NSU: Der Fall hat aussenpolitische Hintergründe – 1

Wie der NSU den Tiefen Staat nach Deutschland brachte

- von Wolfgang Eggert  -

NSU: Der Fall hat aussenpolitische Hintergründe

Wie der NSU den Tiefen Staat nach Deutschland brachte
Interview türkischer Journalisten mit dem Historiker Wolfgang Eggert

TEIL I.
. Die drei Terroranschläge
. Der NSU als Arm des Verfassungsschutzes
. Bombenterror und fremde Dienste

TEIL II.
. Die Filmauftritte des NSU
. Die “Dönermorde”
. Der Kiesewettermord

TEIL III.
. Rekonstruktion des Tathergangs
. Sauerlandterror
. Die Abrechnung
. Die “NSU-Selbstmorde”

Interview türkischer Journalisten mit dem Historiker Wolfgang Eggert

Die drei Terroranschläge

Seit der Enttarnung des “Nationalsozialistischen Untergrunds” NSU ist viel herausgekommen über die Verstrickungen dieser Gruppe in den Terror. Trotzdem erscheint die Faktenlage mitunter verwirrend, ja geradezu widersprüchlich.
Dass Polizei- und Geheimdienststellen in der Vergangenheit wiederholt Akten geschreddert haben, macht den Überblick nicht einfacher. Wie beurteilen Sie die ganze Affäre?

Absolut richtig: Die Faktenlage ist verwirrend und widersprüchlich. Nach meinem Dafürhalten, und ich verfolge den Fall seit Jahren, ist sie es, weil die Fakten, die wir haben, von höherer Stelle in ein einzelnes festes Flussbett gefrachtet werden, in einen betonierten Kanal, in dem sie sich nun quasi “natürlich” bewegen sollen.
Aber das geht nicht, weil sie dort nicht reingehören, reinpassen.

Vergessen Sie eins nicht: Politische Skandale sind selten einfach, schwarzweiss, die verzahnen sich ständig in andere Nebenschauplätze. Die hier – ich sage: absichtlich – übersehen oder besser umgeleitet werden. Wie gesagt: Man versucht hier ein breitgefächertes Flussdelta zwangsweise zu bündeln. Und das widerspricht der Wirklichkeit, das “zwingt” sie.
Und wie in der Natur schwappt jetzt ständig Wasser über, das dort nicht hineingehört.

Während die verantwortlichen Architekten – Politik und Polizei – beständig sagen: Das ist alles prima so. Was aber nicht stimmt. Um die ganze Affäre wirklich zu verstehen, muss man den Blick von dieser zentralistischen, verordneten Architektur abwenden. Auf die Landschaft, so wie sie vor dem Bebauungsplan aussah.
Dann bemerkt man den Kahlschlag an der Wahrheit.

Wie sah der Tatort denn aus, bevor er zur Baustelle wurde, wie Sie sagen? War die Wirklichkeit vor den Selbstmorden der NSU-Aktivisten etwa eine andere als danach?

Die Wahrnahme der Wirklichkeit sicher. Die war eine völlig andere, vor den “Selbstmorden”. Sowohl die Medien als auch die Polizei haben in ganz andere Richtungen ermittelt.
Und sie haben vor allem diversifiziert ermittelt. Es gab erstens die sogenannten “Dönermorde”, die man der türkischen Mafia anrechnete.
Dann zweitens einige terroristische Vorfälle: zu denen zuckte man mit den Achseln. Obwohl damals auch ohne Bekennerschreiben klar sein musste, dass hier gut organisierte Radikalinskis am Werk waren, die nicht im politisch luftleeren Raum schweben.
Drittens gab es die Banküberfälle. Auch hier herrschte offiziell Unschlüssigkeit, auch hier gab die Serienhaftigkeit die Annahme vor, dass das orchestriert war.
Und zuletzt der bekannte Mord an der Polizistin Kiesewetter, für den ebenfalls verschiedene Verdachtsmomente erörtert wurden.

Jeder dieser Punkte, Dönermorde, Bomben, Banküberfälle, Polizistenmord wurde bis 2011 als eigenständig behandelt. Erst mit Auffinden der “Beweise” im ausgebrannten Wohnwagen der NSU-Terroristen, die fast wie ein zurückgelassenes Archiv der Selbstanklage anmuten, änderte sich das.
Ab dem Moment war nur noch der NSU verantwortlich. Und zwar für alles.

