Die Nichtraucherindustrie – Wie die freie Gastronomie zerschlagen werden soll

Die Kultur-Gastronomie bildet somit ähnlich wie die Disziplinen der Kunst und mit diesen korrespondierend Teil des Rückgrats gesellschaftlicher Kultur.

- von Stephan Steins  -

S icher, nicht rauchen ist gesünder als rauchen. Der Verzicht auf Alkohol und andere Zellgifte schont Körper und Geist. Weniger Sex bzw. Sexualpartner kann in Zeiten von Aids das Leben deutlich verlängern.
Menschen im öffentlichen Raum, überall dort, wo man gezwungen ist sich aufzuhalten, vor Gefahren, Belästigungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu schützen ist eine gute Sache. Wer als Opfer des Kapitalismus auf dem Arbeitsamt um sein Gnadenbrot anstehen muss, soll dies wenigstens in sauberer Luft tun können.
Und ja, es gibt eine Tabakindustrie, die, wie jede andere Industrie auch, ihre kapitalistischen Interessen und Profitstreben gegen breite Teile der Bevölkerung durchzusetzen sucht.

Von all dem handelt dieser Artikel nicht.

Im Widerstreit mit der Tabakindustrie und in Konkurrenz zur freien Gastronomie hat sich ein neuer Bund geschmiedet:
Die Nichtraucherindustrie. Diese verfolgt nicht minder skrupellos und zunehmend organisiert ihre ureigensten Interessen.

Moralisierender Aktionismus

In einer imperialen Gesellschaft, in welcher nationale Verwaltungsagentur und Mainstream weder Willens noch in der Lage sind, Einfluss auf die existenziellen globalen Herausforderungen zu nehmen, ist an die Stelle qualitativen politischen Wirkens ein moralisierender Aktionismus getreten.
Die Funktionäre dieses bürgerlichen politischen Apparats, allen voran die sog. “Grünen” und die sog. “Linkspartei”, ringen in dieser Situation um ihre gesellschaftliche Legitimation. Um ihre durch die Allgemeinheit bezahlten Existenzen, in welchen sie es sich gemütlich eingerichtet haben, erhalten zu können, muss politisches Handeln inszeniert, regelrecht simuliert werden. Es gilt, dem Wahlvolk oder zumindest Teilen die eigene Existenzberechtigung zu dokumentieren.

Da die bürgerliche Politik keine Klassen und historischen Materialismus identifiziert und somit nicht auf der Ebene zentraler Realitäten zu operieren in der Lage ist, ist deren Funktionärsapparat gezwungen, auf Nebenschauplätzen subjektive Protagonisten gegeneinander antreten zu lassen. So werden gerne Nichtraucher gegen Raucher gehetzt, Autofahrer gegen Radfahrer, Radfahrer gegen Fussgänger, Alter gegen Jungend, Erwachsene gegen Kinder, Männer gegen Frauen etc. Was allein zählt ist, dass das Spektakel geeignet ist, beim Publikum emotionale Reflexe zu erzeugen und die Aufmerksamkeit auf sich selbst als höhere Instanz und vermeintlichen Regulator lenken zu können.
Aus dieser Motivationslage heraus haben sich wachsende Teile des Funktionärsapparats zu Lobbyisten der Nichtraucherindustrie erklärt, von welcher sie profitieren und zu deren konstituierendem Teil sie somit geworden sind.

Eine zweite Abteilung der Nichtraucherindustrie bilden die selbsternannten “Experten” aus dem Umfeld der Medizin und deren Korrespondenten in den Medien. “Passivrauchen” lautet denn auch einer ihrer modernen Marketingbegriffe. Ihre Expertisen sind ebenso tendenziös und wenig wissenschaftlich, wie auf der anderen Seite die Bulletins ihrer Widersacher aus der Tabakindustrie. Um aber den Aktionismus der politischen Liga scheinwissenschaftlich untermauern zu können, hat sich ein reges Betätigungsfeld mit ganz realen Verdienstmöglichkeiten entwickelt.

