V oraussetzung für Frieden in Afghanistan ist zivilgesellschaftliches Engagement. Dafür ist ein Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan samt der privaten Militär- und Sicherheitsfirmen unabdingbar.
Anlässlich der morgigen Bundestagsabstimmung über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan fordert die ärztliche Friedensorganisation IPPNW von der Bundesregierung finanzielle Hilfen ausschliesslich für zivile Projekte zu verwenden. Die ersten elf Jahre des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan haben mehr als 7 Milliarden Euro gekostet.
Dem standen nur 2,13 Milliarden für Wiederaufbau und Entwicklung des Landes gegenüber.
Das westliche Interventionsbündnis der NATO hat die Lebensbedingungen der Bevölkerung in Afghanistan bisher kaum verbessert. Die Mehrheit der Menschen in Afghanistan ist immer noch bitterarm. Mehr als die Hälfte der Kinder leidet unter chronischer Unterernährung, 30 % haben Untergewicht und fast 9 % sind schwer unterernährt.
Unterernährung ist eine der wesentlichen Ursache für die hohe Kinder- und Müttersterblichkeit in Afghanistan. Hilfe für das Land muss daher in erster Linie der Gesundheit von Müttern und Kindern gelten.
Obwohl es leichte Verbesserungen bei der Sterblichkeit der Kinder unter fünf Jahren gibt, sind diese bei weitem noch nicht stabil. Denn 74 von 1.000 Kindern in Afghanistan sterben vor dem ersten Lebensjahr und 102 Kinder vor Erreichen des fünften Lebensjahres.
Dies ergab eine Untersuchung der afghanischen Regierung mit Unterstützung von UNICEF.
In Afghanistan kommen Menschen aber nicht nur durch Hunger und Krankheiten ums Leben. Sie sterben bei Drohnenangriffen der NATO oder Selbstmordattentaten der Aufständischen.
Der Halbjahresbericht der UN Assistance Mission listet vom 01. Januar bis 30. Juni 2012 1.145 getötete Zivilisten und 1.954 Verletzte auf – ein Drittel davon Frauen und Kinder.
Milliarden Euro sind nach Afghanistan geflossen, doch der Aufbau ziviler Strukturen und die Gewährleistung der Grundrechte auf Leben, Nahrung und Gesundheit waren offensichtlich nicht beabsichtigt.
Seit Beginn des Krieges standen militärische Ziele im Vordergrund des Militärbündnisses: erst der Kampf gegen Al Quaida, dann die Niederschlagung des Aufstands der Taliban.
Die Verknüpfung von zivil-militärischer Politik und der Aufstandsbekämpfung wird auch in einer neuen Studie scharf kritisiert. So warf die International Crisis Group den USA vor, grosse Mengen ihrer Hilfe in ihre Kampfgebiete im Süden Afghanistans gegeben und es versäumt zu haben, die Unterstützung an den tatsächlichen Bedürfnissen der ärmsten Teile der Bevölkerung zu orientieren.
→ Hintergrundpapier von Dr. Angelika Claußen (PDF)