Sie glauben das nicht?

Schaun Sie, bis 2011 hat die Gruppe für nichts die Verantwortung übernommen. Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es nicht ein Statement, kein Bekennerschreiben.
Das ist sehr ungewöhnlich für eine politische Terrorzelle, die das eigentlich immer tut. Um die Lorbeeren einzuheimsen, um politischen Druck aufzubauen undsoweiterundsofort.

Und hier? Nichts! Bis zum Brand des Wohnwagens und des Appartements im Jahr 2011. Da, erst da, als die Hauptbelasteten tot sind, als sie kein Gegenstatement mehr abliefern können, da taucht dann mit einem Schlag alles auf, was man braucht. Bekennervideo, Tatwaffen etc.
Amerikanische Ermittlungsbehörden und auch Geheimdienste haben eine Umschreibung für eine so herzhafte Tatortlage. Sie sagen: Jemand hat “rote Heringe” ausgelegt! Damit die Polizei “anbeißt” und in die erwünschte Richtung gelenkt wird.

Aber durch die nachgelassenen Beweise …

Die machen eben einmal mehr keinen Sinn. Hier ist eine Gruppe, die – folgt man der offiziellen Darstellung – die sich über 10 Jahre sehr schlau verhalten hat. Die Verbrechen gehen ja angeblich in die Dutzende. Und nie, nie sind sie erwischt worden.
Das ist “gute Arbeit”. Aber wenn die so vorsichtig und bedacht vorgingen, dann mussten sie natürlich auch bedenken, dass jederzeit eine Haussuchung auf sie zukommen konnte. Da lässt man Waffen und anderes belastbares Material nicht einfach auf der Nachtkonsole herumliegen. Man bringt sich auch nicht um, wenn man auf Hunderttausenden von Euros sitzt.

Das Strafmaß in Deutschland ist gering, selbst für Mord. Hätten Mundlos und Böhnhardt das Geld, die Waffen und all das andere vergraben – es wäre sehr sehr schwer gewesen, ihnen die ganze Verbrechensserie zuzuordnen. Im schlechtesten Fall hätten sie ein paar Jahre Gefängnis gekriegt. Mit der Aussicht nach ihrer Entlassung gemachte Männer zu sein.

Nun waren die Beweise aber da …

Sie tauchten auf. Oder lagen neben den Toten. Das macht einen Unterschied.

Welchen denn?

Jemand kann sie genauso gut vorsätzlich dort abgelegt oder in Umlauf gebracht haben. Das wäre dann derselbe, der für den Tod der beiden Uwes zuständig war. Jemand von außen.

Könnte, wäre, hätte – das sind Verschwörungstheorien.

Ich habe keine Angst vor diesem Begriff. Die NSU-Zelle war selbst verschwörerisch. Die offizielle Geschichte, die sich um sie rankt, bleibt bis zum Abschluss des Prozesses selbst eine Theorie. Mit zig Widersprüchen und Ungereimtheiten.
Nur weitere, begleitende Komplotteure erklären die und runden die Geschichte wirklich ab.

Durch das Finden der Beweise ergab das Gesamtbild aber 2011 Sinn. Geradezu zwangsläufig.

Ja, eben, zwanghaft. Es erscheint erzwungen. Als ob jemand Birnen, Äpfel, Tomaten und sonst was miteinander verkocht und hinterher Apfelmus drauf schreibt.
Der Verdacht, dass diese Fallstränge – und es sind in der Tat mehrere, nebeneinander laufende – nur bedingt miteinander zu tun haben, dass da andere Täterkreise involviert sind, dieser Verdacht ist bis heute bei einigen Ermittlern nicht ausgeräumt.
Und ich sage: Zu Recht. Sehen Sie sich die Handlungsstränge doch an:

Strang 1: Morde an acht türkischen und einem griechischen Einzelhändler. Einzeltaten, die wie Racheakte aussehen. Typische Mafiamorde, wo es um Schutzgeld und ähnliches geht. Begangen durchgehend mit einer Pistole Marke Česká.

