D ieses im Promedia-Verlag zu Wien erschienene Buch von Petra Wild wird vom Soziologen Prof. Moshe Zuckerman in der Süddeutschen Zeitung rezensiert.
Ein Auszug:
„Dass sich die Leute, die sich mit Israel solidarisieren, nicht um palästinensisches Leid scheren, versteht sich von selbst.
Dass sie sich aber auch nicht wirklich für Juden interessieren, sondern nur für deren Abstraktion als “Juden = Zionisten = Israelis”, liegt ebenso klar auf der Hand: Nicht nur agieren sie unmoralisch den Palästinensern gegenüber, sondern ihre “moralische Verpflichtung” den Juden gegenüber erweist sich als Parteinahme für das, was ihnen als projizierte Abstraktion das Ausleben unverarbeiteter Befindlichkeiten ermöglicht.
Die Unbescholtenheit von “Juden = Zionisten = Israelis” darf auf keinen Fall infrage gestellt werden; sie allein garantiert die Makellosigkeit derer, mit denen man sich solidarisieren muss, um sich selbst – “wiedergutmachend” – moralisch schadlos zu halten.
Nun haben aber jüdische Israelis im zionistischen Land seit Jahrzehnten Schlimmstes verbrochen. Darum geht es in Petra Wilds Buch.
Kapitel um Kapitel zeichnet sie nach, auf welcher Basis sich das viel gerühmte zionistische Projekt – sei es als Zufluchtsland der Holocaust-Überlebenden oder als “einzige Demokratie im Nahen Osten” – herausbildete, auf welche strukturellen und ideologischen Fundamente es gestellt war.“
Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina
Der zionistische Siedlerkolonialismus in Wort und Tat
von Petra Wild
Über die Palästina-Frage scheint schon alles gesagt. Das Buch von Petra Wild beweist das Gegenteil. Es orientiert sich an den neuesten Erkenntnissen der Kolonialismus- und Genozidforschung, die den Zionismus als eine Form des europäischen Siedlerkolonialismus ausweisen.
Nach einer Einführung in den Ursprung des palästinensisch-israelischen Konflikts und den exklusiv ethno-religösen Charakter des Staates Israel wird in diesem Werk detailliert auf die israelische Politik gegenüber den Palästinensern innerhalb der Grenzen Israels und in den 1967 besetzten Gebieten eingegangen.
Diese wird von israelischen, palästinensischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen wie auch von UN-Organisationen immer wieder als Apartheid angeprangert.
Da der zionistische Siedlerkolonialismus anders als der südafrikanische nicht auf die Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung als billige Arbeitskräfte, sondern auf deren möglichst vollständige Ersetzung durch die Siedlerbevölkerung zielt, ist die schleichende ethnische Säuberung neben der Apartheid das Hauptmerkmal der zionistischen Kolonialpolitik.
Wie diese Politik in der Praxis aussieht, wird in einzelnen Kapiteln über die Ghettoisierungspolitik in der Westbank, die ethnische Säuberung des Jordantals, die Gewalt der kolonialen Siedler sowie die Vertreibung der einheimischen Bevölkerung und die Zerstörung der historischen Stadt Jerusalem dargelegt.
Dass es dennoch einen Silberstreif am Horizont gibt, zeigt das Abschlusskapitel zur Debatte über die Ein-Staat-Lösung, wie sie unter Palästinensern, antizionistischen Israelis und Aktivisten der internationalen Solidaritätsbewegung geführt wird.
Angestrebt wird die Errichtung eines demokratischen säkularen Staates auf dem Boden des historischen Palästinas, in dem muslimische, christliche und drusische Palästinenser sowie jüdische Israelis auf der Basis von gleichen Rechten zusammenleben.
Der seinem Anspruch nach exklusiv jüdische Staat Israel soll durch einen multiethnischen, multireligiösen und multikulturellen ersetzt werden. Die Ein-Staat-Lösung würde nicht nur den Palästinensern ihre von der UNO anerkannten Rechte auf Selbstbestimmung, Rückkehr und Entschädigung garantieren, sondern auch die jüdisch-israelische Bevölkerung von ihrem Status als Kolonialherren befreien.
Die Autorin
Petra Wild, geboren 1963 in Aarbergen/Hessen, studierte arabische Sprache und Islamwissenschaften in Jerusalem, Leipzig, Damaskus und Berlin. Sie arbeitet als freiberufliche Publizistin vor allem zur Palästina-Frage und zur Arabischen Revolution.
ISBN 978-3-85371-355-6
240 Seiten, 15,90 Euro, mit Landkarten