I n Deutschland sind in den vergangenen Jahren möglicherweise Millionen Hühnereier als Bio- oder Freilandware verkauft worden, obwohl die Hennen auf engstem Raum gehalten wurden. Wie am Sonntag bekannt wurde, wird aktuell gegen etwa 200 Betriebe ermittelt.
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt derzeit gegen rund 150 Betriebe in Niedersachsen, etwa 50 weitere Verfahren wurden an Ermittler in anderen Bundesländern abgegeben.
Die ersten Verfahren seien bereits im Herbst 2011 eingeleitet worden und im Zuge der Ermittlungen immer neue Fälle hinzugekommen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frauke Wilken.
„Der Verdacht ist, dass es sich um systematischen Betrug handelt. Das ist kein Kavaliersdelikt, das wäre Verbrauchertäuschung“, sagte am Sonntag der neue Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. Er kündigte Konsequenzen an, falls sich der Verdacht bestätigen sollte. Geprüft werde, ob den Betrieben die Zulassung entzogen wird.
„Wir können aber erst entziehen, falls sich der Betrug bestätigt und die Betriebe überführt sind“, sagte Meyer.
Überwiegend konventionelle Betriebe, aber auch einige Bio-Höfe
Betroffen sind dem Minister zufolge überwiegend konventionelle Betriebe mit Freilandhaltung, aber auch einige Bio-Höfe. Für die Freilandhaltung sind mindestens vier Quadratmeter Auslauffläche pro Huhn vorgeschrieben.
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg erklärte, es seien verschiedene Haltungsformen betroffen. Neben Freiland- und Boden- gibt es auch die Käfighaltung, deren konventionelle Form in Deutschland seit 2010 verboten ist.
Freilandeier dürfen nur dann als “Bio” in den Handel, wenn auch bestimmte Futtermittel-Auflagen erfüllt werden. Berichten zufolge sind Millionen Bio-Eier verkauft worden, die so nicht hätten deklariert werden dürfen.
Die Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung erklärte, dass es nach ihren Erkenntnissen nicht nur Betrug mit Bio-Eiern gebe, sondern auch in der Freiland- und Bodenhaltung.
Behörden in Niedersachsen waren seit über einem Jahr informiert
Das Landwirtschaftsministerium in Hannover hat nach eigenen Angaben gleich zu Beginn Kenntnis von den Ermittlungen erhalten. Daraufhin seien die für die Tierschutzüberwachung zuständigen Kreise und kreisfreien Städte zu besonderen Kontrollen aufgefordert worden.
Dass der Fall nun erst an die Öffentlichkeit komme, hänge nicht mit dem am Dienstag in Niedersachsen vollzogenen Regierungswechsel zusammen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wilken. Es habe vor etwa zwei Wochen Medienanfragen gegeben, welche die Ermittlungen am Wochenende publik machten.
Demnach sind neben Niedersachsen vor allem Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern betroffen, Verfahren wurden aber auch an die Behörden in Belgien und in den Niederlanden abgegeben.
Ermittlungen noch über Wochen oder Monate
Eine solche Zahl von Verdachtsfällen im Zusammenhang mit der Haltung von Legehennen gab es laut Wilken in Niedersachsen bisher nicht. „Die Ermittlungen sind sehr aufwendig, so etwas dauert seine Zeit“, sagte die Sprecherin der in Niedersachsen für Strafsachen in der Landwirtschaft zuständigen Behörde.
Sie hoffe, dass „relativ zeitnah“ feststehe, ob und in wie vielen Fällen sich der Verdacht bestätige. Ob es sich um Wochen oder Monate handele, sei unklar.
Ermittelt wird wegen möglicher Verstöße gegen das Lebensmittel- und das Futtermittelgesetzbuch sowie das ökologische Landbaugesetz.
Verstöße könnten mit Geldstrafen und Haftstrafen von bis zu einem Jahr geahndet werden. Auch Betrugsvorwürfe müssten geprüft werden.