Strang 2: Das Attentat auf die Polizistin und ihren Kollegen in Heilbronn. Tatwaffen: eine Pistole Radom Luger und eine Pistole Tokarew. Haben Sie sich nie gefragt, warum der Täter, wenn es denn der gleiche wie in Strang 1 ist, hier auf einmal seine Waffe wechselt?
Und was macht das angebliche Motiv “Waffenbeschaffung” für einen Sinn? Die Mörder waren doch bereits bewaffnet! Das ist so, als ginge man mit Armani- und Boss-Flacons unterm Arm in eine Parfümerie, um dort unter Mordeinsatz ein Davidoff Aftershave zu klauen.

Strang 3: Bombenanschläge in Düsseldorf (2000) und Köln (2004) mit insgesamt 30 zum Teil schwer Verletzten. Auf politische Massenwirkung abgestellt. Und zum Schluss diverse Banküberfälle, nahezu ausschließlich in Chemnitz und Zwickau verübt. Hier geht´s ums liebe Geld.

All diese Serien wirken eigenständig. Nicht zusammenpassend.

Gut, haken wir die Verbrechens-”Serien” nacheinander ab: Für was ist die NSU-Bande denn aus Ihrer Sicht nun verantwortlich?

Am ehesten für das, wofür sie in der veröffentlichten Meinung am wenigsten in Erscheinung tritt. Der Bombenterror und vielleicht die Bankserie. Warum hält die Politik und die ihr weisungsgebundene Justiz das politischste Moment so offensichtlich aus der Betrachtung heraus?
Das ist eine wesentliche Frage in dieser Affäre. Weil, das sage ich und es ist bereits weitgehend verifiziert worden, der NSU von Anfang mit den Behörden zusammengearbeitet hat.

Der NSU als Arm des Verfassungsschutzes

Sie meinen den Verfassungsschutz?

Ja. Diese Verbindung war von Anfang an da. Und sie erklärt einen großen Teil der Aktenvernichtungen, der Schredderaktionen. Schon bevor die Gruppe in den Untergrund ging war das BfV an ihnen dran. Es gibt etliche Berichte darüber, dass das Amt beim Abtauchen behilflich war.
Dass es den Zugriff durch die normalen Polizeibehörden behinderte. Dass es noch Jahre Kontakt hielt, also wusste, wo die Verdächtigen sich gerade aufhielten.

Aber niemand schritt ein. Die einzige Erklärung für dieses Verhalten ist, dass der NSU eine vorgefertigte Falle für andere Rechtsradikale war. Ein Magnet, der andere Rechtsradikale anziehen sollte. Und ein U-Boot, das in bestimmte Kreise eindringen sollte. Unterwanderung und Ausforschung. Alte Hüte in der Geheimdienstarbeit.
Das hat es tausendmal gegeben und jedes mal verhielten sich die staatlichen Steuerer genau so wie in unserem vorliegenden Fall.

Die Gruppe bestand also aus V-Leuten …

Sie brauchen gar nicht so herablassend zu sein. Lesen Sie die Artikel ihrer Kollegen, Zeitungen die sich weit mehr im Mainstream bewegen als Sie. Was Sie da nach der, ich nenne es mal “Aufräumaktion” von 2011 finden konnten war sehr erhellend.
Nehmen Sie ein gutes Dutzend gut recherchierter Hintergrundberichte aus dem Jahr danach und legen Sie diese zusammen und das Ergebnis ist da, es liegt offen zutage.

Im Jahr 2000 überstellte der Thüringer Verfassungsschutz seinem TerrorTrio über den V-Mann Tino Brandt ein paar Tausend DM. 2003 ordnete der Thüringer LKA-Präsident an, die Fahndung nach Uwe Böhnhardt zu verhindern. Es solle nur zum Schein ermittelt werden. Die Quelle hierfür kommt von der Polizei!

Wenn Sie mehr wollen, dann googlen Sie einfach den Begriff NSU, unter Wikipedia. Selbst da reicht kritischer Restverstand um zu merken was lief. Der Nationalsozialistische Untergrund war Staatseigen, er war gemacht, zu politischen Zwecken, im positiven Sinne zur Eindämmung des Extremismus, auf die negativen kommen wir sicher noch zu sprechen.
Das Problem war, dass sich die Behörden damit auf sehr dünnes Eis begeben haben, weil sie zur Unterwanderung gleichzeitig Kriminalität zulassen oder gar fördern mussten.

