D ie ärztliche Friedensorganisation IPPNW spricht sich anlässlich von zwölf Jahren deutscher Beteiligung am Afghanistankrieg für die ersatzlose Aufkündigung von Kooperationen zwischen Bundeswehr und Schulministerien aus.
„Die Öffnung des Schulunterrichts für Programme der Bundeswehr ist mit einer Erziehung zu Frieden und Völkerverständigung nicht vereinbar“, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Susanne Grabenhorst.
Es stünde Deutschland knapp 100 Jahre nach Beginn des ersten Weltkrieges gut an, nicht den Krieg, sondern den Frieden zu lehren.
Schulen seien zivile Einrichtungen und sollten ihrer Verantwortung gerecht werden für eine Gesellschaft, in der Konflikte durch Kompromisse gelöst werden und nicht durch Gewalt. Die Erfolge von Mediation, ziviler Konfliktbearbeitung, demokratischem gewaltfreiem Wandel müssten den Schülern und Schülerinnen vermittelt werden – nicht aber die “beruflichen Chancen” und die “Abenteuer und Grenzerfahrungen” des Soldatenberufes.
Die Entscheidung über die Verpflichtung zum Militärdienst sollte nicht von Jugendlichen getroffen werden. Im vergangenen Jahr gingen aber 1.216 Jugendliche bereits im Alter von 17 Jahren zur Bundeswehr, entweder als ZeitsoldatInnen oder als “freiwillig Wehrdienstleistende”. Das sind 50 Prozent mehr als 2011.
Viele Soldaten kommen körperlich und seelisch versehrt zurück, ein Teil kommt gar nicht heim. Bei Auslandseinsätzen kamen seit 1992 insgesamt 102 Soldaten ums Leben, davon 37 Soldaten durch Fremdeinwirkung, 65 kamen durch sonstige Umstände ums Leben.
Insgesamt 20 Angehörige der Bundeswehr nahmen sich in Auslandseinsätzen das Leben. Beim Einsatz in Afghanistan sind bisher 54 deutsche Soldaten umgekommen.
Das Krankheitsrisiko bei Auslandseinsätzen ist zudem hoch. Im September 2012 wurden von der TU-Dresden zusammen mit dem Psychotraumazentrum der Bundeswehr neue Zahlen zu traumatischen Ereignissen insbesondere der post-traumatischen Belastungsstörung (PTBS) bei im Ausland eingesetzten Soldaten veröffentlicht.
Fast die Hälfte von ihnen berichtete von mindestens einem traumatischen Ereignis. Das PTBS-Risiko nach der Rückkehr war auf das 2- bis 4fache erhöht, aber auch andere psychische Störungen traten vermehrt auf.
Im Berliner Psychotraumazentrum wurden im Jahr 2011 bei 922 Soldaten posttraumatische Belastungsstörungen diagnostiziert, im Jahr 2010 waren es 1.458. Dabei wird angenommen, dass nur jeder zweite Betroffene diagnostiziert und behandelt wird.
Auch die Angehörigen leiden unter dem Einsatz. Zieht ein Elternteil in den Krieg, kommt es bei jedem dritten Kind zu psychischem Leiden und Verhaltensstörungen. Das haben WissenschaftlerInnen in den USA herausgefunden.
Darüber hinaus gibt es Hinweise dafür, dass Soldaten, die im Auslandseinsatz waren, vermehrt straffällig werden und die Hemmschwelle für aggressives Verhalten in ganz alltäglichen Situationen sinkt.
→ Begleitende Hintergrundinformation für Lehrpersonal (PDF)