W er bekommt den “Goldenen Windbeutel” 2012? Einen Monat lang können Verbraucher auf der Internetseite abgespeist.de darüber abstimmen, welches Produkt eines Lebensmittelherstellers die dreisteste Werbelüge des Jahres darstellt.
Die Verbraucherorganisation foodwatch hat fünf Produkte nominiert:
• Becel pro-activ von Unilever, das Medikament zum Aufs-Brot-Schmieren: Eine Margarine mit hochkonzentriert zugesetzten Pflanzensterinen, die den Cholesterinspiegel senkt.
Trotz aller Hinweise auf Risiken und Nebenwirkungen und völlig unklarer Langzeitfolgen verkauft Unilever das Produkt frei für jedermann im Supermarkt. Und nimmt damit in Kauf, dass auch Gesunde ohne Not an ihren Blutwerten herumdoktern.
Zudem ist der Nutzen von Becel pro-activ ungeklärt – denn ob der Verzehr tatsächlich zu weniger Herzinfarkten führt, hat Unilever nicht einmal untersucht.
Oliver Huizinga von foodwatch: „Becel pro.activ sollte nur auf Rezept und in der Apotheke verkauft werden.“
• Teekanne Landlust Mirabelle & Birne, das Land-Imitat vom Fliessband: „Wie aus dem eigenen Garten“? Von wegen! Bei dem Teekanne-Produkt handelt es sich um einen Standard-Industrie-Früchtetee, der nur teurer verkauft wird.
Ohne Aromen würde der Tee auch nicht nach Mirabelle schmecken: Denn die haben es nur als Abbildung auf die Packung, nicht aber in den Teebeutel geschafft.
Oliver Huizinga von foodwatch: „Ist der Schwindel erst entlarvt, herrscht statt Landlust nur noch Landfrust bei den Teekanne-Kunden.“
• Viva Vital Hackfleisch-Zubereitung mit pflanzlichem Eiweiss von Netto Marken-Discount, das gestreckte Hack: 30 % Fleisch werden ersetzt durch billiges, mithilfe von Weizen schnittfest gemachtes Wasser.
Die laut Werbehinweis „30 % weniger Fett“ sind damit keine Besonderheit, sondern logische Folge des Streckens – und rechtfertigen keineswegs den Preisaufschlag von mehr als 30 % gegenüber reinem Hack bei Netto.
Zudem ist der Hinweis irreführend: Im Vergleich mit frischem Hack von Bedien-Theken, wo in der Regel magereres Fleisch verwendet wird, hat das gestreckte Produkt sogar meist mehr Fett und nicht weniger.
Oliver Huizinga von foodwatch: „Hier geht es nicht um weniger Fett oder eine Reduktion des Fleischkonsums, sondern schlicht um mehr Brutto für Netto.“
• Clausthaler Classic von Radeberger, das “alkoholfreie” Bier mit Alkohol: Enthält 0,45 Vol.-Prozent Alkohol, weshalb das Gebräu in anderen Ländern auch korrekt als „low alcohol“ (alkohol“armes“) Bier gekennzeichnet ist.
Nur dort, wo kein Gesetz die Schummelei mit der “alkoholfrei”-Etikettierung verbietet, verkauft Redeberger seine Kunden für dumm.
Oliver Huizinga von foodwatch: „Clausthaler ginge so einfach schwindelfrei: Mit der Bezeichnung ‚alkoholarm‘.“
• Hipp Instant-Tees Früchte, Waldfrüchte und Apfel Melisse, die Zuckertees für Kleinkinder: Werden von Hipp ab dem 12. Lebensmonat empfohlen.
Doch die Instant-Zucker-Tees bringen es auf umgerechnet zweieinhalb Stück Würfelzucker pro 200-Milliliter-Tasse.
Das ist nicht nur überflüssig, weil es Tee auch ungesüsst gibt – es widerspricht auch allen Empfehlungen für die Ernährung von Kleinkindern.
Und es passt ganz und gar nicht zum Anspruch von Unternehmenschef Claus Hipp, der sich für die Herstellung „gesunder“ und „kindgerechter“ Produkte „verbürgt“.
Oliver Huizinga von foodwatch: „Um Profit zu machen, dient Hipp Eltern Zuckertee als empfehlenswertes Kindergetränk an. Verantwortliches Marketing sieht anders aus.“
Die Internet-Abstimmung läuft bis zum 18. Juni 2012 auf → abgespeist.de, dem foodwatch-Portal gegen Etikettenschwindel.
Der “Goldene Windbeutel” wird 2012 zum vierten Mal vergeben. Die bisherigen Gewinner: Milch-Schnitte von Ferrero (2011), Monte Drink von Zott (2010), Actimel von Danone (2009).