Der NSU ging aus dem “Thüringer Heimatschutz” hervor.

Tauscht man das Wort Heimat durch Verfassung kommt man der Wahrheit schon näher. Dieses Durchlaufbecken für den rechten Extremismus ist – wie die NPD, die man deshalb auch nicht verbietet – gespickt voll mit Staatsbeamten.

NSU: Der Fall hat aussenpolitische Hintergründe

NSU: Der Fall hat aussenpolitische Hintergründe

Nach Medienberichten soll der V-Mann Michael See das Terror-Konzept entwickelt haben, an dem sich der NSU orientierte. Laut einem Bericht der Berliner Zeitung habe See das theoretische Konzept für den Aufbau von “autonomen Zellenstrukturen” ausgearbeitet. In seiner Postille “Sonnenbanner” soll er zum Gang in den Untergrund aufgerufen haben, berichtet Zeit Online.

Schon in den frühen 1990er Jahren habe See im thüringischen Leinefelde die örtliche Kameradschaft geführt, deren Wehrsportgruppe geleitet und gute Kontakte zum Thüringer Heimatschutz (THS) unterhalten, aus dem später der NSU hervorging.

Nur eine Woche nach Auffliegen des NSU im November 2011 vernichtete der Verfassungsschutz die Akte Sees, der sich mit Hilfe des BfV nach Schweden absetzte.

Sie merken aber schon, dass Sie sich die ganze Zeit über im gedanklichen Milieu von Verschwörungstheorien bewegen?

Wir sprechen hier über Geheimdienste, Verschwörungen sind deren Metier. Was denken Sie denn was Geheimdienste machen? Warum ihre Arbeit geheim ist?
Weil sich ihre Arbeit ständig hart am Rande der Legalität bewegt und teilweise ein gutes Stück darüber hinausgeht.

Snowden hat nun ein paar Sachen über die NSA herausgeholt. Aber das ist noch der harmloseste Dienst von allen. Etliche, Dutzende Terrorgruppen der letzten Jahrzehnte wurden und werden von Geheimdiensten geführt und nach Belieben eingesetzt.

Nehmen Sie die Roten Brigaden aus Italien. Allein zur Fremdsteuerung dieser Gruppe gibt es ganze, sehr penibel recherchierter, Buchreihen. Dass aktive deutsche RAF- und Rechtsterroristen in den 70iger und 80iger Jahren von der DDR-Staatssicherheit mit Pässen, Waffen, Unterschlupf, Ausbildung und so weiter ausgerüstet wurden, ist aus den Stasi-Akten bekannt. Aus denen, die bekannt wurden.

Dass die CIA Osama Bin Laden und seine Al Kaida erst aufbaute, um mit ihrer Hilfe den Sowjets in Afghanistan die Hölle heiß zu machen, ist auch nichts Neues unter der Sonne. Das ist business as usual. Geheimdienstliche Alltagsarbeit.
Glauben Sie dass sich an der bis heute etwas geändert hätte?

Jedes Jahr werden überall rund um die Welt rechte, linke oder religiöse Extremisten, ob echte oder einfach nur begabte Schauspieler, in radikale Kreise und Parteien eingeführt, um die auszuforschen. Durch gezielte Provokationen zu brandmarken.
Um nicht zu den Staatsdiensten gehörige Aktivisten zu “kassieren”. Um für Verhaftungs- und Verbotsmaßnahmen zu sorgen. Um einschneidende Sicherheitsgesetze zu begründen.

Wenn es so war, wie Sie sagen, warum haben die Behörden ihre Bande dann nicht “abgestellt”, als die Verbrechensserie Over The Top ging?

Ich bin sicher dass sie abgestellt wurde. Die Bombenserie war bereits 2004 zu Ende. Die Dönermorde brachen 2006 ein. Die einschlägigen Banküberfälle hörten 2007 mit einem Schlag auf.

Also gibt es doch eine Verbindung dieser Stränge, die bei der NSU zusammenliefen!

