A m Mittwoch hat der 52jährige Hartz IV-Betroffene Michael E. seinen politischen Hungerstreik erfolgreich beendet. Wir berichteten darüber, dass das Jobcenter Herrn E. die kompletten Leistungen als „Sanktion“ strich und eine Bedarfsgemeinschaft unterstellte, obwohl mit der Mitbewohnerin nur ein Untermietverhältnis besteht.
Nach einem Gespräch mit dem Teamleiter des Jobcenter Speyer wurde die Wohngemeinschaft mit einem schriftlichen Vermerk anerkannt, so dass nunmehr für Michael E. kein Grund mehr besteht, die Verweigerung der Nahrungsaufnahme fortzusetzen.
So lautete der Vermerk des Jobcenters: „Herr E. wohnt mit Frau X in einer Wohngemeinschaft. Es handelt sich nicht um eine eheähnliche Gemeinschaft. Jeder hat ein Zimmer, ein drittes Zimmer ist ein Gemeinschaftsraum, der mal zusammen, mal auch alleine genutzt wird. Die Küche und Bad sind zur gemeinsamen Benutzung. Jeder wirtschaftet und sorgt für sich selbst. Jeder kauft für sich ein. Herr XXX erhält von seiner Mitbewohnerin keinerlei Unterstützung (und hat auch keinen Anspruch darauf).“
Ebenfalls wurde der Klageantrag beim zuständigen Sozialgericht Speyer durch den Anwalt des Betroffenen zurück genommen. Offensichtlich konnte der öffentliche Druck in diesem Fall einiges bewirken, wenn gleich auch ein Hungerstreik mit erheblichen gesundheitlichen Gefahren verbunden ist und deshalb von vielen Menschen nicht ganz unkritisch betrachtet wird.
„Oft bleibt den Betroffenen kein anderer Weg, um sich Gehör zu verschaffen“, erklärt Sebastian Bertram von gegen-hartz.de. „Hartz IV Bezieher besitzen in diesem Land nun mal keine Lobby.“
Hiermit dokumentieren wird die abschliessende Erklärung des ehemaligen Hunderstreikers Michael E.:
„Ich möchte mich bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern herzlich bedanken. Ich hätte nicht mit so einer enorm grossen Solidarität gerechnet, die wie eine Welle über mich geschwappt ist. In diesem meinem Falle zeigt sich, dass Widerstand notwendig wird, wenn Leib und Leben und Fortbestand einer Wohngemeinschaft gefährdet sind.
Mein allergrösster Dank gilt allen Bloggerinnen und Bloggern, die meinen Eintrag auf meinem Blog durch Verlinkung, Trackbacks und eigens verfasste Blogeinträge unterstützt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben. Ausdrücklich bedanken möchte ich bei der Zeitung Die Rheinpfalz, die mit ihrem Artikel dazu beigetragen hat, meinen politischen Hungerstreik und den Grund meines politischen Hungerstreiks bekannt zu machen.
Einen besonders herzlichen Dank an die Redakteurinnen und Redakteure des Südwestrundfunks (SWR 4), im besonderen einer Reporterin des SWR 4, die mich um ein Radiointerview gebeten hat. Durch dieses Interview, das im Rahmen einer Sendung als redaktioneller Teil sozusagen, enthalten war, wurde mein Problem einer grossen Anzahl von Bürgern dargestellt.
Weiter meinen allergrössten Dank an die Redaktion von gegen-hartz.de und alle weiteren unzähligen Online-Redaktionen, die sich mit solidarisch mit Veröffentlichungen zur Seite gestellt haben. Ausdrücklich im Einzelnen möchte ich mich bedanken bei meiner Mitbewohnerin, die sich in einer bewundernswerten Art und Weise bis zur totalen Erschöpfung für den Weiterbestand der Wohngemeinschaft eingesetzt hat.
Zum Letzten möchte ich meinem Haustier danken, das mit grosser Empathie und Mitgefühl sich um mich bemüht hat.
Noch ganz zum Schluss erwähnt gilt mein Dank der Fraktion Die Linke im Bundestag, sowie allen Linken und den von Die Linke mir empfohlenen Rechtsanwalt. Dieser, mein, Fall, zeigt ganz deutlich, wie sehr der Gesetzgeber mit diesem Gesetz die Jobcenter sowie die Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem SGB II unter Druck setzt.
Deshalb ist es sicher angebracht und an der Zeit, eine Klage beim Bundesverfassungsgericht zu diesem Thema gegenständlich zu machen, um diesen Zustand zu beseitigen.
Mein Anwalt und ich werden gemeinsam prüfen, ob wir gegen diese Thematik beim Bundesverfassungsgericht Klage erheben. Letztendlich ist und bleibt Hartz IV ein unmenschliches Konstrukt, das Menschen entrechtet, gängelt, diskriminiert, schikaniert, ausgrenzt sowie in meinem Fall, Grundrechte sowie Menschenrechte auf übelste Weise verletzt.
Hartz IV muss weg, und zwar schneller, als es gekommen ist. Wir brauchen in unserer modernen Zeit, in der immer mehr Menschen überflüssig werden, dringend einen anderen kulturellen Ansatz, der durchaus aus einem bedingungslosen Grundeinkommen im Finalen, oder durch eine repressionsfreie Grundsicherung im Jetzigen ersetzt wird. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Gez. M.E.
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→ Hartz IV: Hungerstreik aus Verzweiflung, 17.04.2012