B erlin – Wer als Normalsterblicher oder Geringverdiener in Berlin eine Wohnung sucht, sieht sich in letzter Zeit wieder mit steigenden Mieten konfrontiert. Glück hat, wer noch über einen alten Mietvertrag verfügt oder Beziehungen hat, privater Natur oder zu einer Wohnungsbaugesellschaft oder Hausverwaltung.
Der Sektor der Luxus-Appartements boomt in Berlin. Vor allem in vermeintlichen In-Gegenden wie Kreuzberg oder Mitte entsteht immer mehr Wohnraum für Reiche und verdrängt dort die ansässige Mieterschaft. Dabei kommen nicht wenige der neuen bourgeoisen Eigentümer und Mieter aus Westdeutschland oder dem Ausland und nutzen ihre neuen berliner Behausungen lediglich als Zweitwohnung, oftmals auch noch steuerlich als Geschäftsausgabe abgesetzt und somit durch den Steuerzahler subventioniert.
Erst im Mai 2009 hat der Bundesfinanzhof seine entsprechende Rechtsprechung in einigen entscheidenden Punkten modifiziert. Demnach können die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung jetzt leichter von der Steuer abgezogen werden. Auch wer aus privaten Gründen von seinem Arbeitsplatz wegzieht, hat ein Recht auf die Steuervorteile der doppelten Haushaltsführung.
Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtssprechung dazu mit zwei Urteilen geändert, wie das höchste deutsche Steuergericht mitteilte. Vorher konnte eine doppelte Haushaltsführung nur von der Steuer abgesetzt werden, wenn der Arbeitnehmer in die Nähe seines Jobs zog, nicht aber, wenn er aus privaten Gründen wegzog. (Az: VI R 58/06 und VI R 23/07).
Einer der attraktivsten Plätze für Wohnraum in Berlin, inmitten namhafter Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Theatern, ist der Bereich um den Platz Am Zirkus, der Direkt an den Bertolt Brecht-Platz, mit, von der Vorderseite, Blick auf die Spree und in unmittelbarer Nähe zur Friedrichstrasse und Unter den Linden. Am Bertolt Brecht-Platz befindet sich denn auch das durch den Dramatiker Brecht und Helene Weigel 1949 gegründete Theater Berliner Ensemble, eine der renommiertesten Bühnen Deutschlands.
Am Zirkus heisst die Adresse, weil hier im Jahr 1895 der Zirkus Schumann seinen Platz hatte. Später übernahm Theaterregisseur Max Reinhardt das ursprünglich als Markthalle gebaute Haus. Zu DDR-Zeiten löste Varieté die hohe Kunst ab: Hier war der Sitz des Friedrichstadtpalastes, bis Grundwasser die Keller flutete, als der Charité-Neubau entstand. Der Abriss folgte vor 25 Jahren.
Seitdem markierte diese Brache in der Mitte Berlins einen ärgerlichen Schandfleck, um welchen jahrzehntelang gestritten und spekuliert wurde.
Nun werden an diesem traditionsreichen Ort, auf einer Gesamtfläche von rund 52.000 Quadratmetern, Edel-Appartements mit Concierge und Spa für Superreiche entstehen, ein Immobilien-Designer erfüllt alle Wünsche. Betreut wird das Projekt durch das Unternehmen “Yoo Berlin”. Yoo ist eine Immobilienmarke, die vor elf Jahren von Projektentwickler John Hitchcox und Stardesigner Philippe Starck ins Leben gerufen wurde.
Gestern war nun Spatenstich und neben John Hitchcox lieferte auch Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher ihre Interpretation, warum der Exklusiv-Block den Berliner Wohnungsmarkt angeblich beleben soll. Der Bau mit insgesamt 87 Luxuswohnungen von 60 bis 300 Quadratmeter Wohnfläche ist der grösste im ganzen Theaterviertel nördlich der Spree. In Computeranimationen aus der Vogelperspektive sieht er aus wie eine etwas überdimensionierte Megayacht, die in einem etwas zu kleinen Hafen angelegt hat. Neben den Wohnungen werden auch ein 350 Zimmer Hotel der israelischen „Fattal“-Gruppe, Büros und zwei geräumige Innenhöfe entstehen. Geplante Investitionskosten 140 Millionen Euro.