Nein, es war hauptsächlich die Verbindung der Geheimdienste in diese Stränge, die das erklärt. Ich komme noch zu diesem Punkt. Oder, gut, beginnen wir schon mal hier.
Die Verbindung des deutschen Inlandsgeheimdienst war, wie gesagt, von Anfang an da. Sehr wahrscheinlich auch die Billigung bestimmter Straftaten. Herkömmlicher Straftaten, keine großen.

Die Spitze des Erlaubten dürften Banküberfälle dargestellt haben. Was aber wiederum die Chuzpe erklärt, mit der die Täter vorgingen. Das waren ja immerhin ein gutes Dutzend Überfälle, fast immer in Chemnitz und Zwickau, zwei Städte die wirklich nicht weit auseinanderliegen. Zwei Brüche pro Jahr.
Und nie werden die Täter gefasst, das ist schon bemerkenswert.

Ich will nicht sagen, dass der Verfassungsschutz hier Schmiere gestanden hat, aber er hat ganz sicher schlecht für einen Zugriff gearbeitet. Soviel ist mal sicher. Aus diesem Gesichtswinkel verlief die Zusammenarbeit planmäßig.

Das Problem, das erste, eigentlich das Grundproblem, kam von anderer Seite ein – als es ausländischen Geheimdiensten gelang, sich ebenfalls an die Bande anzuzecken.

Bombenterror und fremde Dienste

Welche Geheimdienste?

Die CIA und zumindest über Mitwisserschaft der Mossad. Auch das ist ja nichts Neues. An der RAF waren mehrere Geheimdienste dran, nicht nur die östlichen. Bei den Roten Brigaden sah es nicht anders aus. Bei denen hatten die italienischen Dienste ihre Verbindungen, die CIA ebenfalls und via P2 und Gladio auch der Mossad.
Der NSU ist also so etwas wie ein Nachfolgefall.

Und hier sind wir bei einem zweiten sehr wesentlichen Hintergrund des NSU: Für den zweiten oder gar dritten unsichtbaren Steuermann war von Anfang an klar: Wenn es ihm gelang, eine vom Verfassungsschutz geführte Gruppe durch Anschläge zu übersteuern, dann saßen die teutonischen Schlapphüte in der Patsche:
Ein geschickt lancierter Enthüllungsartikel – gewürzt mit Fotos von sich am Boden krümmenden, blutenden Menschen – musste jede x beliebige Berliner Regierung ins Wanken bringen.

Eine Kumpanei mit bombenden Neonazis bedeutete mehr: Deren unvermeidlicher Sturz. Wie gesagt, man muss so was nicht gleich ganz auspacken. Man nutzt es. Dosiert die Lösung bis runter auf ein homöopathisches Maß, damit die bittere Medizin auch ihr Behandlungsziel entfaltet.
Und dieses Ziel heißt durchweg “Folgsamkeit”.

Diese Methode ist im machiavellistischen Kleinkrieg der Geheimdienste ebenfalls nicht neu. Und ich habe wenig Zweifel, dass sie im Fall der NSU-Gruppe erfolgreich zur Anwendung gekommen ist.

Über Anbahnungsversuche dieser Dienste zum NSU ist nichts bekannt.

Da wird auch nichts bekannt. Weil das viel zu geschickt eingefädelt wird. Man benutzt den V-Mann eines verbündeten Dienstes nicht gegen Geld und gute Worte. Da geht man nicht einfach zu dem hin und sagt: „Möchtest Du auch für uns arbeiten?“
Die Gefahr, dass der dann postwendend zu seinem Stamm-Brötchengeber läuft und das auspackt ist viel zu groß.

Man nutzt stattdessen eine geheimdienstliche Struktur, die nicht unmittelbar oder notwendigerweise auf das eigene Büro zurückzuführen ist. Im Falle der CIA war das der Ku-Klux-Klan, der sowohl von der Agency als auch vom FBI so hoch unterwandert ist, dass er unter Fachleuten als “geführt” gilt.
Auch die Israelis mischen da mit. Trotzdem ist das eine formal eigenständige Gruppe. Als Bindeglied also ideal.

