B etroffene können sich gegen eine solche Zwangsverrentung zur Wehr setzen. Ein Aufforderung zum Rentenantrag ist nämlich nur dann zulässig, wenn das Jobcenter im Rahmen einer Ermessensentscheidung geprüft hat, ob es überhaupt auffordern soll, eine Altersrente zu beantragen.
Diese Pflicht gilt zudem zusätzlich zu den Bestandsschutzregeln (SGB II §65 Absatz 4) und den Ausnahmeregelungen der Unbilligkeitsverordnung.
Viele Jobcenter beachten diese Regelungen nicht und gehen oftmals einfach nach dem “Schema F”" vor. Eben jene Nichtbeachtung der Ermessensausübung kann aber zur Gegenwehr eine gute Angriffsfläche bieten.
Zwar steht die Pflicht eine Ermessensentscheidung zu treffen nicht ausdrücklich im Gesetz, die ergibt sich jedoch indirekt.
Betroffene können demnach mit folgenden Argumenten sich wehren: Die Jobcenter “können” (gleich Ermessensentscheidung) für Hartz IV-Bezieher einen Antrag auf eine vorrangige Sozialleistung (hier die Altersrente) stellen, sofern der Arbeitslosengeld II-Bezieher trotz Aufforderung einen solchen Antrag nicht stellt (§ 5 Absatz 3 S. 1, SGB II).
Daraus folgt aber, dass schon die Aufforderung an einen Leistungsbezieher, eine Rente zu beantragen, einer Ermessensentscheidung bedarf. Andernfalls wären Leistungsbezieher benachteiligt, die der Aufforderung nachkommen und eine Rente beantragen.
Denn dann würde überhaupt keine Ermessensentscheidung stattfinden, während in dem Fall, dass ein Leistungsberechtigter die Aufforderung des Jobcenters ignoriert und das Jobcenter selbst die Rente beantragen will, eine Ermessensentscheidung verpflichtet ist.
Diese Auffassung wird auch durch das Hessische Landessozialgericht (AZ: L 7AS 88/11 ER) sowie von der Richterin am Bundessozialgericht, Sabine Knickrehm (Knickrehm in Eichler/Spellbrink, SGB 2, § 5 Rn. 32) vertreten.
Daher ist davon auszugehen, dass diese Rechtsauffassung zur „vorgezogenen Ermessensausübung“ durchsetzbar ist. Vergleiche auch hierzu die Urteile des Sozialgerichtes Dortmund AZ: S AS 5469/11 ER und Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen AZ: L 19 B 371/09 ER.
Betroffene in konkreten Situationen können demnach gegen die Aufforderung des Jobcenters fristgerecht einen Widerspruch einlegen. Beim Sozialgericht kann dann die Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt werden.
Bei Bedarf: Zusätzlich fristgerecht Klage gegen den Ablehnungsbescheid des Jobcenters erheben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragen.
Wer sich unsicher ist, sollte zuvor einen Rechtsanwalt konsultieren oder eine Erwerblosen-Initiative vor Ort befragen.