F rage: Dürfen Hartz IV-Opfer Gemälde in einem Lokal ausstellen, um diese der Öffentlichkeit zu präsentieren? Antwort: Natürlich darf man das, schliesslich ist jeder Betroffene per Eingliederungsvereinbarung sogar verpflichtet, alles ihm mögliche zu unternehmen, um seine prekäre Lage zu beenden.
Selbstverständlich müssen dabei erzielte Einnahmen dem Jobcenter gemeldet werden, ansonsten kann jeder Bürger in seiner Freizeit machen, was er will, dachte bis vor kurzem ein Hartz IV-Betroffener aus Berlin.
Doch anscheinend sieht das das Jobcenter in Berlin-Pankow etwas anders.
Harald S. aus Berlin berichtet
Im vergangenen Juni habe ich einige meiner Gemälde in einem Berliner Lokal ausgestellt, welches vorwiegend von Touristen besucht wird. Es handelte sich wohlgemerkt nicht um eine Verkaufsausstellung, sondern lediglich um eine Werkschau – die Bilder waren nicht mit Preisen versehen und ich hatte auch nicht die Absicht, diese zu verkaufen.
Lediglich ein Hinweisplakat zu meinem Internetauftritt bei einem Onlinegaleristen, bei dem man on demand prints (Kunstdrucke auf Bestellung) erwerben kann, stellte ein Verkaufsangebot dar. Diese Seite betreibe ich nunmehr seit etwa drei Jahren, ich habe dort inzwischen wenige Drucke verkauft, die gesamte Verkaufsprovision beträgt inzwischen etwa 96 Euro.
Diese wurde jedoch bislang nicht ausbezahlt, somit habe ich auch noch keine meldepflichtigen Einnahmen erzielt.
Dubiose Anrufe von der Behörde?
Kurz vor Ende der Ausstellung erhielt ich zwei etwas dubiose Anrufe, einen von einem angeblichen Kaufinteressenten, der sich für ein bestimmtes Bild interessierte, sich dann aber auch nicht mehr meldete, einen anderen von einem Herren, der angeblich die Bilder fotografieren wollte, ohne mir einen Grund dafür zu nennen.
Zu beiden Personen ist kein weiterer Kontakt zustande gekommen.
Daher staunte ich nicht schlecht, dass ich etwa eine Woche nach Beendigung der Werkschau zum ersten Juli kein Geld vom Jobcenter auf meinem Konto vorfand. Als ich anderntags das Jobcenter aufsuchte, um mich nach dem Verbleib meines Geldes zu erkundigen, wurde ich unter einem Vorwand (angeblich fehlte eine Betriebskostenabrechnung die ich längst vorgelegt habe) an die Leistungsabteilung verwiesen.
Dort angekommen, fiel ich erst mal aus allen Wolken: „Ja Herr S., erzählen Sie mal , wie war das am 18. Juni im „Mein Haus am See“, als sie dort unseren Aussendienstmitarbeiter angetroffen haben? Sie haben doch auch einen Internetauftritt?“
Als ich ihm erklärte, dass ich an betreffendem Datum überhaupt nicht an betreffendem Ort war, und ich auch keinen Aussendienstmitarbeiter des Job Center getroffen hätte, und weiter mitteilte, dass ich bisher durch meinen Internetauftritt keine nennenswerten Einkünfte erzielt hätte, wurde er plötzlich ganz freundlich.
Er bot mir an, einen Teilbetrag in bar sofort auszuzahlen und versprach, den Rest sofort auf mein Konto und die Miete an meinen Vermieter zu überweisen, was bisher ebenfalls nicht geschehen war.
Es wurde auch keinerlei Sanktion gegen mich verhängt, und ich dachte, der Fall sei damit erledigt.
Wenige Tage später hatte ich aus anderen Gründen einen Termin bei meiner Fallmanagerin. Ich schilderte ihr in Anwesenheit eines Zeugen nochmals den gesamten Sachverhalt und belegte meine Aussagen mit Dokumenten, aus denen eindeutig hervorgeht, dass ich mit meinem Internetauftritt bislang keine meldepflichtigen Einnahmen erzielt habe.
Als ich den ominösen „Aussendienstmitarbeiter“ erwähnte, lenkte sie sofort ab und mutmasste, ich sei wahrscheinlich von einem meiner Nachbarn angezeigt worden, in schweren Zeiten wie diesen könne man leider keinem mehr über den Weg trauen, der Sachverhalt sei für sie aber soweit erledigt.
Selbiges dachte ich auch, da ich bis dato immer noch keine Post mit einem Anhörungsbogen oder eine weitere Vorladung erhalten habe.
Noch immer kein Geld obwohl keine Sanktion verhängt wurde
Am 31. Juli 2012 wurde ich wiederum eines besseren belehrt. Obwohl noch immer keine Sanktion angekündigt oder gar verhängt wurde, war nicht, wie sonst üblich bereits Geld auf dem Konto, also rief ich beim Jobcenter an.
Mir wurde mitgeteilt, dass gegen mich keine Sanktion verhängt worden sei und somit das Geld eigentlich überwiesen hätte werden müssen. Der Fall werde „unverzüglich an die Leistungsabteilung weitergeleitet“.
Bei meinem erneuten Anruf, am Freitag, den 03. August wurde mir mitgeteilt, das Geld sei nun überwiesen, ich könnte mit dem Zahlungseingang innerhalb der nächsten drei bis fünf Werktage rechnen.
Nun sitze ich zuhause, mein Kühlschrank ist so leer wie mein Portemonnaie, ich bin stinksauer und fühle mich genau so behandelt, wie man es eigentlich aus zeitgenössischen Spielfilmen über die ehemalige DDR kennt, und warte auf mein Geld, das mir bereits seit einigen Tagen zusteht.
Ich frage mich, wie diese Behandlung mit der im Grundgesetz verankerten Menschenwürde und dem Grundrecht auf freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit zu vereinbaren ist!
Muss man als Künstler künftig permanent damit rechnen, von den Behörden gegängelt zu werden, nur weil man es wagt, seine Werke öffentlich zur Schau zu stellen? Ist die Freiheit der Kunst nicht auch meine Freiheit als Künstler?