D er Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Klage der Angehörigen der 1940 beim polnischen Dorf Katyn erschossenen polnischen Offiziere auf eine Ausgleichzahlung zurückgewiesen, heisst es in einer Mitteilung des russischen Justizministeriums vom Montag.
Am Montag hatte der EGMR seinen Beschluss zur Klage gegen Russland bekanntgegeben. Das Gericht stellte fest, dass Russland gegen Artikel drei der Europäischen Menschenrechtskonvention (Verbot der Folter) verstoßen hatte, indem die russischen Behörden einige Hinterbliebene ungenügend über das Schicksal ihrer Angehörigen informiert haben.
Das Gericht enthielt sich jedoch einer Entscheidung zu der Klage auf Verletzung des Artikels zwei (Recht auf Leben).
„Der Europäische Gerichtshof wies auch die Forderung der Antragsteller nach einer gerechten Ausgleichszahlung zurück“, heisst es in der Mittelung ferner.
Die sowjetischen Behörden hatten mehrere Jahrzehnte lang ihre Teilnahme am Massaker von Katyn – einer Massenvernichtung von polnischen Kriegsgefangenen und Beamten auf dem Territorium der UdSSR, darunter in den Gebieten Smolensk und Kalinin (heute Twer) sowie in der Ukraine und in Weissrussland – geleugnet.
1944 schob eine sowjetische Kommission, geleitet vom Akademiemitglied Burdenko, den deutschen Nazis die Schuld für das Massaker in die Schuhe.
1990 verbreitete jedoch die russische staatliche Nachrichtenagentur TASS eine Erklärung, dass der Fall Katyn „eines der schwersten Verbrechen des Stalinismus“ sei.
Laut einem offen gelegten Geheimbericht des KGB-Chefs Alexander Schelepin aus den 50er Jahren waren im Rahmen eines Einsatzes des sowjetischen Geheimdienstes NKWD (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten der UdSSR) gemäß einem Beschluss des ZK der Kommunistischen Partei vom 05. März 1940 rund 22.000 der aus Polen deportierten Militärs und Beamten erschossen worden.
Der Fall Katyn erschwerte seit Jahren die Beziehungen zwischen der UdSSR bzw. Russland und Polen.
Russland stellte die Ermittlungen zum Fall Katyn, die über lange Zeit geheim gehalten wurden, 2004 „wegen dem Tod der Schuldigen“ ein.
2010 veröffentlichten die russischen Behörden elektronische Kopien von Originaldokumenten über die erschossenen Polen und übergaben Kopien von 148 Bänden Untersuchungsmaterial an die polnische Seite.
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