Und, Zufall über Zufall, der “Nationalsozialistische Untergrund” stand von frühesten Tagen an in sehr engem Kontakt zum europäischen Ableger des Klans. Der spielte übrigens bereits im Vorfeld der ausländerfeindlichen Ausschreitungen Anfang der 90iger Jahre eine Rolle, als er die deutsche Neonaziszene anheizte und Helmut Kohl in den Aufbau Ost spuckte. Was damals, als die Karten nach dem Mauerfall gerade neu gemischt wurden, im Sinne des Pentagon lag.

Wie soll die Übersteuerung denn gelaufen sein?

Halten Sie sich die aufregenderen Terrorvorfälle dieser Zeit vor Augen, als der NSU abtauchte. Da war zum einen 2000 in Düsseldorf der Rohrbombenanschlag auf jüdische Aussiedler mit zehn zum Teil schwer Verletzten.
Und dann der Nagelbombenanschlag 2004 in Köln, mit der doppelten Anzahl Betroffener.

In beiden Fällen wäre eine Verstrickung des Klan denkbar gewesen, der mit solchen Massakern nicht ganz unerfahren ist. Aber – und das ist seltsam – die Regierungs- und Polizeibehörden hängten beide Fälle sofort tief, bestritten einen polit-terroristischen Hintergrund.

Gehen wir hier nur einmal kurz davon aus, dass der Klan beteiligt war. Als Planspiel. Für den KKK wäre es beides mal ein Leichtes gewesen, ihre NSU-Verbindungsleute zu involvieren.

Im ersten Fall – Düsseldorf – indem man die Rohrbombe bei den OstNazis orderte. Dass die sich in ihrer Gründerphase intensiv mit Bombenbau befassten, war damals schon kein Geheimnis.
Die Kapuzen-Arier sagen also zu ihren mitteldeutschen Brüdern: Wir haben da was in Marburg vor, was Aufsehenerregendes, aber nichts wirklich Übles. Keine Toten. Könnt ihr uns dafür eine Bombe zuliefern?
Die NSUler werden das machen. Möglicherweise, wahrscheinlich sogar, nachdem sie sich vorher beim Verfassungsschutz grünes Licht geholt haben. Die geben ihr okay und pushen über einen V-Mann ein paar Kilo frisches TNT.

Wir wissen heute, dass der NSU tatsächlich einen solchen Lieferanten hatte, der ab 2000 als V-Mann des Berliner LKA arbeitete. Anschließend schaltet das BfV auf Totalüberwachung des KKK-Umfelds, von wo aus es in dem Glauben bestärkt wird, dass in der genannten Stadt zu einem bestimmten Zeitpunkzt an einer bestimmten Stelle tatsächlich etwas passieren wird.
Der getracete Bombenkoffer wird allerdings von den Abnehmern entschärft und durch Zwischenweitergabe verliert das BfV zumindest diese eine Spur.

Dann knallt es in Düsseldorf. Der NSU steckt damit bis zum Hals da drin. Und die Behörden gleich mit. Daher die sofortige Reaktion von oben, den Anschlag niedrig zu hängen, zu entpolitisieren.

Vier Jahre später dann der nächste Knall in Köln. Nehmen Sie ein anderes Storyboard: Mindestens ein Player der NSU-Kerntruppe wird zu einem vertraulichen Gespräch in die Domstadt geladen. Von jemandem, der dem KKK nahesteht, aber nicht direkt dazugehört.
Die Verfassungsschützer sind interessiert, sie müssen es ja von Berufswegen sein, und beordern einen der ihren gleich mit zu dem vereinbarten Treffpunkt, zur Observation.

Aber der Kontaktmann taucht nicht auf. Die Deutschen ziehen also wieder ab. Kurz danach geht am gleichen Ort die Nagelbombe hoch. Wenn an diesem Tag keine herkömmlichen Überwachungskameras liefen, dann hat jemand privat mitgefilmt, das garantiere ich Ihnen. Und auf einem Bild sieht man, sagen wir Mundlos, und auf einem anderen den Beamten, am Ort des Anschlags, eine halbe Stunde bevor´s peng macht.

Ein absolut tödlicher Cocktail. Jeder herkömmliche Betrachter muss denken: Hier ist der deutsche Verfassungsschutz auf unbeteiligte Zivilisten losgegangen.
Arm in Arm mit Naziterroristen …

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