S trasbourg – Nach Auffassung des CIA-Ausschusses des “Europäischen Parlaments” waren europäische Regierungen über Entführungen von Bürgern durch den US-amerikanischen Geheimdienst informiert. Gegen den Widerstand christdemokratischer Parlamentarier forderten die Parlamentarier am Donnerstag in Strasbourg die Regierungen zur Aufklärung dieser Vorfälle auf. Die CIA sei „direkt verantwortlich für illegale Verschleppungen und Inhaftierungen Terrorverdächtiger auf dem Gebiet von EU-Ländern“, sagte der italienische Berichterstatter Giovanni Claudio Fava (SPE), dessen Vorlage mit 389 Ja-Stimmen angenommen wurde. Nur 137 Abgeordnete lehnten ihn ab. Damit kann der Ausschuss für die kommenden sechs Monate seine Arbeit fortsetzen.
Die bisherigen Ergebnisse des CIA-Ausschusses „scheinen darauf hinzu-deuten“, dass der europäische Luftraum und Flughäfen in Europa von CIA-Scheinfirmen genutzt wurden. Ziel sei es gewesen, Personen rechtswidrig in die Gewalt der CIA oder des US-Militärs oder in andere Länder (darunter Ägypten, Jordanien, Syrien und Afghanistan) zu entführen, „die, wie die Regierung der Vereinigten Staaten im Übrigen selbst zugibt, bei Verhören häufig auf Folter zurückgreifen“, heisst es in dem Dokument.
Die CIA oder andere US-Geheimdienste seien in einer Reihe von Fällen unmittelbar für die rechtswidrige Festnahme, Abschiebung, Entführung und Inhaftierung von Menschen auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten, der Beitritts- und Bewer-berländer sowie für Überstellungen verantwortlich.
Die Entführung des deutschen Khaled El-Masri durch die CIA, „der von Januar bis Mai 2004 in Afghanistan gefangen gehalten und dabei in erniedrigender und unmenschlicher Weise behandelt wurde“, wird in dem Bericht verurteilt. Auch sei der Verdacht bisher nicht entkräftet worden, dass Khaled El-Masri zuvor, vom 31. Dezember 2003 bis zum 23. Januar 2004, in Mazedonien rechtswidrig gefangen gehalten und von dort aus am 23./24. Januar 2004 nach Afghanistan verbracht wurde.
Die in diesem Zusammenhang von der mazedonischen Regierung unternommenen Maßnahmen seien „unzureichend“.
Das Parlament hält es für unwahrscheinlich, dass europäische Regierungen keine Kenntnis von den Aktivitäten im Zusammenhang mit den ausserordentlichen Überstellungen hatten, die auf ihren Gebieten erfolgten. „Vollkommen unwahrscheinlich“ sei es, dass hunderte Flüge und eine ähnliche Zahl von Bewegungen auf europäischen Flughäfen stattgefunden haben, „ohne dass die Sicherheits- oder Nachrichtendienste davon Kenntnis hatten“.
Untersucht werden sollen auch alle gegen die USA gerichteten Vorwürfe ebenso wie eine mögliche Zusammenarbeit von EU-Mitgliedstaaten und Kandidatenländern. Geprüft werden sollten zudem, ob die Aktivitäten im so genannten “Antiterrorkampf” unter Verletzung völkerrechtlicher Abkommen, insbesondere der Europäischen Menschen- rechtskonvention, durchgeführt wurden. Ausserdem ging es darum, Konsequenzen aus erwiesenen illegalen Praktiken zu ziehen.
Durch die Ergebnisse der EU-Untersuchungen bestätigt sich einmal mehr, dass die USA und ihre staatlichen Terrororganisationen wie die CIA die grösste Bedrohung für demokratische Grundrechte und die Sicherheit der Menschen darstellen.