Gastronomie

Wir wollen hier unser Augenmerk auf den Hauptkampfplatz des aktuellen gesellschaftlichen Diskurses zum Thema fokussieren. Es geht um den Krieg der Systemgastronomie in Allianz mit dem Herrschafts- und Kontrollanspruch des bürgerlichen Staates gegen die traditionelle, freie Gastronomie.
Um dies besser nachvollziehen zu können, vorweg eine kurze Einführung. Gastronomie unterteilt sich in drei grundlegende Bereiche:

Da haben wir zum einen die Sterne- bzw. Gourmet-Gastronomie (Sterne bezieht sich auf die Auszeichnungen des Guides Michelin, dem in der Branche relevanten Restaurantführer). Diese verfolgt den ambitionierten Anspruch Kochen, Nahrungszubereitung und Präsentation auf dem höchst möglichen Niveau menschlicher kultureller Errungenschaften zu zelebrieren. Nur die besten Rohstoffe der Nahrungsmittelproduktion kommen hier zum Einsatz, um unter Aufwendung weiterer erheblicher Ressourcen an Personal, Equipment und Ambiente ein maximales qualitatives Ergebnis zu erzielen. Im Vordergrund stehen Koch und Küche und weniger die urbane Kommunikation der Gäste.

Diese Sterne-Gastronomie, vor allem im Bereich der maximalen 3 Sterne, ist unter den heutigen ökonomischen Bedingungen derart kostenintensiv, dass trotz horrender, für Normalverdiener kaum erschwinglicher Preise oftmals nichteinmal Kostendeckung erzielt wird.
Deshalb werden nicht wenige Sterne-Restaurants als Referenzobjekte grösserer gastronomischer Firmen, wie bspw. Hotels, subventioniert oder aber sie selbst lizensieren ihre Marke und verdienen letztlich aus diesen Einnahmen.
Für unsere Betrachtungen spielt die Sterne-Gastronomie nur eine untergeordnete und zu vernachlässigende Rolle.

Der in der Auseinandersetzung mit der Nichtraucherindustrie, respektive der Systemgastronomie relevante und traditionell grösste Bereich ist die Kultur-Gastronomie.

Die freie Kultur-Gastronomie zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Lokale den präsenten Wirten und Wirtinnen selbst gehören. Diese entwickeln auf der Grundlage gastronomischer Traditionen ein kulturelles, spezifisches Angebot für ihr Zielpublikum, sie definieren einem Regisseur gleich ein ihren Ambitionen und Fähigkeiten entsprechendes kulturelles Statement.

Restaurant La Coupole, Paris 1930er Jahre

Restaurant La Coupole, Paris 1930er Jahre

Die Kultur-Gastronomie bildet somit ähnlich wie die Disziplinen der Kunst und mit diesen korrespondierend Teil des Rückgrats gesellschaftlicher Kultur. Im Vordergrund stehen hierbei Kommunikation und sozialer Verkehr der Gäste, Küche bzw. deren Qualität nur so weit, wie diese im Kontext der spezifischen kulturellen Definition ökonomisch darstellbar ist.

Es handelt sich, im Gegensatz zur Propaganda der Nichtraucherindustrie, keineswegs um öffentliche Räume. Vielmehr haben wir es ganz im Gegenteil mit ausgesprochen privaten Freiräumen zu tun, welche Wirte und Wirtinnen für jene Personenkreise vorhalten, die sich explizit zum Besuch der jeweiligen kulturellen Einrichtung entscheiden und zu deren kultureller Orientierung sie sich zugehörig fühlen.

Wichtig zu betrachten sind ebenfalls soziologische Aspekte. Diese freie Gastronomie mit ihren vitalen und weitgehend autonomen, unkontrollierbaren Räumen menschlicher Kommunikation, stellen aus der Perspektive staatlicher Herrschaft ein Bedrohungspotenzial dar; die Möglichkeit kollektiver Reflexion kann zur Entwicklung von Keimzellen künstlerischer Initiativen einerseits bis hin zu gesellschaftlichen Prozessen und Widerstand beitragen.
Ferner bedeutet die freie Gastronomie die Möglichkeit sozialer Existenzgrundlagen für Nonkonformisten jeglicher Schattierung. Wer sich den Ordnungsstrukturen staatlicher Herrschaft und Gewalt, dem Funktionieren in vorgegebenen bürgerlichen Bahnen weitestgehend zu entziehen sucht, fand bislang in der Gastronomie eine gesellschaftliche Nische zum materiellen wie geistigen Überleben.

Im Angriff auf die freie Gastronomie werden Staat und gewerbliche Nichtraucherindustrie somit zu natürlichen Verbündeten.

