D ie Europäer feiern den Krisengipfel in Brüssel als “historischen Triumph”, schreibt die Zeitung “Moskowskije Nowosti” am Montag. Die Anti-Krisen-Initiativen von “Merkozy” wurden von allen EU-Mitgliedsländern außer Großbritannien akzeptiert. London ist dadurch in Isolation geraten.
Maßnahmen zu einer neuen Wirtschaftspolitik und zur Verschärfung der Finanzdisziplin sind dringend nötig. Es stellt sich jedoch die Frage: Ist es nicht zu spät für solche Maßnahmen?
Der Merkozy-Plan sieht vor, dass den EU-Behörden mehr Gewicht bei einigen Fragen zugesprochen wird. Wenn unter der Mehrheit der EU-Länder Einigkeit bei einem Thema herrscht, sind sie beschlussfähig. Im Grunde handelt es sich um eine Föderalisierung, die schon einmal in der EU-Verfassung verankert hätte werden sollen, was jedoch gescheitert war.
Ein solches Projekt hätte in den späten 1990er Jahren große Erfolgschancen gehabt, als die europäische Integration ihren Höhepunkt erlebte. Die Stimmung ist allerdings gekippt. Die EU-Länder befürchten eine Auflösung der Union. Die EU-Bürger verstehen nicht, was eigentlich vor sich geht und ob die ergriffenen Maßnahmen sinnvoll sind.
Die Menschen haben kein Vertrauen zu den Entscheidungsträgern, die sie kaum überzeugen können, dass sich alles zum Guten wendet.
Das führt seinerseits dazu, dass in vielen Ländern euroskeptische rechtsnationale Parteien die Wahlen gewinnen. Denn die Nationalisten sehen in der Integration und Offenheit ein Grund für die Einwanderung.
So sind nun einmal die Bedingungen, unter denen der neue EU-Vertrag ratifiziert werden muss. Selbst eine vorläufige Vereinbarung dürfte nur mit großen Mühen erreicht werden. Ob deren Ratifizierung durch die einzelnen EU-Länder zustande kommt, steht auf einem anderen Blatt.
Zahlreiche Probleme sind dabei vorhersehbar, denn der neue Vertrag betrifft viele souveräne Rechte der EU-Länder. In einigen Ländern könnte über den Vertrag bei Volksentscheiden entschieden werden, was die Situation mit Sicherheit erschweren wird. Griechenlands Ex-Premier Giorgos Papandreou sorgte für große Verärgerung, als er per Volksentscheid über den EU-Rettungsschirm entscheiden lassen wollte.
Es ist fraglich, ob die Staats- und Regierungschefs, die den neuen Vertrag befürwortet haben, sich tatsächlich an die strengen Regeln halten werden. Einige rechnen wohl nicht damit, dass der Vertrag zustande kommt, oder hielten es einfach nicht für nötig, dagegen zu stimmen. Nur der britische Premier David Cameron scherte aus der Reihe, weil vielen Briten die Dominanz Deutschlands und Frankreichs zuwider ist.
Londons Veto war erwartbar. Damit scheint sich die Verkleinerung der EU in Gang gesetzt zu haben.