Zero Dark Mali

Goooooooood Morning, Vietnam! Nein, sorry, das war ein anderer Sumpf - von Pepe Escobar

- von Presseticker  -

D er Soundtrack war damals Hendrix, Jefferson Airplane, Motown und Stax. Jetzt ist es Goooooooooood Morning, Mali! Doch der Soundtrack kann nichts Transzendentales wie Rokia Traores Dounia oder etwas herrlich Psychedelisches wie Dimanche a Bamako von Amadou und Miriam sein. Er ist viel bedrohlicher.
So etwas wie – er ist unausweichlich – Hendrix in Machine Gun.

Zeitliche Planung – wie bei der Ausweitung des “Global War on Terror” (GWOT) – ist alles. Der sorgfältig choreographierte libysche Blowback in der Sahelzone könnte kein besserer Ersatz für das Heben einer monströsen weissen Fahne in Afghanistan seitens der NATO sein.
Es gibt kein Goooooood Morning, Kabul! mehr; es gibt nur den traurigen Countdown, um den letzten NATO-Hubschrauber Bagram im Saigon-Stil von 1975 verlassen zu sehen.

The Economist – die Stimme der City of London – fördert gar “Afrighanistan”. Es gibt Nuancen, natürlich. Die NATO hat in Afghanistan von allen möglichen Paschtunen-Fraktionen, die als “Taliban” gebündelt daherkamen, den Hintern versohlt bekommen.

Aber die NATO hat in Libyen “gewonnen”. Mit einer durchaus vorhersehbaren Fortsetzung: die islamistische Brigade, die den Amenas-Gasfeldkomplex in der algerischen Wüste angegriffen hat, griff auf von der NATO stammende Kalashnikov AK-104-Gewehre, F5-Raketen und 60 mm Kanonen-Mörser zurück und erhielt von Katar raffiniert-modische kugelsichere Westen in gelber Farbe mit braunen Flecken.
Was kommt als nächstes, der Titel der Uomo Vogue?

Ich bin dein Buhmann, mach mich an

Zwangsläufig ist das bequemste der Feindbilder, al-Qaida, wieder in Mode, der ganze Nebel aus Salafi-Dschihad-Gruppen und Untergruppen, der von der französisch-anglo-amerikanischen Triade als die Wurzel allen Übels in Nordafrika gefördert wird (jedoch nicht in Libyen, wo sie sie zu “Freiheitskämpfern” erhoben wurden).

Mokhtar Belmokhtar, eines der Gründungsmitglieder der al-Qaida im islamischen Maghreb (AQIM), ist für alle praktischen Zwecke ein leicht verdaulicher Osama bin Laden-Remix. Belmokhtar war ein klassischer “arabischer Afghane” – Teil der multinationalen Legion, die von der ISI / CIA-Achse ausgebildet wurde, um die Sowjets in den 1980er Jahren in Afghanistan zu bekämpfen.
Als er 1993 zurück in Algerien war, trat er dem lokalen Dschihad als Teil der Salafi-Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) bei.

AQIM stand seit 2007 der Libyan Islamic Fighting Group (LIFG) sehr nahe, deren Kämpfer ebenfalls in Afghanistan von ISI / CIA trainiert wurden. Und die ganze Zeit über wurde die LIFG stets bequem von CIA und MI6 gegen Oberst Muammar Gaddafi manipuliert.

Nach der gezielten Ermordung von Gaddafi wurde AQIM ordnungsgemäß von der LIFG bewaffnet und sogar mit einer ganzen Reihe von Dschihadisten versorgt.
Wenig überraschend waren also viele LIFG-Kämpfer am Amenas-Überfall beteiligt.
Obendrauf steht AQIM auch der al-Nusra-Front in Syrien sehr nahe, die von Washington als terroristische Organisation gebrandmarkt wird (jedoch nicht die ewig zankende “Koalition”, die Bashar al-Assad stürzen will).

Der entscheidende Punkt ist, dass Katar all diese Leute finanziert – AQIM, die Splitter-Gruppe MUJAO, Belmokhtars Brigaden und die salafistische Ansar ed-Dine, ein Haufen wahhabitischer Takfiris, die ganz und gar nichts nichts mit der toleranten Kultur Malis zu tun haben.

