R uhestand statt Pause: Alle 13 Monate werden die AKW in Japan zwecks Wartung heruntergefahren. Erst wenn die lokal zuständigen Behörden zustimmen, dürfen die Meiler wieder angefahren werden. Nach der Fukushima-Katastrophe haben die Behörde diese Erlaubnis nicht mehr erteilt.
Die Folge: Von 50 AKW in Japan produzieren derzeit nur drei Strom. Ab Mai 2012 – wenn auch diese drei AKW in die Wartung müssen – könnte dann gelten: Japan ist atomstromfrei.
Nach Fukushima berurteilt die japanische Öffentlichkeit Atomkraft deutlich kritischer als in den Jahren zuvor. Dem muss auch die japanische Regierung Rechnung tragen, wenngleich Ministerpräsident Yoshihiko Noda – im Gegensatz zu seinem → Vorgänger Naoto Kan – einen Atomausstieg ablehnt.
Die Regierung macht dabei einen unbeholfenen Eindruck: Am Dienstag hat Nodas Kabinett beschlossen, die Laufzeiten japanischer AKW auf 40 Jahre zu begrenzen. Doch der vorliegende Gesetzentwurf erweist sich als Mogelpackung: Denn unter bestimmten Bedingungen können alte AKW nochmals 20 Jahre Zuschlag bekommen.
Ängstliche Bemühungen der japanischen Regierung
Der Gesetzentwurf des Kabinetts sieht ausserdem eine Verlegung der Atomaufsichtsbehörde NISA aus dem Wirtschafts- und Industrieministerium unter neuem Namen in das Umweltministerium vor.
Eine gebotene Maßnahme, da das Wirtschaftsministerium der Atomindustrie ungebührlich nahesteht. Dass sich der Filz auf diese Weise rückstandslos beseitigen lässt, ist indessen zweifelhaft.
Die → Mainichi Daily News kommentiert:
„Weil sich viele Mitglieder der neuen Behörde wahrscheinlich aus der NISA rekrutieren, sind besondere Maßnahmen notwendig, um die Unabhängigkeit der neuen Körperschaft zu gewährleisten.”
Die Regierung in Tokio bemüht sich um Glaubwürdigkeit in ihrer Atompolitik und will daher alle Atomkraftwerke nach den obligatorischen Revisionen zusätzlichen Stresstests unterziehen. Die Ergebnisse der Stresstests sollen von der Nuclear Safety Commission of Japan (NSC) überwacht werden.
Mindestens zwei Mitglieder der NSC, darunter der Vorsitzende, haben jedoch in der Vergangenheit → Zuwendungen von der Atomindustrie erhalten.
Greenpeace-Aktivisten protestierten deshalb während einer Anhörung der Kommission im japanischen Industrieministerium mit Bannern und der Botschaft: „Stresstests zu verkaufen”.
Fragwürdige IAEA-Bewertung
Um die Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen zu unterstreichen, hatte die japanische Regierung auch die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) zu einer Überprüfung der Stresstests eingeladen. Die IAEA-Inspektoren sind jetzt zwar zu dem Fazit gekommen, dass die Stresstests den Standards der IAEA entsprechen.
Doch das hat nicht viel zu bedeuten: Der wenig aussagekräftige → Abschlussbericht der IAEA passt zu dem allgemeinen Befund, dass die IAEA AKW-Betreiber und Aufsichtsbehörden stets mit Samthandschuhen anfasst und höchstens vorsichtige Empfehlungen ausspricht
Japan zeigt der Welt derzeit, wie verzichtbar Atomkraft ist. Vor der Atomkatastrophe von Fukushima hatte das Land 54 Atomkraftwerke in Betrieb, die 30 Prozent des Strombedarfs Japans deckten. Dieser Anteil ist auf 3 Prozent geschrumpft.
Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital begreift den rasanten Ausstieg daher vor allem als riesige Chance für den Umstieg auf eine erneuerbare Energieversorgung:
„Auch wenn der schnelle Ausstieg aus 54 Reaktoren in einem Jahr etwas zusätzliche fossile Brennstoffe und ein teilweise unangenehmes Einsparen erfordert, kann Japan bis 2020 dennoch etwa 25 Prozent seiner CO2-Emissionen reduzieren und etwa 43 Prozent der Stromerzeugung durch Erneuerbare Energie produzieren.”
Wie das Energieszenario der Zukunft für Japan konkret aussehen könnte, hat Greenpeace in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Dachverband für Erneuerbare Energien in einer
→ Länderanalyse der “energy [r]evolution” für Japan (PDF) zusammengefasst.