B undesverbraucherministerin Aigner will für regionale Produkte ein sogenanntes „Regionalfenster“ mit Angaben zur Herkunft einführen. Die Verwendung soll aber freiwillig bleiben. Lebensmittelhersteller können also weiter ganz legal von Regionalität oder Heimat fabulieren – und das „Regionalfenster“ einfach nicht verwenden.
Eine solche Regelung bringt keinerlei Fortschritt für Verbraucher.
Lebensmittel aus der Region: Lebensmittelhersteller wissen, dass viele Verbraucher beim Einkauf auf Produkte aus der Region Wert legen – und werben deshalb mit einem regionalen Bezug oder mit schwammigen Begriffen wie „Heimat“. In ihrer der Produktdarstellung und Werbung werden dabei häufig auch eine besondere Qualität, Ursprünglichkeit oder bessere Tierschutzstandards suggeriert.
Doch ob die Versprechungen stimmen und ob die Produkte überhaupt aus der Region kommen, können die Verbraucher bisher in der Regel nicht nachvollziehen.
„Regionalfenster“ soll Verbraucher informieren
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) kündigte nun an, für mehr Transparenz zu sorgen: „Verbraucher müssten beim Blick auf die Verpackung erkennen können, warum ein Hersteller sein Produkt ‘regional’ nennt“, so die Ministerin laut einer Pressemitteilung des Bundesministeriums.
Dafür wolle sie ein sogenanntes „Regionalfenster“ einführen, in dem für jede Zutat einzeln transparent gemacht wird, aus welcher Region sie zu welchem Prozentsatz stammt.
Kennzeichnung soll freiwllig bleiben – Regionalschwindel geht weiter
Was die Ministerin nur nebenher erwähnt: Die angekündigte Regional-Kennzeichnung sollen Hersteller nur freiwillig verwenden können – und genau hier liegt das Problem. Solange die Regelung freiwillig bleibt, können Lebensmittelhersteller weiter ganz legal von Regionalität oder Heimat fabulieren, und das „Regionalfenster“ eben einfach nicht verwenden.
Verbraucher werden damit also in vielen Fällen nach wie vor nicht erkennen, wo ein Produkt wirklich herkommt. Schinken aus dänischer Massentierhaltung kann weiterhin ganz legal als “Schwarzwälder Schinken” verkauft werden, Gurken, die den Spreewald nie gesehen haben, stehen nach wie vor als “Spreewaldgurken” im Supermarktregal, ohne eine Angabe zur Herkunft der Rohstoffe auf der Verpackung.
Echte Verbesserungen in Europa verhindert
Frau Aigner lobt ihre eigenen Pläne zur Regionalkennzeichnung jetzt als Schritt zu „mehr Transparenz und mehr Klarheit“. Einen echten Fortschritt in Sachen Transparenz hat sie aber erst vor einem halben Jahr in Brüssel verhindert.
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wollten damals weitgehende Pläne zur Herkunftskennzeichnung durchsetzen. Nach ihrem Willen sollte es etwa verpflichtende Herkunftsangaben für Milch und Milchprodukte sowie für Produkte, die hauptsächlich aus einer Zutat bestehen.
Bei Fleisch und Fisch sollte es auch dann Angaben zur Herkunft geben, wenn diese in verarbeiteten Produkten stecken.
Die Lebensmittelindustrie reagierte empört, der Lobbyverband BLL kritisierte die Entscheidung des Parlaments in einer Pressemitteilung als „unpraktikabel und unverhältnismäßig“ und forderte eine „Folgenabschätzung“.
Mit Erfolg: Die guten Vorschläge des Europäischen Parlaments wurden von Frau Aigner und dem Ministerrat weggewischt, beschlossen wurde zunächst eine „Folgenabschätzung“.
Stattdessen präsentiert die Ministerin nun eine freiwillige Lösung als großen Fortschritt, den Herstellern nur ein zusätzliches Marketinginstrument in die Hand gibt, für die Verbraucher aber nichts verändert.
Verpflichtende Herkunftsangaben bei Regionalbezug
foodwatch fordert: Verbraucher müssen erkennen können, wo ein Produkt wirklich herkommt. Wenn ein Hersteller in irgendeiner Form mit einem regionalen Bezug oder mit einem Begriff wie „Heimat“ wirbt, muss er verpflichtet werden anzugeben, wo genau die Hauptzutaten herkommen – und zwar direkt vorne auf der Packung.