Was heraussticht, ist der absolut perfekte Vorwand für die NATO, nach der demütigenden Niederlage in Afghanistan nunmehr in Nordafrika zur Sache zu kommen.
Aber warten Sie mal, AFRICOM ist ja schon da!

Und dennoch, Algerien – eine säkulare arabische Republik, die historisch pro-Cuba und pro-Sowjetunion eingestellt war – sollte besser aufpassen und schleunigst seine 50 Milliarden US-Dollar-Reserven aus den westlichen Banken abziehen.
Früher oder später wird die AFRICOM / NATO-Hydra kommen, um dich zu holen.

Islamo-Gangstertum?

Bisher haben wir das Spektakel, dass sich Paris an der “Säuberung” Malis nicht nur von bewaffneten Islamisten beteiligt, sondern auch von einheimischen, bewaffneten Tuareg mit legitimen Beschwerden.

Der Masterplan besteht in der Unterstützung eines absolut korrupten Regimes in Bamako, das von dem Drahtzieher eines Militärputsches angeführt wird, dem in Fort Benning ausgebildeten Hauptmann Amadou Sanogo.

Afrika - USA, AFRICOM

Afrika – USA, AFRICOM

Dies ist des Pudels Kern bei der neuen mission civilisatrice, der von einer bequemen, durch die NATO ermöglichten Nebelwand geschützt wird: eine Charge verarmter afrikanischer Länder, die für das Meiste der Zeche geradestehen werden – und mit einer 5.800 Soldaten zählenden Armee für eine weitere von diesen unglaublich lächerlichen UN-Akronym-Gruppen aufwarten, AFISMA (African-led International Support Mission in Mali).
Sie werden für das bezahlen, was sich noch immer im Chaos befindet: am kommenden Dienstag wird in Äthiopien ein Treffen stattfinden, wo sie alle mit den sprichwörtlich zurückhaltenden “internationalen Gebern” feilschen werden.

Selbst in Frankreich weiss niemand, wer wen bekämpft und wer diese Leute wirklich sind. Schauen Sie sich diesen urkomischen semantischen Sumpf an. Le Monde glaubt, dass es das Rätsel gelöst habe: Paris kämpft gegen “Islamo-Gangstertum”.

Bei diesem Folies de Pigalle in der Wüste wird Washington “von hinten führen”. Kluger Schachzug; Schattenkriege umgehen Sümpfe.
Es sind die Franzosen – mit typisch gallischer Prachtentfaltung -, die von der Illusion betört bleiben, alsbald die Wüste Malis zu regieren.

Tatsächlich werden sie nicht einmal die Algen im Nigerfluss beherrschen, weil dies ein langwieriger Nomadenkrieg werden wird. Es droht die Aussicht auf eine Abfolge von sandigen Dien Bien Phus.

Und sobald der Grossteil der verarmten Bevölkerung Malis – der für den Moment das Loswerden von AQIM, MUJAO, Belmokhtars Bande und Ansar ed-Dine begrüsst – den geringsten Hauch einer neokolonialen Besatzung verspürt, werden die Franzosen sich auf dem Weg befinden, das US-amerikanische Schicksal sowohl im Irak, als auch in Afghanistan anzutreffen.

Es ist aufschlussreich, all dies unter dem Gesichtspunkt der Aussenpolitik von Präsident Obama 2.0 zu betrachten, so wie sie (vage) in seiner Amtseinführung skizziert wurde.
Barack Obama versprach die Beendigung der US-Kriege (Schattenkriege sind viel kostengünstiger). Er versprach multilaterale Zusammenarbeit mit Verbündeten (während Washington tatsächlich die Kommandos erteilt), Verhandlungen (im Sinne von: unser Weg oder der Highway), und keinen neuen Krieg im Nahen Osten.

Um den Präsidenten beim Worte zu nehmen, übersetzt sich dies in keinen Krieg der USA gegen Syrien (nur den der Schatten-Sorte); in kein Bomb, Bomb Iran (nur mörderische Sanktionen); und Frankreich bekommt den Mali-Preis.
Oder doch nicht? Zero Dark Pulp Fiction beginnt jetzt.

RF/Asia Times/tlaxcala-int.org – Übersetzung Lars Schall

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