D ie behandelten Themen haben im vergangenen Jahr die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen, und zu hitzigen Debatten vor allem auf Microblogs geführt.
Ziel der Diskussion am runden Tisch ist es, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für diese Themen voranzubringen sowie sexuelle Rechte und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Im Anschluss an die Diskussion veröffentlichte das Gremium eine Erklärung, wonach die drei wichtigsten Themen des Jahres Sexualerziehung, der Umganng mit der Gruppe der LGBT (Lesbian, Homosexuell, Bisexuelle und Transgender) und häusliche Gewalt in China sind.
Umstrittene Sexualerziehung
Als ein hartnäckiges Problem im Laufe der Jahre hat sich die schulische Sexualerziehung erwiesen, erklärt Fang Gang, Direktor des Institute of Sexualities und Gender Study an der Beijing Forestry University, der Gastgeber und Organisator der Podiumsdiskussion zu Beginn dieses Monats war.
Im August wurde versuchsweise ein Sexualkundebuch für Grundschüler in Beijing veröffentlicht, das anhand von Zeichnungen Geschlechtsverkehr erklärt und mit Texten den Vorgang der Empfängnis erläutert. Einige Leute beschimpften das Lehrbuch als übermäßig deutlich und nannten es sogar pornografisch, und viele Eltern waren besorgt, dass es vielleicht die Kinder negativ beeinflussen könne.
Die öffentliche Diskussion über die Frage versteifte sich vor allem auf die dargestellte sexuelle Physiologie, während die Tatsache, dass die Schulbücher Kinder auch Respekt und Verantwortung sowie die Gleichstellung der Geschlechter lehren, und nicht zuletzt, sich selbst zu schützen, wurde völlig übersehen.
“Obwohl es eine hitzige Debatte in den Medien gegeben hat, haben wir die Kinder nicht wirklich gefragt, welche Art von Sexualerziehung sie wollen oder brauchen”, sagte Hou Wenjun, eine Lehrerin am Zentrum für Sexualität und Geschlechtererziehung in Beijing. Hou sagte, sie sei überrascht, wieviel Kinder heute über Sex wissen im Vergleich zu früher.
In einem damit in Zusammenhang gebrachten Fall wurden mehr als 20 Oberschülerinnen in Shanghai dabei erwischt, wie sie Sex gegen Geld angeboten hatten. Die Medien stürzten sich auf die Geschichte und tadelten die beteiligten Mädchen als zu materialistisch und unmoralisch.
“Jugendliche haben sexuelle Rechte, und wir sollten ihnen diese nicht nehmen”, sagte Fang. “Anstatt die Mädchen zu kritisieren, sollten wir erkennen, dass es der Gesellschaft obliegt, sie zu lehren, wie sie ihre Rechte angemessen nutzen und sich schützen können.”
Aktive LGBT-Gemeinschaft
Laut der Arbeitsgruppe hatte die LGBT-Gemeinschaft, verglichen mit den Vorjahren, in diesem Jahr eine stärkere Stimme in der Öffentlichkeit. Das bemerkenswerteste Beispiel war ein Kampf der Worte zwischen der LGBT-Gemeinschaft und dem Promi-Paar Lü Liping und Sun Haiying. Im Juni verbreitete das Paar einen Microblog-Post, dass homosexuell zu sein als “sündig” beschrieb und ermutigte andere Web-Nutzer solche Nachrichten weiter zu posten.
Die LGBT-Gemeinschaft schlug mit der Unterstützung von anderen Prominenten zurück, verlangte eine Entschuldigung und rief zum Boykott der Filme des Schauspielerpaares auf.
“Es war das erste Mal, dass so viele LGBT-Gruppen zusammen kamen, um ihre Meinung zu äußern”, sagte Wei Jiangang, ein Dokumentarfilmer, der sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzt. “Es ist auch das erste Mal, dass viele in den Mainstream-Medien Unterstützung für diese Gemeinschaft gezeigt haben.”
Im Juni wurde das Queer Film Festival, das seit 2001 von LGBT-Gruppen organisiert wird, durch die Behörden in Beijing abgeblasen. In einem anderen Fall wurde eine Tänzerin namens Jin Xing aus einer Reality-Show ausgeschlossen, weil sie transsexuell ist.
Häusliche Gewalt
Das Expertengremium sprach auch Kim Lee, der Ehefrau von Sprachschulgründer Li Yang, ihre Hochachtung dafür aus, dass sie sich als Opfer öffentlich gegen häusliche Gewalt stark macht. “Ihr Engagement dazu beigetragen hat, das öffentliche Bewusstsein für das Problem häuslicher Gewalt und seine verheerenden Folgen zu fördern”, hieß es in einer Erklärung.
Im August hatte Kim auf ihrem Weibo-Microblog Fotos veröffentlicht, die ihre verletzten Knie, geschwollene Stirn und blutende Ohren zeigen, nachdem sie von Crazy-English-Li verprügelt worden war. Sie rief die Polizei, die zwar bereit war ihr zu helfen, aber nicht recht wusste wie, da es in China keine klar anwendbaren Gesetze gegen häusliche Gewalt gibt.
“Ich verstehe, was chinesische Frauen durchmachen, um häusliche Gewalt zu bekämpfen”, sagte Kim. “Deswegen bin ich öffentlich mit meinem Fall aufgetreten.” Eine Studie der China All Women’s Federation zeigt, häusliche Gewalt kommt in mindestens 30 Prozent aller Familien vor, und die meisten Opfer sind Frauen.
Seit Jahren haben Experten die Schaffung von Gesetzen gegen häuslicher Gewalt gefordert, aber sie kommen damit in China nur schleppend voran, so die Stellungnahme des Gremiums. Die geltenden Gesetze und Vorschriften enthalten nur Bestimmungen gegen häusliche Gewalt, und es sei sehr schwierig für die Opfer Hilfe zu erhalten, geschweige denn, Gerichtsverfahren zu beginnen.