, schreibt heute die russische Zeitung Moskowskie Nowosti.
Die verurteilten Pussy-Riot-Mitglieder, so ihre Anwälte, lassen sich den Bandnamen als Marke eintragen, um sich vor Provokationen zu schützen. Wenn die Frauen mit ihrem Namen Geld machen wollen, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, meinen Experten.
Das Thema der Patentierung von Pussy Riot als Brand (Marke) hatte dieser Tage der Anwalt von Nadeschda Tolokonnikowa, Mark Fejgin, aufgegriffen.
Der Antrag auf Markenschutz sei bereits im April gestellt worden, als die Gruppe noch relativ unbekannt war.
„Die Teilnehmerinnen an dem ‚Punk-Gebet‘ entschieden, den Namen der Gruppe für sich zu schützen, nachdem sie erfahren hatten, dass ein Studio einen gleichnamigen Pornofilm herausgeben wollte“, so die Moskowskie Nowosti.
Fejgin zufolge dachte damals angeblich niemand an einen kommerziellen Nutzen, die Frauen „wollten sich nur gegen Provokationen absichern“. Aber auch heute, wo die Band Weltruhm erlangt hat, habe Pussy Riot nicht vor, den Namen zu Geld zu machen.
„Wir werden unser Recht auf die Marke nur geltend machen, um ihre Verwendung für allerlei undurchsichtige Projekte zu verhindern. Z.B. werden wir nicht erlauben, dass unter der Marke Pussy Riot Präservative verkauft werden“, sagte der Anwalt von Tolokonnikowa.
Auch werde man nicht zulassen, dass sich jemand durch den Verkauf von Tassen, T-Shirts und Balaklawas mit dem Namen und der Symbolik der Band bereichere. „Gleichzeitig werden wir in keinster Weise der Gratis-Verbreitung dieser Waren entgegenwirken, wenn diese zur Unterstützung der jungen Frauen geschieht“, so Fejgin.
In Nowosibirsk hat man indes den Markenwert von Pussy Riot bereits auf eine Million US-Dollar eingeschätzt, schreibt die Zeitung weiter. Die Anwälte von Irina Rusankina, einer der anerkannten Geschädigten nach der Punk-Performance in der Erlöser-Kathedrale, wollen die geforderten Kompensationszahlungen aus den Autorinnenhonoraren der Gruppe erstreiten.
Laut Rechtsanwalt Alexej Krestjanow ist Pussy Riot eine teure Marke. „Sie reisen dann nach Kanada aus und werden dort in Saus und Braus leben, während die Marke selbst – meinen Angaben nach – eine Million Dollar wert ist. Eine Welttournee könnte ihnen Unsummen an Geld einbringen“, zitiert die Zeitung eine Aussage des Anwalts gegenüber der Agentur Interfax.
Um mit der Marke Pussy Riot die Millionen, die sie tatsächlich wert sein könnte, auch wirklich zu scheffeln, ist Experten zufolge rasches und richtiges Handeln angesagt.
Der Präsident der Marketingforschergilde, Igor Beresin, meint, es wäre das Naheliegendste für die Gruppe, ihre Memoiren herauszugeben und zwar sofort, vom Gefängnis aus.
„Es besteht das Risiko, dass in einem halben Jahr bereits alle diese Geschichte vergessen haben. Wenn sie in anderthalb-zwei Jahren aus dem Gefängnis kommen, bestehen kaum noch Chancen auf Erfolg, der Zug wird abgefahren sein“, äusserte der Marketingexperte.
Sofia Kodsowa, Literatur-Redakteurin in einem russischen Verlag, ist nicht überzeugt, dass die Memoiren von Pussy Riot das Potential zum Kassenschlager haben: „Das Buch würden, denke ich, wahrscheinlich viele der Teilnehmer an den Oppositionsdemos und eventuell auch die entschlossensten Gegner der verurteilten Frauen kaufen. Aber solche Menschen gibt es nicht so viele.
Für den Massenleser in Russland ist das Phänomen Pussy Riot nicht besonders interessant“, so Kodsowa.
Marketing-Experte Viktor Tamberg sieht die Aussichten für das Brand Pussy Riot weitaus günstiger: „In erster Linie sind das natürlich Media-Produkte: Bücher mit ihren Erinnerungen, Dokumentar- und Spielfilme, Musik- und Kunstfestivals, die mit dem Thema Pussy Riot spekulieren, und vieles mehr.
Im Westen, wo der Bekanntheitsgrad der Marke Pussy Riot grösser ist als in Russland, würde auch Kleidung mit der Symbolik der Gruppe gut gehen.“
Das skandalträchtige Image, Protest und Aufstand – das alles seien Dinge, die sich gut verkaufen. Die Nachfrage nach Pussy-Riot-Souvenirs, egal welchen, wird laut Tamberg noch mindestens ein Jahr lang anhalten.
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→ Pussy Riot, die unglückseligen Betrogenen der US-amerikanischen Hegemonie, 23.08.2012