Drittens schliesslich haben wir die Versorgungs-Gastronomie, deren zentraler Bestandteil die bereits erwähnte Systemgastronomie bzw. deren Konzerne sind. Sie bildet den Kern der gewerblichen Nichtraucherindustrie im Kampf gegen die freie Gastronomie. Hierzu zählen u.a. gastronomische Einrichtungen, welche durch grosse Ketten betrieben werden, bspw. Franchise-Systeme gehobenerer Art bis hin zu den bekannten Burger- und anderen Junkfood-Tempeln.
Hier finden wir tatsächlich in der Regel mehr oder weniger “öffentliche” Räume vor. Konzeptionell unterscheidet sich dieser stark wachsende Wirtschaftszweig grundlegend von den beiden anderen – traditionellen – Branchenbereichen. Der Versorgungs- bzw. Systemgastronomie liegen keine kulturellen Ambitionen zugrunde. Weder bezieht sich sie sich auf solche – allenfalls als Zitat und Farce – noch ist es ihre Intention zu kultureller Entwicklung beizutragen.

So richtet sich die Versorgungs-Gastronomie an den Konsumenten in erster Linie durch die Befriedigung des alltäglichen Bedürfnisses nach schnellem und billigem Essen und Trinken. Das starke Wachstum dieser Branche in den letzten Jahrzehnten wurde durch eine Reihe ökonomischer und damit korrespondierender soziologischer Entwicklungen begünstigt, wie Zerfall grösserer Familien in Klein- und Single-Haushalte und damit einhergehend der Verlust an heimischer Koch-Kultur etc. (Wir gehen im Rahmen dieses Textes nicht weiter auf dieses komplexe, interessante eigene Thema ein)
Das rein kapitalistische Interesse der Systemgastronomie besteht also darin, mit möglichst geringem Aufwand einen maximalen Profit zu erzielen. Versorgungs-Gastronomie deswegen, weil Standorte und Ambiente nach dem Schema konzipiert werden, wieviele Menschen in welcher Zeit die Lokalität passieren und sich daraus das Konsumpotenzial errechnet, dies allein bildet die Grundlage dieser gewerblichen Tätigkeit. Ganz im Gegensatz zur Kultur-Gastronomie, die man auch gezielt und unter Inkaufnahme längerer Anfahrtswege aufsucht, weil ihr geschäftliches Konzept auf der Definition kultureller Alleinstellungsmerkmale gründet.
Die Versorgungs-Gastronomie hat konzeptionell bedingt kein Interesse daran, dass die Gäste noch lange nach dem Verzehr auf ihren Plätzen verweilen – bspw. durch entspannte Gespräche bei der einen oder anderen Zigarette -, vielmehr gilt es den “Gast” so schnell als möglich wieder los zu werden, um die Belegungszahl der Plätze und damit den Profit hoch zu halten.

Marlene Dietrich

Marlene Dietrich

Wie hängt dies alles nun zusammen?

Wichtig zu verstehen ist, dass Gastronomie nicht gleich Gastronomie ist. Hierin liegt bereits eine der zentralen Lügen der Nichtraucherindustrie, welche versucht, in der öffentlichen Debatte ihre Absichten und die Verhältnisse zu verschleiern.

Natürlich ist der Konsum von Drogen wie Tabak und Alkohol nicht unbedingt ein erstrebenswertes Kulturgut. Eine weitgehend drogenfreie Gesellschaft mit ausgeglicheneren und gesünderen, von äusseren Zwängen und Entfremdung befreiten Menschen mag ein legitimes Ziel gesellschaftlichen Strebens sein.
Der Punkt aber ist, dass die Kultur-Gastronomie in ihrer Mehrheit auf den Konsum dieser Drogen in ihren Räumen unter den real existierenden gesellschaftlichen Verhältnissen existenziell angewiesen ist. Niemand weiss das – ausser den Betroffenen – besser, als die Nichtraucherindustrie selbst.

Das Interesse der gewerblichen Nichtraucherindustrie besteht darin, die Kultur-Gastronomie als lästigen Konkurrenten auszuschalten und deren Gewerbeflächen günstig übernehmen zu können. Das Fortbestehen der Kultur-Gastronomie zwingt der Systemgastronomie höhere Kosten auf, da sich diese in gewissem Maße immer noch an durch die Kultur-Gastronomie vorgegebenen kulturellen Standards orientieren muss. Ist die Kultur-Gastronomie als Wirtschaftsbranche und gesellschaftlichem Kulturgut ersteinmal zerschlagen, sind die Monopole der Systemgastronomie darin frei, die gastronomischen und kulturellen Standards zum Zwecke der Profitmaximierung noch weiter absenken zu können. Die Folge wäre auch ein verstärkter Degenerationsprozess unserer Kulturen im Ganzen.

