D ie Landesarbeitsgemeinschaft Migration/Integration/Antirassismus der Partei DIE LINKE. NRW (LAG MIA) verurteilt den Beschluss der Bundestagsfraktion der LINKEN “Entschieden gegen Antisemitismus” vom 07.06.2011.
Dieser Beschluss steht ausserhalb jeder linken Tradition:
Mitglieder der Bundestagsfraktion „erwarten von (ihren) persönlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeitern, sich für (die verabschiedeten) Positionen einzusetzen.“
Ein solcher Maulkorberlass widerspricht jedem Demokratieverständnis, erinnert an die Sprach- und Denkverbote überwundener Diktaturen, widerspricht den Ideen des demokratisches Sozialismus, somit auch dem Geist der Partei “DIE LINKE”.
Der Beschluss fällt nicht nur dem Freiheitskampf der PalästinenserInnen, sondern auch den Forderungen eines Teils der israelischen Friedensbewegung in den Rücken.
Viele israelische Linke fordern, wie schon der Linkszionist Martin Buber, die Einstaatenlösung für Israel/Palästina. Sie fordern einen Staat, in dem Menschen jüdischer und arabischer Herkunft gleichberechtigt zusammen leben können. In Israel leben schon jetzt 20% Menschen nicht jüdischer Herkunft.
Israel ist kein “jüdischer Staat”. Die Forderung eines “jüdischen Staates” ist die Forderung nach einem rassistischen Apartheitsregime.
Wir sprechen uns hiermit nicht für die Einstaatenlösung aus. Wir lehnen jedoch jedwedes Denk- und Diskussionsverbot, welches zur Lösung des Konfliktes Israel/Palästina beitragen kann, ab.
Ein Aufruf zum Boykott israelischer Waren ist nicht antisemitisch, wie in dem Beschluss unterstellt wird. Die israelische Linke beteiligt sich am Boykott israelischer Waren aus den widerrechtlich errichteten Siedlungen in den besetzten Gebieten.
Wenn behauptet wird, der Boykottaufruf erinnert an den Naziaufruf „Kauft nicht bei Juden“ und sei deshalb abzulehnen, so lehnen wir diese Argumentation ab, denn sie unterstellt, israelische Politik sei jüdisch.
Diese Gleichsetzung wurde bisher gerade von Antisemiten vorgenommen und diffamiert die vielen jüdischen Linken weltweit, von denen die israelische Politik auch mit Boykottaufrufen bekämpft wird.
Auch wenn wir den “Boykottaufrufen” bezüglich ihrer tatsächlichen Relevanz kritisch gegenüberstehen, verurteilen wir sie nicht als antisemitisch, sondern begreifen sie als einen Teil der Aktionen, die den Widerstand der palästinensischen Bevölkerung ermutigen sollen.
Die Teilnahme von Bundestagsabgeordneten unserer Partei u.a. an der Gazaflotille in 2010 wurde von der israelischen und jüdischen Friedensbewegungen weltweit als mutiger Schritt gelobt.
Die Solidarität mit unterdrückten Völkern gehört zum Selbstverständnis linker, internationaler Politik. Warum dies nicht auch für das palästinensische Volk gilt, erschliesst sich uns nicht.
Wir fordern die Mitglieder der LINKEN auf, weiterhin Aktivitäten zu unterstützen die eine internationale Gegenöffentlichkeit in den besetzten Gebieten herstellen und die Voraussetzung für einen lebensfähigen palästinensischen Staat schaffen.
Die Bundestagsabgeordneten aus NRW bitten wir, zum Beschluss der Bundestagsfraktion öffentlich Stellung zu beziehen.
DOSSIER