Architekt Eike Becker trägt einen lilafarbenen Mantel aus Samt, darunter einen schwarzen Anzug mit purpurnen Längsstreifen. Lila scheint die Farbe der Saison zu sein, denn auch am Schal von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher ist sie zu finden.
Über den roten Teppich schritten die beiden am Donnerstag zusammen mit Designern und Projektentwicklern, in branchengerechtes Anzuganthrazit gehüllt, zur Grube des lange verzögerten Neubaus. Bereits vor zwei Jahren sollte die Lücke geschlossen werden, jetzt gehen die Bagger wirklich zu Werke, vis-à-vis des skandalumwitterten Spreedreiecks.
Die Gestaltung des Innenleben des Hauses übernimmt Designer Philippe Starck, der das Projekt als eine Art „Paradiesinsel“ bezeichnet. „Wenn Sie hier nicht glücklich werden, dann nur, weil Sie nicht glücklich sein wollen“, erklärte Starck.
So ist seine Vision der Lobby für die Bewohner und ihre Gäste wie ein Kunstwerk, das mit grossen und kleinen Details aufwartet, die überraschen und erfreuen sollen. Starck ist berühmt für seine provozierende Kombination klassischer Elemente wie Kronleuchter mit minimalistischen Designobjekten wie bspw. schlichte weisse Stühle mit Füssen aus Edelstahl.
In Berlin ist jedes 3. Kind von Armut und Hunger betroffen. Aber in welcher sozialen, besser asozialen Realität Philippe Starck seine kreativen Visionen umsetzt, darüber scheint sich ein solcher Mann, der seine unbestreitbaren gestalterischen Talente hat, keine Gedanken zu machen. Eine angenehme bürgerliche Existenz im Dienste der imperialen Oligarchie und deren Funktionärskaste der imperialen Rechten verlangt nach kompromissloser Prostitution.
Die Salon-Nutte Philippe Starck ist sich denn auch für nichts zu schade und hält sich nicht mit Nebensächlichkeiten wie sozialen und politischen Widersprüchen auf. The show must go on.
Das hauseigene private Spa plant Philippe Starck als einen Ort der Ruhe, der einer „Wolke der Gelassenheit“ gleicht, während er die Café-Bar mit Attributen wie gemütlich, sexy und bequem beschreibt. Für die Grundausstattung bietet Starck seinen Kunden vier verschiedene Richtungen, die er Kulturfamilien nennt: Classic, Culture, Minimal und Nature. Kronleuchter aus mattem silbergrau. Teppiche mit Zebramuster. Eine schwarze Ledercouch neben einer antikisierenden Fussbank. Blasses gelb-grün an den Wänden und an den Aufsätzen aus Glas in der Küche aus Edelstahl.
In der Musterwohnung ist auch noch Platz für den Cloud Chair von Charles und Ray Eames. Sachlichkeit und Ornament, Barock und Moderne werden der interessierten Kundschaft versprochen.
Darüber hinaus sei es jedem Käufer freigestellt, die Wohnung so einzurichten, wie es ihm beliebt. Wem es hier an Geschmack oder Ideen mangelt, der könne sich selbstverständlich vertrauensvoll an das Designteam von Yoo wenden und sich gegen frei wählbaren Aufpreis entsprechende Beratung einholen, so erläutert der Werbetext.
Trotz Quadratmeter-Kaufpreisen von 5.000 Euro im Pied-à-terre bis knapp 10.000 Euro im Penthaus sei die Nachfrage gross, hiess es in Pressemitteilungen. Knapp ein Drittel der Wohnungen sind bereits verkauft. „Fast alle Käufer nutzen Elemente aus dem Philipp-Starck-Design, aber kaum jemand alles“, sagt Thomas Wolfensberger. Er ist der Chef des in Zürich ansässigen Bauträgers “Peach Property”.
Die Deutsche Bank prognostiziert in einer aktuellen Studie für gute Lagen einen jährlichen Preisanstieg von rund 1,5 Prozent. Im Yoo-Penthouse wären das umgerechnet mindestens 30.000 Euro pro Jahr.