E ine zweite Gruppe von gefährdeten unkontaktierten Indigenen hat im brasilianischen Amazonasregenwald Kontakt mit Aussenstehenden aufgenommen. Erst vor wenigen Wochen hatten brasilianische Experten vor „Genozid“ und „Ausrottung“ des Volkes gewarnt.
Die Gruppe aus rund 24 Personen soll Männer, Frauen und Kinder umfassen, die Angaben zufolge vor Angriffen aus Peru geflohen sind. Brasiliens Gesundheitsministerium hat erklärt, dass die Indigenen bei guter Gesundheit sind und sich im Xinane-Wachposten der Regierung aufhalten.
Eine ähnliche Kontaktaufnahme war bereits im Juni zustande gekommen, als sieben Angehörige des gleichen Volkes ebenfalls in der Grenzregion Kontakt zu einer Gemeinde von Asháninka-Indianern und Mitarbeitern von Brasiliens Indianerschutzbehörde → FUNAI aufgenommen hatten.
Die Indigenen erhielten eine Notfallbehandlung wegen einer akuten Atemwegsinfektion und blieben kurzzeitig in Quarantäne, bevor sie zu ihrer Gemeinde in den Wald zurückkehrten.
Aktivisten kritisieren den mangelnden Schutz des Landes unkontaktierter Völker in Peru.
Die Indianer hatten zuvor berichtet, dass sie brutal angegriffen worden waren und ihre älteren Angehörigen einem Massaker durch Eindringlinge zum Opfer gefallen waren, vermutlich Kokainschmuggler.
Peruanische und brasilianische Behörden hatten im März ein Kooperationsabkommen zum Schutz des Landes unkontaktierter Völker unterzeichnet. Dennoch bedrohen illegale Holzfäller, Drogenschmuggler und die Arbeit von Öl- und Gasunternehmen das Leben unkontaktierter Völker durch Gewalt und Krankheiten.
Ein Übersetzer, der den ersten Kontakt begleitete, erklärte: „Die Mehrheit der älteren Menschen wurde von Nicht-Indianern in Peru ermordet, die mit Gewehren auf sie schossen und die Häuser der Unkontaktierten in Brand setzten. Sie sagen, dass viele ältere Menschen starben und dass sie drei Personen in ein Grab legen mussten.“
→ Nixiwaka Yawanawá, ein Amazonas-Indianer aus dem gleichen Bundesstaat (Acre), erklärte: „Es macht mich traurig zu sehen, dass meine unkontaktierten Verwandten ausgerottet werden könnten und dass Peru keine Verantwortung übernimmt.
Brasilien und Peru müssen die nötigen Gelder bereitstellen, um sie zu schützen, solange noch Zeit ist. Sonst wird ein weiteres unschuldiges Volk vor den Augen der Weltöffentlichkeit ausgelöscht.“
Carlos Travassos, Leiter von FUNAIs Abteilung für unkontaktierte Völker, erklärte: „Es könnte das letzte Mal sein, dass wir diese jungen Menschen sehen. Morgen könnten sie durch Krankheiten oder Schüsse getötet werden.“
→ Unkontaktierte Völker sind die bedrohtesten Gesellschaften unseres Planeten. Sie haben keine oder nur schwache Abwehrkräfte gegen Krankheiten wie Grippe oder Masern ausgebildet, die sie töten können. Auch Gewalt durch Eindringlinge bedroht ihr Überleben.
Über 11.000 Personen haben bereits in einer Aktion von Survival International, der globalen Bewegung für die Rechte indigener Völker, an Peru und Brasilien appelliert, das Land unkontaktierter Völker sofort zu schützen.
Stephen Corry, Direktor von Survival International, erklärte: „Die Berichte dieser Menschen – von der Ermordung ihrer Angehörigen und der Zerstörung ihrer Häuser – sind sehr beunruhigend.
Wahrscheinlich hat sich dies auf der peruanischen Seite der Grenze abgespielt, verursacht durch illegale Holzfäller und Drogenschmuggler, deren Gegenwart seit Jahren bekannt ist. Was muss noch passieren, bis Perus Regierung das Gebiet unkontaktierter Völker wirklich schützt?“