Eine weitere zentrale Lüge der Nichtraucherindustrie ist nun, dass ein Rauchverbot in Gaststätten deren Existenz nicht bedrohe und dies angeblich auch die Erfahrungen im Ausland zeigen würden.
Das Gegenteil ist Fall.

Zum einen unterscheidet – wie dargelegt – die Nichtraucherindustrie nicht zwischen den verschiedenen gastronomischen Bereichen. Für ihre eigene, die Systemgastronomie, trifft das weitestgehend zu. Die Systemgastronomie profitiert von Rauchverboten, denn wenn man Rauchern verbietet Gaststätten für Raucher zu betreiben, sind die entsprechenden Betriebe der Kultur-Gastronomie eines ihrer Wesensmerkmale und Wettbewerbsvorteile beraubt. Das wäre so, als ob man der Sterne-Gastronomie aus gesundheitlichen Gründen verbieten würde, Salz und scharfe Gewürze zu verarbeiten. Wenn das Essen fade schmeckt und das anschliessende gemütliche Zusammensitzen bei Tabak und Alkohol wegfällt, ja dann kann man ja gleich zum Fressen in einem billigen Junkfood-Tempel einkehren.

Die Propaganda behauptet, es gäbe ein mehrheitliches gesellschaftliches Interesse an Nichtraucher-Lokalen und auch deswegen sei nicht mit Umsatzeinbußen zu rechnen.
Hier kommt die wohl wichtigste Lüge der Nichtraucherindustrie ins´ Spiel:

Was die Lobbyisten und politischen Funktionäre der Nichtraucherindustrie in der öffentlichen Debatte hartnäckig verschweigen ist, dass es bereits nach dem bestehenden Recht jedem Gastronomen erlaubt ist, seinen Betrieb von jetzt auf gleich zu einem Nichtraucher-Lokal zu erklären. Und zwar, für Deutschland völlig untypisch, ohne den geringsten bürokratischen Aufwand. Kein einziges Formular muss dafür ausgefüllt, kein einziger Antrag gestellt werden, es reicht allein, den Gästen zu signalisieren oder mitzuteilen, dass in der Gaststätte nicht geraucht werden darf.
Gäbe es die behauptete hohe Nachfrage nach solchen Nichtraucher-Lokalen, müssten diese nach den Gesetzen der Logik also wie Pilze aus dem Boden schiessen.
Wenn man das weiss, hat sich die gesamte Diskussion eigentlich bereits erledigt. Denn Nichtraucher müssen in Gaststätten nicht vor Rauchern geschützt werden. Jeder Gast ist frei in seiner Entscheidung ein Raucher- oder aber ein Nichtraucher-Lokal aufzusuchen, von denen es ja begrüssenswerter Weise zunehmend mehr gibt.

Die Absicht aber der politischen Nichtraucherindustrie trägt faschistoide Züge: Sie will in das Selbstbestimmungsrecht der Menschen eingreifen und Rauchern verbieten Gaststätten für Raucher zu betreiben.
Ausgerechnet Teile der sog. 68er Generation und der subjektiven Linken haben sich diesem reaktionären Menschenbild und Demokratieverständnis verschrieben. Renate Künast von den “Grünen”, eine der Spitzenlobbyistinnen der Nichtraucherindustrie, erklärte kürzlich in einem TV-Interview, sie wolle das Recht haben, an jedem Ort und zu jeder Zeit in jedes Lokal einkehren zu können und dieses müsse dann rauchfrei sein.
Frau Künast: mit welchen Recht eigentlich? Mit welchem Recht maßen Sie sich an, ihre persönliche Befindlichkeit über das Selbstbestimmungsrecht anderer Menschen zu stellen? Ticken Sie noch ganz richtig?
Eine Gaststätte, sofern es sich nicht um eine Betriebskantine oder ähnliches handelt, ist kein öffentlicher Raum. In einer (Kultur-)Gaststätte finden sich Menschen gleicher kultureller Interessen freiwillig zum Zwecke des privaten Verkehrs zusammen. Wem das nicht passt, der möge bitte ein anderes Etablissement aufsuchen. Oder eines eröffnen.

