D ie Verbraucherorganisation foodwatch hat Brauereien aufgefordert, ihren Etikettenschwindel mit der Bezeichnung „alkoholfreies Bier“ zu beenden.
Anders als der Hinweis vermuten lässt, sind nahezu alle „alkoholfreien“ Biere nicht frei von Alkohol, sondern lediglich alkoholreduziert.
„Wo alkoholfrei drauf steht, darf auch kein Alkohol drin sein“, erklärte Oliver Huzinga von foodwatch.
foodwatch hat heute auf → abgespeist.de eine eMail-Aktion an Marktführer Clausthaler (Radeberger-Gruppe) gestartet, bei der Verbraucher die Kennzeichnung des Alkoholgehalts und die Bezeichnung als „alkoholarmes“ statt „alkoholfreies“ Bier verlangen können.
Bei Clausthaler Classic (Alkoholgehalt 0,45 Volumenprozent) ist die Irreführung besonders eklatant: Die Marke wirbt mit dem Gewinn des “World Beer Awards” – auf den Internetseiten des internationalen Wettbewerbs jedoch ist das Clausthaler-Produkt nicht mit der für den deutschen Markt verwendeten „alkoholfrei“-Auszeichnung abgebildet, sondern etikettenschwindelfrei mit der englischen Bezeichnung „low alcohol“ (wenig Alkohol).
„Anderswo verkauft Radeberger sein Clausthaler ohne Weiteres mit ehrlichen Etiketten – es gibt keine Rechtfertigung dafür, den Kunden auf dem Heimatmarkt unter irreführenden Angaben Alkohol einzuschenken“, so Oliver Huizinga von foodwatch.
Dass die Verbraucher die Bezeichnung „alkoholfrei“ für alkoholhaltige Biere als irreführend ansehen, hat bereits im Jahr 2007 eine Umfrage der Warsteiner-Brauerei gezeigt.
Darin heisst es: „63,2% der Befragten sind der Meinung, dass Bier, das laut Etikett als alkoholfrei ausgewiesen ist, auch tatsächlich keinen Restalkohol enthalten sollte. Schliesslich greifen sie zu dieser Alternative, weil sie in bestimmten Situationen absolut keinen Alkohol zu sich nehmen wollen.
Umso verständlicher, dass sich 80,8% der Befragten durch die Bezeichnung ‚alkoholfrei‘ in die Irre geführt fühlen.“
Doch selbst bei Warsteiner (Eigenwerbung: „Das einzig Wahre“) führte das fünf Jahre nach der Umfrage nicht zu einem wahrheitsgemäßen Etikett – auch die Brauerei aus dem Sauerland bezeichnet ihr lediglich alkoholreduziertes Bier als „alkoholfrei“.
Gesetzlich geregelt ist die Bezeichnung „alkoholfreies Bier“ nicht. Der Gesetzgeber duldet sie jedoch für Biere mit einem Alkoholgehalt von unter 0,5 Volumenprozent.
Erst von 1,2 Volumenprozent an müssen die Hersteller in Deutschland den genauen Alkoholgehalt angeben. In Grossbritannien dagegen dürfen nur Biere mit weniger als 0,05 Volumenprozent Alkohol als „alcohol-free“ (alkoholfrei) bezeichnet werden.
Manche Biermarken wie Becks (Anheuser-Busch-InBev-Konzern) stellen sich auf die unterschiedlichen Regelungen ein und verkaufen in Grossbritannien ein als „alkoholfrei“ bezeichnetes Bier mit weniger als 0,05 Prozent, in Deutschland dagegen eines mit einem höheren Alkoholgehalt.
Dass es möglich ist, vollständig alkoholfreies Bier herzustellen, zeigt die Bitburger-Brauerei mit ihrem Bitburger alkoholfrei 0,0 %.
Sollten die Brauereien ihre irreführende Kennzeichnung nicht abstellen, sieht foodwatch die Bundesverbraucherministerin am Zug, so Oliver Huizinga: „Wo ‚alkoholfrei‘ drauf steht, darf auch kein Alkohol drin sein – das kann Ilse Aigner ganz einfach mit einer ministeriellen Verordnung durchsetzen.
Die deutschen Brauereien warten offensichtlich auf ein Machtwort der Ministerin.“