D ie Atomkatastrophe von Tschernobyl in der Ukraine jährt sich im April zum 27. Mal. Der Sarkophag um den explodierten Reaktorkern und die Gebäude auf dem Gelände siechen vor sich hin, währenddessen altert die Bausubstanz.
Nun haben Schneemassen das Dach einer Maschinenhalle einstürzen lassen. Die Atomruine Tschernobyl bleibt weiterhin gefährlich.
Eine Maschinenhalle – 70 Meter vom Sarkophag entfernt – ist am Mittwoch teilweise eingestürzt. Grund dafür sind grosse Schneemassen, die das Dach nicht tragen konnte.
Das ukrainische Zivilschutzministerium teilte mit, es sei keine Radioaktivität ausgetreten. Greenpeace-Sprecher Jan Haverkamp zeigt sich jedoch besorgt: „Die Maschinenhalle, in der die Turbine steht, ist durch eine Leitung direkt mit dem Reaktor verbunden.
Es ist also durchaus möglich, dass in der Turbinenhalle Radioaktivität ankommt, die nach aussen treten kann, wenn das Gebäude einstürzt.“
Der havarierte Reaktorblock befindet sich unter dem Sarkophag, einer Betonhülle, die nach dem Unfall provisorisch um die Anlage herum gebaut wurde. Der Sarkophag ist mittlerweile marode.
2012 wurde mit dem Bau eines neuen,1,54 Milliarden Euro teuren Schutzmantels begonnen. Dieser soll den alten Sarkophag ab 2015 ersetzen. Bis dahin gibt es keine Garantie, dass in naher Zukunft nicht auch der Sarkophag einzustürzen beginnt.
Jan Haverkamp fürchtet eine akute Strahlengefahr durch den Einsturz der Turbinenhalle: „Bei dem Unfall 1986 kam es zu einem Fallout. Dieses bedeutet, dass sehr wahrscheinlich radioaktive Partikel Dächer, Wände und Innenräume insbesondere in der Nähe von Belüftungsanlagen kontaminiert haben. Ich weiss nicht, inwieweit diese damals dekontaminiert wurden.“
Den Einsturz des Daches betrachtet er als Warnzeichen: „Der teilweise Einsturz eines Daches auf dem Tschernobyl-Areal weist uns darauf hin, dass die Katastrophe auch 27 Jahre nach dem Unglück kein Ende hat. Bis die Aufräumarbeiten komplett beendet sind, kann noch ein Jahrhundert vergehen.
Gleichzeitig bleiben die Arbeiter wie auch die Umwelt der Gefahr ausgesetzt, kontaminiert zu werden. Mayak, Sellafield und Fukushima sind nur einige der atomaren Unfälle, die sich bisher ereigneten.
Wir müssen uns diesem Risiko nicht weiter aussetzen! Atomausstieg, Bekämpfung des Klimawandels, Energieunabhängigkeit und Energie, die für alle bezahlbar ist – all das sind Ziele, die Hand in Hand gehen. Durch Effizienzsteigerungen und durch Quellen erneuerbarer Energien.“
Gefährlich könnte auch der Staub werden, der sich unter dem Sarkophag ansammelt. Vladimir Chuprov, Energieexperte von Greenpeace Russland erklärt: „Das ist radioaktiver Feinstaub. Sollte er durch einen Einsturz des Sarkophags nach aussen gelangen, kann er sich über Duzende von Kilometern verteilen und so die Gegend kontaminieren.
Alle 400 weltweit in Betrieb befindlichen Atomreaktoren können zu einem Tschernobyl werden. Fukushima hat uns das erst vor kurzem vor Augen geführt.“