D as russische Wirtschaftsministerium hat eine bereits von der Regierung gebilligte Prognose 2013/2015 veröffentlicht, schreibt heute die Zeitung Wedomosti.
Die Prognose enthält zwei Entwicklungsszenarios: ein mäßig optimistisches und ein konservatives. Ein optimistisches Szenario wird beim Haushaltsentwurf verwendet. Der Staat muss sich mehr für das Investitionsklima tun und das Wirtschaftswachstum fördern.
Bei einem konservativen Szenario werden die Haushaltsausgaben sinken. Zum Jahr 2015 soll ein Nulldefizit erreicht werden. Die staatliche Investitionsnachfrage wird aber stagnieren. Das Wachstumstempo wird durchschnittlich um 0,4 Prozentpunkte sinken.
Teures Öl wird die Wirtschaft kaum beleben. Falls der Preis der Ölsorte Urals 2012/2013 bei 125 Dollar liegen würde und 2014/2015 auf 115 bis 120 Dollar sinkt, wird das Tempo des BIP-Wachstums um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte höher als bei einem Basisszenario sein.
Zum Jahr 2015 wird es ebenso hoch sein, obwohl der Unterschied beim Ölpreis 16 Dollar ausmacht. Teurer werdendes Öl sei kaum noch attraktiv für die ausländischen Investoren, stellte das Ministerium fest.
Zudem werde das teure Öl den Rubel stärken (bis 27,5 Rubel für einen US-Dollar 2012/2013). Dies würde zu mehr Importen führen und die Wirtschaftsentwicklung bremsen.
Der Rückgang der Ölpreise würde die russische Wirtschaft stärker beeinflussen. Das Ministerium hat ein „Stress-Szenario“ ausgearbeitet, das einen Schock-Einfluss des Preisrückgangs auf 80 Dollar 2013 mit einem anschliessenden Anstieg auf 82 bis 85 Dollar testet.
Ein weiterer Schlag würde eine nachlassende Nachfrage nach russischem Gas in Europa sein. Das Angebot auf dem europäischen Markt wächst.
Das könne zur Preissenkung, Revision der langfristigen Verträge und zum Wachstum von Verkäufen auf dem Spot-Markt führen, stellte das Ministerium fest.
Auch wenn Russland den Kapitalabfluss und einen Rückgang der Kredite bei sinkenden Ölpreisen verhindert, werden die Risiken für das Bankensystem, die Zahlungsbilanz und die Zuversicht in der Wirtschaft steigen.
Nach der Stärkung des Rubels danke des teuren Öls 2012 wird die Nationalwährung mit 32 Rubel für einen US-Dollar schwächer sein.
Die Inflationsrate wird auf acht bis zehn Prozent steigen. Dies würde das Wachstum der realen Einkommen auf 1,8 bis 3,3 Prozent statt der geplanten 4,5 bis 5,2 Prozent verlangsamen. Darauf folgt die Stagnation der Nachfrage.
Der Einzelhandelsumsatz wird um 2,6 Prozentpunkte und die Investitionen um 4,5 Prozentpunkte niedriger als bei einem Basisszenario sein. Das Tempo des BIP-Wachstums soll im nächsten Jahr von 3,4 (im Jahre 2012) auf zwei Prozent sinken. 2014/2015 wird es erneut bei 3,5 bis vier Prozent liegen.
„Für einen Ölpreisrückgang auf 80 Dollar sind ausserordentliche Umstände wie ein radikaler Rückgang der Nachfrage (beispielsweise im Fall einer Weltkrise) oder ein unkontrollierbares Wachstum des Angebots nötig“, sagte Valeri Nesterow, Analyst von Trojka Dialog.
Laut Julia Zepljajewa, Chefvolkswirtin von BNP Paribas, gibt es selbst trotz einer geringen Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem starken Rückgang der Ölpreise kommt, ausreichend Gründe, um sich Sorgen zu machen.
Russland sei weiter zu sehr vom Öl abhängig. Vor kurzem seien 80 Dollar ein akzeptabler Preis gewesen. Die Differenz zwischen den gesamten Haushaltseinnahmen und den Einnahmen aus der Öl- und Gasbranche sei von 3,5 Prozent des BIP 2006 auf 10,6 Prozent des BIP 2012 gestiegen, so die Expertin.