J obcenter-Chef Thomas Lenz und Sozialdezernent Stefan Kühn präsentieren der Wuppertaler Öffentlichkeit ein Bild der Verwaltungsumstellung im Jobcenter, das sich mit der Realität vieler Hartz-IV-Beziehenden nicht im Geringsten deckt.
Systematisch werden Softwaredefizite, Pannen und Bearbeitungsrückstau unter den Teppich gekehrt.
Nicht genug, dass die seit Februar versendeten Leistungsbescheide für einen Laien kaum zu verstehen sind und Anträge sowie Widersprüche oft monatelang unbearbeitet bleiben beziehungsweise ohne nachvollziehbare Begründungen abgelehnt werden.
„Das Jobcenter bringt es selbst bei Aufstockern nur selten fertig, korrekt und zügig zu arbeiten“, berichtet Frank Jäger, Sozialberater beim Verein Tachels. „Aufstocker, das sind Hinzuverdienende, die oft für nur ein paar hundert Euro im Monat arbeiten gehen, um weniger vom Staat und mehr von selbst geleisteter Arbeit zu leben“.
Der finanzielle Anreiz, für sich und die Seinen etwas dazuzuverdienen, ist ohnehin gering: Wer beispielsweise 500 Euro verdient, darf davon gerade einmal 180 Euro behalten, der Rest wird beim Arbeitslosengeld II angerechnet.
Hinzu kommt, dass die für Hartz-IV-Beziehende infrage kommenden Jobs oft nicht mit einem festen Monatsgehalt, sondern auf Stundenbasis entlohnt werden.
„Manchmal ist es sogar ‚Arbeit auf Abruf‘, so dass monatelang überhaupt nichts verdient wird“, erläutert Jäger. „Das Jobcenter setzt aber regelmäßig einen höheren Einkommensbetrag an und senkt die monatlichen Zahlungen entsprechend ab.“
So muss jeden Monat aufs Neue der Weg zum Jobcenter angetreten werden. Der ist aber meist vergeblich, denn seit Anfang 2012 können die Sachbearbeiter/-innen an ihren Arbeitsplätzen offensichtlich keine Bescheide mehr erstellen, weil es massive Probleme mit der neuen Software gibt.
Diese werden ergänzt durch das alte Problem, dass Unterlagen (wie etwa Lohnabrechnungen) oft unwiederbringlich verloren gehen, wenn sie „einfach“ in den Jobcenter-Briefkasten geworfen werden.
„Wir raten daher Schreiben und Nachweise persönlich gegen Eingangsbestätigung im Jobcenter abzugeben“, so Jäger. Aber auch das sei keine Garantie für zügige Bearbeitung. „Im Ergebnis warten die Hinzuverdienenden monatelang vergeblich auf eine korrekte Bewilligung und haben dann oft weniger zum Leben, als wenn sie nicht arbeiten gehen würden.“
Der Verein Tacheles fordert in einem ersten Schritt, dass das Jobcenter bestehende Probleme bei der Leistungsbewilligung offen benennt. Schliesslich sei bei der Verwaltungsumstellung der neuen Anstalt des öffentlichen Rechts unter Verantwortung der Stadt Wuppertal längst nicht alles paletti.
„Mit Schönrederei löst man aber die Probleme nicht. Hier ist ein sensibler Umgang mit existenziellen Bedürfnissen der Leistungsberechtigten und vor allem die Bereitschaft zum Dialog gefragt“, erklärt Harald Thomé, Vorsitzender von Tacheles.
„Dafür stehen wir als Ansprechpartner zur Verfügung“. Keinesfalls dürften Betroffene immer wieder vertröstet oder gar mit faulen Ausreden getäuscht werden.