G estern hatte netzpolitik.org darüber berichtet, dass die → Deutsche Telekom im Moment den Spin versucht, eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität würde Internet teurer und langsamer machen und dafür die Niederlande als Beweis heran führte.

netzpolitik.org hatte am Montag eine eMail mit einer neugierigen Nachfrage bezüglich Fakten an die Telekom-Pressestelle geschickt, die wohl verschüttet gegangen ist. Nach einem gestrigen Artikel dann eine eMail von der Pressestelle mit “Belegen” für die These.

Und die erstaunte sehr: Die Deutsche Telekom schickte Artikel aus der Fachpresse, wonach die Mobilfunkanbieter KPN, Vodafone und T-Mobile bei der Ratifizierung des Gesetzes in den Niederlanden aus Protest per Pressemitteilung Preiserhöhungen verkündet haben.

Da weiss man nicht, ob man lachen oder weinen soll, wenn man als Beweis für einen Spin der Öffentlichkeitsarbeit einen Verweis auf einen anderen Spin erhält, der womöglich nur ein paar Tische weiter in derselben PR-Abteilung, auf jeden Fall im selben Konzern, entstanden ist.

netzpolitik.org hat trotzdem mal hinterher recherchiert, was da dran ist. Als erstes geht es um die These, ob das Internet langsamer geworden ist. Hier bietet Akamai mit dem “State of the internet”-Report einen Quartals-Vergleich der Durchschnittsgeschwindigkeit unterschiedlicher Länder.
Verglichen wurden die Niederlande mit Deutschland und als weiteren Vergleichsstaat Belgien. Was auffällt: Das Internet ist sowohl in den Niederlanden als auch in Belgien schneller als in Deutschland.

Die Beantwortung der Frage, ob das Internet teurer geworden ist, ist etwas komplizierter. Es gibt Festnetz-Internet und mobiles Internet. Und ganz andere Player als in Deutschland.

Im mobilen Internet wurden die vier Unternehmen XS4ALL, Vodafone, KPN und T-Mobile untersucht. Grosse Überraschung: Die Preise bei KPN und Vodafone sind pro Volumen-Paket gleich geblieben, die Geschwindigkeit ist sogar gestiegen.

Am auffälligsten ist die Preispolitik von XS4ALL. Besonders der teuerste Tarif ist im Vergleich zum Jahr 2011 deutlich günstiger geworden. Heute müssen für ein monatliches Volumen von 2GB 30,- Euro bezahlt werden, wo 2011 noch 39,95 Euro fällig wurden. Einhergegangen ist diese Preissenkung mit einer Steigerung der angebotenen Geschwindigkeit.

Musste man sich 2011 noch mit 768 kbit/s bei einem monatlichen Volumen von 1GB und 1,8 Mbit/s bei 2Gb begnügen, bietet XS4ALL heute 14,4 Mbit/s über beide Tarifmodelle hinweg an.

Es muss also festgehalten werden, dass die Preise nicht nur gesunken sind, sondern im Gegenzug die Geschwindigkeiten sogar gestiegen sind – jedenfalls bei XS4ALL. Was machen aber die grossen Player in den Niederlanden?

Zu sehen ist, dass die Preise bei Vodafone in den Niederlanden nahezu konstant geblieben sind. Eigentlich wurde jeweils nur auf den nächstgrösseren ganzen Betrag aufgerundet. Was im ersten Moment nach Stagnation klingt sieht schon ein wenig anders aus, wenn man sich die Entwicklung der angebotenen Geschwindigkeiten anguckt.

Im Jahr 2011 bot Vodafone über alle Verträge für mobiles Internet hindurch eine Geschwindigkeit von 7,2 Mbit/s im Download an. Heute werden 7,2 Mbit/s nur noch im kleinsten Tarif mit einem monatlichen Volumen von 500MB.

Bei einem Volumen von 2GB stehen einem bereits 14,4 Mbit/s zur Verfügung und bei einem Volumen von 7GB stolze 28,8 Mbit/s. Kunden von Vodafone haben also im Gegensatz zu 2011 für den selben Preis eine höhere Leistung erhalten.

Ein ähnliches Bild wie bei Vodafone zeigt sich auch beim niederländischen Provider KPN. So haben sich die Preise für den kleinsten Tarif (500 MB Volumen pro Monat) und den grössten Tarif (5GB pro Monat) zwischen 2011 und heute nicht verändert.

Hat Netzneutralität in den Niederlanden Internet langsamer und teurer gemacht?

Hat Netzneutralität in den Niederlanden Internet langsamer und teurer gemacht?

Der damalige Tarif mit einem Volumen von 2GB zu einem Preis von 30,- Euro ist durch einen neuen Tarif mit einem Volumen von 2,5GB pro Monat ersetzt worden, welcher mit 35,- Euro zu Buche schlägt.
Auch hier kann von einer Preissteigerung keine Rede sein. Und auch bei KPN sind die angebotenen Geschwindigkeiten im mobilen Internet seit 2011 gestiegen. Waren es 2011 noch 3,6 Mbit/s im kleinsten Tarif und ansonsten 7,2 Mbit/s, beginnt heute der kleinste Tarif mit 14,4 Mbit/s und der grösste endet bei 50 Mbit/s. Auch bei KPN kriegt man heute dementsprechend für das selbe Geld mehr Leistung als noch 2011.

Einziger Beleg für die These „Internet ist teurer geworden“ ist übrigens T-Mobile selbst. Überraschung!

Die Preise bei T-Mobile sind nicht enorm gestiegen, aber doch erkenntlich. Besonders deutlich wird dieses im oberen Preisbereich. Hat man 2011 für 50,- Euro noch 15GB an Download-Volumen pro Monat erhalten, sind es heute für 47,50 Euro nur noch 10GB.
Festgehalten werden muss aber, dass T-Mobile ihr Preissystem in den Niederlanden deutlich umgekrempelt hat und die einzelnen Tarife von damals nur schwer mit heutigen zu vergleichen sind.

Dennoch ist eine tendenzielle Preissteigerung zu erkennen. Erwähnt werden soll aber dennoch, dass auch bei T-Mobile die angebotenen Geschwindigkeiten im Vergleich zu 2011 gestiegen sind. Mit 14,4 Mbit/s über alle Tarife hinweg liegen sie zwar teils deutlich unter den Geschwindigkeiten anderer Provider, aber ebenso deutlich über den Geschwindigkeiten ihrer 2011er Verträge mit 3,6 Mbit/s (500MB Volumen pro Monat) oder 7,2 Mbit/s (2GB).

Das Internet ist in den Niederlanden teurer und langsamer geworden? Wir sind zwar parteiisch, aber uns fehlen da immer noch die Beweise für diese These.
Wenn da nichts mehr kommt, kann man davon ausgehen, dass da nicht soviel dran ist.

Übrigens bietet der Provider KPN in den Niederlanden 500 MBit/s Up- und Download für 88,- Euro im Monat inklusive Telephon und digitalem HD-TV. Davon träumen in Deutschland Telekom-Kunden.

RF/netzpolitik.org

Schlagwörter # , , , , , , , ,

Rote Fahne bezahlen