Gelogen ist auch, das angeblich im Ausland positive Erfahrungen mit Rauchverboten in Gaststätten gemacht wurden. Positive Ergebnisse hatte ausschliesslich die Nichtraucherindustrie, respektive die Systemgastronomie zu verbuchen. Die (Kultur-)Gastronomie hierzulande wie im Ausland lehnte und lehnt das Zwangs-Rauchverbot strikt ab, es sei denn, das Attribut rauchfrei gehört zum ausgewiesenen Geschäftsmodell.
Die Statistik der Nichtraucherindustrie berücksichtigt nicht, wenn Betriebe der Kultur-Gastronomie aufgrund des Rauchverbotes schliessen mussten und deren Gewerbeflächen dann von der – rauchfreien – Systemgastronomie übernommen wurden. Sie zählt die betroffenen Gewerbeflächen einfach weiter, als ob nichts geschehen wäre und verschweigt wohlweisslich den tobenden Verdrängungskampf.

Zudem werden die nationalen Rauchverbote höchst unterschiedlich umgesetzt. In Deutschland sind – wie sollte es auch anders sein – drakonische Strafen bei Missachtung vorgesehen. Wie wir unsere Landsleute kennen, wird dies eine neue Welle von Denunziantentum generieren. Ich sehe schon den zotteligen Gutmenschen mit zwei geborgten Kindern am Arm in meinen Stammrestaurants einkehren, um rauchende Widerständler beim nächsten Blockwart wegen der Emission von Giften und der Gefahren des “Passivrauchens” anzeigen zu können. Leute, die man dort die letzten 30 Jahre niemals angetroffen hat.

In Frankreich bspw. kursiert die folgende Anekdote: Auf die Frage staatlicher Beamter an die Wirte, wo denn die rauchfreie Zone sei, antworten letztere: „Die Rauchfreie Zone ist dort, wo nicht geraucht wird“. Damit ist das Thema dann auch erledigt.
In Italien, Spanien und anderen Ländern werden Rauchverbote überall dort schlicht ignoriert, wo kein mehrheitlicher Bedarf danach besteht. Ferner existieren umfangreiche und reale Möglichkeiten Konzessionen für Raucher-Lokale zu erhalten. Von erfolgreichen Rauchverboten in der Gastronomie im Ausland kann bei näherer Betrachtung keine Rede sein.
In den USA hingegen wird das Rauchverbot konsequenter durchgesetzt. Genau dort ist auch in der Folge das Massensterben der freien Gastronomie und der darauf aufbauende Siegeszug der Systemgastronomie zu beobachten. Abschreckender könnte ein Beispiel nicht sein.

Dieser Text ist kein Plädoyer für Drogenkonsum oder soll die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens verharmlosen. Es geht um das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen, um ein humanistisches, demokratisches Menschenbild und um die Verteidigung des Existenzrechts der freien Gastronomie und ihrer Kultur gegen die Konzerne der Systemgastronomie mit ihren monopolistischen Interessen, sowie um die Zurückweisung des exzentrischen Herrschaftsanspruchs des autoritären Staates.
Jeder Gastwirt, jede Gastwirtin soll frei entscheiden können, ob er/sie ein Lokal für Nichtraucher, Raucher oder mit unterschiedlichen Zonen anbietet. Jeder Gast ist frei diese Angebote anzunehmen oder abzulehnen. Leben und leben lassen.
Die bestehenden Gesetze sind dazu nicht nur ausreichend, sondern ungewohnter Weise sogar vorbildlich.
Es geht jetzt darum den Angriff der Nichtraucherindustrie auf humanistische Grundwerte und die Existenz der freien Gastronomie abzuwehren. Ein landesweiter Streiktag der Gastronomie und daran anschliessende Aktionen könnten diese fatale Entwicklung vielleicht noch abwenden.
Wundern wir uns nicht, wenn eines nahen Tages unsere über Jahrhunderte gewachsene europäische gastronomische Kultur verschwunden ist und wir nur noch in Kantinen mit synthetischem Frass aus Fabriken auf die Schnelle abgespeist werden.

Der Autor Stephan Steins wirkte Ende der 70er / Anfang der 80er Jahre am Aufbau des weltberühmten Künstlerlokals “Restaurant Paris Bar”, Berlin mit und war bis 1990 selbständiger Gastronom.

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