V or genau 70 Jahren ging in der US-Kleinstadt Bretton Woods (Bundesstaat New Hampshire) eine internationale Konferenz zu Ende, die den Grundstein für das neue Weltfinanzsystem legte. Der Zweite Weltkrieg war noch im Gange, doch die Staatschefs der führenden Staaten versuchten, die Grundlagen für die Nachkriegsfinanzwelt auszuarbeiten. Das geschah, aber sie haben die Welt nicht vor Währungskriegen retten können.
An der Konferenz in Bretton Woods vom 01. bis 22 Juli 1944 nahmen 730 Delegierte aus 44 Ländern der Anti-Hitler-Koalition teil.
An der Tatsache, dass die Welt klare Regeln einer Währungspolitik brauchte, zweifelten die Vertreter der führenden Länder nicht. Letztendlich wurde ein System geboren, das den Nachkriegswiederaufbau und die Entwicklung der Weltwirtschaft gewährleisten sollte.
Dieses System band den Wechselkurs des US-Dollars an den Goldpreis an (35 US-Dollar pro Feinunze), es bestimmte fixe Devisen-Wechselkurse der Teilnehmerländer zum Dollar und es liess ernsthafte Veränderungen der Devisen-Wechselkurse nur mittels Aufwertung und Abwertung zu.
Die Hauptvollmachten zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens dieses Systems wurde dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie der Internationalen Bank für Rekonstruktion und Entwicklung (IBRD) übertragen.
Dieses System eröffnete die weltweite Epoche des “Goldstandards” und der Allmacht des an ihn gebundenen US-Dollars. Dieser Umstand war objektiv damit verbunden, dass gerade die US-amerikanische Wirtschaft in der Zeit des Zweiten Weltkrieges weniger als andere gelitten hatte. Die Anbindung des Weltfinanzsystems an den Dollar und des Dollars an das Gold schuf ihrerseits Bedingungen dafür, dass sich die USA in das wichtigste Finanzzentrum der Welt und der IWF und die IBRD im Grunde genommen in eine geopolitische Waffe Washingtons verwandelt haben.
Eine Folge dieses Systems wurde die Festigung des Einflusses der transnationalen Körperschaften, in denen gerade das US-amerikanische Business Schlüsselpositionen einnahm.
In der heutigen Welt hat sich die Konfrontation der nationalen Regierungen und der transnationalen Körperschaften besonders zugespitzt und gerade diese Tatsache bedrohe das Weltwirtschaftssystem, bemerkte im Gespräch mit Rossiya Segodnya der Direktor des russischen Instituts für Globalisierung und soziale Bewegungen, Boris Kagarlizki. Konkret sagte er Folgendes:
„Die entstandene Situation des ‚nicht steuerbaren Chaos‘ verwandelt sich ihrerseits in einen Krieg aller gegen alle. Der einzige Ausweg ist in diesem Sinne natürlich eine Zunahme des Protektionismus. Das ist eine objektive Sache. Da lässt sich nichts machen.
Das ist eine normale Methode zur Wiederherstellung der Lenkbarkeit des Weltwirtschaftssystems.“
Nicht zufällig hatte die UdSSR, welche die Schlussdokumente damals mit unterzeichnet hatte, das Dokument nicht ratifiziert. Ausserdem lehnte es die Sowjetunion ab, sich an der Tätigkeit des IWF und ebenso der Weltbank zu beteiligen.
In den 1970er Jahren wurde der “Goldstandard” aufgehoben. Das geschah auf Initiative der USA.
Der formale “Anfang vom Ende” des Bretton Woods-Systems war 1971 die Weigerung des US-Präsidenten Richard Nixon, auf Bitten Frankreichs ein zwischenstaatliches Geschäft zum Umtausch von US-Dollar in Gold zu realisieren. Das Bretton Woods-System machte derartige Geschäfte für die USA obligatorisch.
Seit 1978 gilt in der Welt das sogenannte Jamaika-System, das auf dem Prinzip der freien Konvertierbarkeit der Währungen und auf ständigen Wechselkursschwankungen beruht.
Der US-Dollar behält aber weiterhin die Schlüsselposition bei Geschäftsabschlüssen in der Welt und das Federale Reserve System (FRS) der USA hat sich seinem Eindruck nach in die Geldpresse der Welt verwandelt.
Es ist so, dass der Verzicht auf den “Goldstandard” für den US-Dollar faktisch zum Auftauchen eines “Papierstandards” führte. Fortan wurde der Dollar-Wechselkurs durch die umfangreiche Emissionstätigkeit des FRS und der Dynamik der Erdölpreise bestimmt.
Nicht zufällig treten heute immer mehr einflussreiche Politiker und Geschäftsleute gegen die Allmächtigkeit des “Papierdollars” ein. Insbesondere erklärte der Generaldirektor des französischen Erdöl- und Erdgas-Unternehmens Total, Christophe de Margerie, buchstäblich am Vorabend des Jubiläums des Bretton Woods-Systems, er sehe keine Gründe, das Erdöl ausschliesslich in US-Dollar zu bezahlen.
De Margerie meint, sich vollständig vom US-Dollar zu lösen, werde wohl nicht gehen, doch es wäre bemerkenswert, wenn man den EURO öfter nutzen würde.
Eine ähnliche Position vertritt der Vorsitzende des Direktorenrats des Energie-Unternehmens GDF Suez, Gerard Méstrallet.
Ein noch ernsthafteres Mittel, die Allmacht des Dollars zu bekämpfen, können die neuen regionalen Handels- und Wirtschaftsvereinigungen sein, in erster Linie jene auf der Basis der internationalen Organisation BRICS.
Die Vereinbarungen im Rahmen der BRICS gründen sich auf gegenseitig vorteilhafte politische Vereinbarungen, wobei sie auch wirtschaftlich gut durchdacht sind. Das unterscheidet sie vorteilhaft von jenen Mechanismen, die insbesondere im Rahmen der EU (Europäische Union) ausgearbeitet wurden.
In diesem Zusammenhang erwähnte der Direktor des Banken-Instituts der Nationalen Forschungsuniversität Higher School of Economics, Wassili Solodkow, im Gespräch mit Rossiya Segodnya die Einführung der gemeinsamen Bankenaufsicht in der Eurozone.
Konkret sagte Solodkow Folgendes: „Die Behörden der Eurozone vereinbarten die Schaffung einer gemeinsamen Bankenaufsicht. Dabei geriet jedoch die Frage, eine gemeinsame Haushaltspolitik zu betreiben, in den Hintergrund.
Indessen verliert ohne eine derartige Politik auch die gemeinsame Bankenaufsicht ihren Sinn. In diesem Beispiel sieht man auch das Fehlen einer politischen Entscheidung sowie einer wirtschaftlichen Klärung der Frage.“
Es sei daran erinnert, dass im Frühjahr 2013 China im Rahmen der BRICS einen Handelsvertrag mit Brasilien unterzeichnet hatte, die gegenseitige Verrechnungen in den nationalen Währungen sowie die Eröffnung einer sogenannten Swap-Linie zwischen Brasilien und China für den gegenseitigen Währungsumtausch zu einem fixen Wechselkurs über eine Summe von etwa 200 Milliarden Yuan (etwa 30 Milliarden Dollar) vorsieht.
Dieser Mechanismus ähnelt dem des Bretton Woods-Systems, aber eben ohne den US-Dollar. In Vielem dank dieser Vereinbarung konnte der Yuan zum Jahresende 2013 den Euro im internationalen Handel auf den dritten Platz verdrängen.
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