D as Bundessozialgericht in Kassel wird am 25. Januar 2012 in Sachen Einhalten des Datenschutzes bei Hartz IV durch Sozialbehörden ein interessantes Urteil fällen. Ein Jobcenter-Mitarbeiter hatte im “Rahmen der Amtsermittlung” den Hartz IV-Bezug der Kläger an Dritte offenbart, so der Vorwurf.
Im vorliegenden Fall macht ein Ehepaar, das von Hartz IV Leistungen abhängig ist, die Verletzung datenschutzrechtlicher Regelungen durch das zuständige Jobcenter geltend. Vorangegangene Klagen vor dem Sozialgericht und vor dem Landessozialgericht waren gescheitert.
Mit der Berufungsklage vor dem Bundessozialgericht in Kassel rügen die Kläger eine Verletzung von § 35 Abs 1 SGB I ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Das Jobcenter hatte die Daten der Kläger während einiger Telefonaten weitergegeben.
Die Eltern bewohnten mit ihren Kindern und weiteren Angehörigen bis Ende Februar 2008 ein 125 qm großes Haus im Landkreis Emmendingen. Das Mietverhältnis wurde gekündigt, woraufhin die Kläger eine neue Bleibe suchten und fanden.
Um die erforderliche Mietkaution aufzubringen, beantragten sie ein Darlehen bei dem zuständigen Jobcenter, weil die Kaution in Höhe von 1.700 Euro aus den regulären Hartz IV Leistungen nicht zu bewerkstelligen sei.
Den Antrag lehnte das Jobcenter mit der Begründung ab, die Kläger könnten die Kaution aus dem ersten Mietverhältnis verwenden. Doch die Mietkaution für das bislang bewohnte Haus konnte die Familie nicht aufbringen, weil dieses bislang nicht ausgezahlt sei und erst nach einer sechsmonatigen Prüfungsfrist der ehemaligen Vermieterin zur Verfügung stehe.
Um aber das neue Haus beziehen zu können, wandten sich die Kläger an den alten Vermieter, vertreten durch ein Haus- und Grundbesitzerverein, mit dem Betreff “Leistungen nach dem SGB II im Mietverhältnis”. Darin bat die Familie mit Angabe der bisherigen Adresse um Mitteilung des Termins zur Auszahlung und Höhe der Kaution.
Anruf beim alten Vermieter durch das Jobcenter
In der Folgezeit fanden mehrere Telefonate zwischen dem Jobcenter und dem Haus- und Grundbesitzerverein statt. Darin informierte sich der Jobcenter-Mitarbeiter nach eigenen Angaben über den Sachstand. Weiterhin beantragte die Familie beim Jobcenter einen Schrank für die Kinder, da kein Schrank zur Verfügung stand und in dem alten Haus Einbauschränke noch vorhanden waren.
Auch daraufhin rief ein Sachbearbeiter der Hartz IV-Behörde bei dem alten Vermieter an und telefonierte in diesem Fall mit dem Ehemann der Vermieterin.
Hohn und Spott wegen Hartz IV
Die Kläger sehen in dem Hinterher-telefonieren eine deutliche Verletzung des Sozialdatenschutzes. Denn erst durch die Anrufe des Jobcenters sei die ehemalige Vermieterin auf den Hartz IV Bezug aufmerksam geworden. Nunmehr seien die Kläger nach eigenen Angaben “dem Hohn und Spott der Familie der ehemaligen Vermieterin ausgesetzt.” Gerade in ländlichen Gegenden ist der Hartz IV Bezug für viele ein Makel.
Daraufhin verklagte die Betroffenen das Jobcenter, um per Gericht feststellen zu lassen, dass die Behörde durch sein Verhalten unbefugt Sozialgeheimnisse offenbart hat. Das Sozialgericht sowie das Berufungsgericht (Landessozialgericht) hatten die Klage bereits abgewiesen.
Eine Revision wurde beim Bundessozialgericht zugelassen. Schließlich habe eine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung stattgefunden, in dem der Sachbearbeiter des Jobcenters ohne die Zustimmung der Kläger im Zuge der Amtsermittlung Daten an Dritte weitergegeben hat und somit den Hartz IV Bezug der Familie offenbarte. “Eine Rechtsgrundlage für die vorgenommene Offenbarung ihrer Sozialdaten sei nicht ersichtlich.”
Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen: Az.: B 14 AS 65/11 R geführt. Über den Ausgang werden wir berichten.